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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ihrer Wohnung ist, Nachbarinnen zum Tee einlädt oder gelangweilt Journale durchblättert. Wenn Pujatkin dann endlich erschien und sich zum Essen an den Tisch setzte, wollte sie wissen, was alles geschehen war. Seit dreiundzwanzig Jahren fragte sie das, obwohl sie wußte, daß er nichts aus dem Amt erzählen durfte. Pujatkin flüchtete sich dann zum Schachspiel, vergrub sich hinter seinen Figuren und durfte weiter schweigen. Wenn er innerlich gut gelaunt war, ließ Pujatkin seine Frau sogar gewinnen. Sie merkte das natürlich, küßte ihn in den Nacken und sagte: »Du bist heute so lieb …«
    Lobow setzte sich in seinen abseits geparkten Wolga-Wagen, schloß die Tür und lehnte sich in die harten Polster zurück. Er fuhr nicht los, er blickte vor sich hin und preßte die Hände um die Holme des Lenkrades. Was wird aus Lyda? dachte er. Wie wird sie den einsamen Kampf in Athen durchstehen? Eine Frau allein gegen die Verwandtschaft, die sie entmündigen lassen will. Allein gegen die harten Burschen des CIA, die sie mit wahren, aber noch mehr unwahren Tatsachen über den KGB-Agenten Lobow zudecken werden. Allein gegen die Welt, die aufgeschreckt worden war und jetzt gnadenlos auf sie einhieb: Wie kann eine Lyda Penopoulos einen Russen heiraten?! Allein gelassen mit ihrer Liebe … der einzigen Waffe gegen diese Sturmflut von Anfeindungen und Vernichtungswillen.
    Die Aussprache mit Oberst Pujatkin hatte nur eines klargestellt: Lobow liebte Lyda wirklich. Aus einem Auftrag war Schicksal geworden.
    Pujatkin hatte Mühe, das voll zu begreifen. Aber als er es, bitter wie Galle, geschluckt hatte, fragte er:
    »Wie soll das weitergehen, Boris Jegorowitsch? Was sind Sie bloß für ein Mann?! Sie haben mit Glanz und Gloria Ihr großes Ziel erreicht – und jetzt fallen Sie um wie ein hohler Baum! Eins wissen Sie doch ganz genau: Sie werden nie mehr eine Ausreiseerlaubnis in den Westen bekommen!«
    »Das könnte sich als großer taktischer Fehler herausstellen, Genosse Oberst. Ich spreche jetzt gegen mein Gefühl – aber wenn Rußland die Kontrolle über die Penopoulos-Linie erreichen will, geht das nur von der Zentrale in Monte Carlo aus. Monte Carlo liegt aber nun einmal nicht am Schwarzen Meer …«
    »Ich war in Geografie der Beste«, knurrte Pujatkin. »Natürlich ist das logisch. Aber unter den jetzigen Umständen …«
    »Vielleicht bleibt Lyda auch in Moskau.«
    »Das wäre geradezu märchenhaft.«
    »Aber nur unter gewissen Bedingungen …«
    »Nichts da!« Pujatkin wedelte mit seinen Händen. »Die Lobowa ist eine sowjetische Bürgerin wie jede andere. Keine Ausnahmen! Mit welcher Berechtigung? Was verlangen Sie eigentlich, Boris Jegorowitsch?«
    »Lyda sucht eine Wohnung.«
    »Aha.«
    »Mindestens acht Zimmer.«
    »Acht Zimmer? Mir platzt die Hose vor Lachen!«
    »Ich nehme an, daß sie die Wohnungseinrichtung aus Paris oder London einfliegen lassen will.«
    »Kann ich mir vorstellen! Ein Lokus aus Gold!« Pujatkins Kopf schnellte vor. »Noch etwas, Boris Jegorowitsch? Keine weiteren Wünsche? Vielleicht noch eine Kammerzofe für Ihre Lyda?«
    Lobow war stolz aufgestanden und hatte geantwortet: »Kann ich gehen, Genosse Oberst?«
    »Nein!« Pujatkin hieb mit der flachen Hand auf den Tisch. »Wir sollten uns überlegen, wie wir reagieren, wenn Lyda von ihrer Verwandtschaft und dem CIA doch überzeugt werden sollte und nicht nach Moskau zurückkehrt.«
    »Ich lasse mich nicht scheiden.«
    »Darum kümmert sich im Westen keiner. Man wird die Ehe annullieren. Basta! Griechenland erkennt sie sowieso nicht an, weil sie nicht in einer orthodoxen Kirche vollzogen wurde, sondern im Moskauer Heiratspalast. Boris, Boris, wo ist da das Loch, durch das wir gefallen sind? Wie konnte der CIA von Ihrer Tätigkeit wissen? Wo haben Sie in Paris Fehler gemacht? Überlegen Sie! Erinnern Sie sich an jede unwichtige Kleinigkeit. Wem haben Sie in Paris vertraut?«
    In diesem Augenblick dachte Lobow an seinen Freund, den Musiker mit der Baßgeige. Er schüttelte den Kopf und sagte leise: »Dumont? Das ist unmöglich …«
    »Nichts ist unmöglich!« rief Pujatkin. »Dumont? Wer ist das?«
    »Ein Musikstudent. Unter mir in der Wohnung. Ein netter Bursche. Wir musizierten zusammen, er Baß, ich Balalaika …«
    »Sie Rindvieh! Boris Jegorowitsch, Sie sind ein durchlöcherter Topf!« Pujatkin sank erschüttert zurück. »Der war's!«
    »Gerald – vom CIA? Ausgeschlossen!«
    »Warum?«
    »Er war ein lieber, unpolitischer Junge …«
    »Und
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