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Die Erfinder des guten Geschmacks

Die Erfinder des guten Geschmacks

Titel: Die Erfinder des guten Geschmacks
Autoren: Jörg Zipprick
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Aleppo den Kaffee kennen. Die niederländische Ostindien-Kompanie brachte 1610 die erste Ladung grünen Tee nach Europa. Eine Welle der kulinarischen Globalisierung erfasste den Kontinent.
Der Siegeszug der Schokolade
    Die neuen Nahrungsmittel setzten sich teilweise zügig, teilweise zögerlich durch. Das zeigt das Beispiel der Schokolade: Die nämlich war damals noch weit von einer Tafel zum Reinbeißen entfernt.
    Während seiner vierten Reise nach Amerika kam Christoph Kolumbus 1502 als erster Europäer mit der Kakaobohne in Kontakt. Am 15. August 1502 traf der Admiral auf Maya-Händler, die in ihrem Kanu, wie sein Sohn Ferdinand berichtete, neben »Wurzeln und Korn« sowie einem »Maiswein, der englischem Bier ähnelt«, auch »Mandeln, die als Währung dienen«, an Bord hatten. Die europäischen Seeleute beobachteten verwundert, dass sich die Maya nach jeder heruntergefallenen »Mandel« bückten. Verkostet hat Kolumbus die Mandeln nicht, der Kakaogenuss entging ihm ein Leben lang.
    Nicht so jedoch den Entdeckern, Soldaten und Missionaren, die auf den spanischen Schiffen reisten. Neben Kühen, Schafen, Schweinen, Ziegen, Pfirsichen und Orangen hatten die Weltumsegler auch Zuckerrohr an Bord. Und die neue Kombination von Zucker und Kakao überzeugte die europäischen Gaumen sofort.
    Spanische Damen sollen schon 1538 anlässlich eines Banketts im heutigen Mexico City der Schokolade freudig zugesprochen haben. Andere standen dem neuen Nahrungsmittel skeptischer gegenüber. Noch 1575 schrieb der Italiener Girolamo Benzoni in seiner Geschichte der neuen Welt : »Schokolade scheint mehr ein Getränk für Schweine als für Menschen zu sein.«
    Im Jahr 1585 wurde zum ersten Mal eine Schiffsladung Kakaobohnen von Veracruz nach Sevilla geliefert. Bis zum großen Durchbruch der Schokolade dauerte es dennoch länger als ein weiteres Jahrhundert:
    Der Bruder des französischen Kardinals Richelieu nutzte die Schokolade zu medizinischen Zwecken. Anna von Österreich, Tochter des spanischen Königs Philipp III., könnte sie anlässlich ihrer Vermählung mit Ludwig XIII. an den französischen Hof gebracht haben. Beide Eheleute waren bei der Eheschließung gerade einmal 14 Jahre alt.
    Zwischen den Jahren 1660 und 1668 befasste sich der einflussreiche italienische Wissenschaftler und Poet Francesco Redi mit der neuen cioccolatto . In seinen Aufzeichnungen Il Bacco in Toscana hält er raffinierte Rezepte mit Moschus, Zimt, Vanille, Zitronen- und Orangenschale fest. Berühmt ist sein Jasmin-Schokoladenrezept mit gerösteten Kakaobohnen, gesäubert und grob zerkleinert, frischen Jasminblüten, Zucker, »gut getrocknet«, »perfekten« Vanilleschoten, »perfektem« Zimt und einem Hauch Ambra.
    Jasmin und gerösteter Kakao wurden in einer Kiste abwechselnd übereinandergeschichtet und 24 Stunden stehen gelassen. Danach musste man die Zutaten vermischen und weitere Schichten Blüten und Kakao hinzufügen. Das wurde zehn oder zwölf Mal wiederholt, damit der Duft des Jasmins den Kakao durchdringen konnte. Die anderen Zutaten wurden schließlich mit dem Jasminkakao zermahlen.
    Im Jahr 1671 berichtet die berühmte französische »Briefeschreiberin« Marquise de Sévigné, dass Schokolade in Adelskreisen regelmäßig konsumiert wird, und lobt mehrfach die gesundheitsfördernde Wirkung der »Modezutat«: Mal hilft Schokolade gegen Müdigkeit, mal wirkt sie gegen schlechte Verdauung. Doch die Marquise zeigt sich auch ausgesprochen »schokokritisch« und warnt in einem Brief vom 25. Oktober 1671: Während ihrer Schwangerschaft habe die Marquise von Coëtlogon so viel Schokolade zu sich genommen, dass sieeinen kleinen Jungen – »schwarz wie der Teufel« – gebar, der alsbald das Zeitliche segnete.
    Zu jener Zeit kannten die Franzosen bereits den klassischen Schokotopf, die chocolatière .
    In Deutschland war Schokolade zunächst nur als Stärkungsmittel in Apotheken erhältlich. Der Niederländer Jan Jantz van Huesden servierte sie 1673 erstmals als Genussmittel. Und schon 1695 sah sich die Bremer Obrigkeit veranlasst, eine Steuer auf Kakao zu erheben.
    Der französische Schokokenner St. Disdier veröffentlichte 1692 seine Rezepte als Anhang in Philippe Dufours Traitez Nouveaux & Curieux du Café, du Thé et du Chocolate . Dem Schokokenner war selbst der korrekte indianische Name der Vanille, tlilxochitl , bekannt. Für seine Rezepte bevorzugte er Apothekermaße, sogar eine Bewertung in Qualitätsstufen nahm er vor:
    R EZEPT VON S T. D
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