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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin
Autoren: Heinz G. Konsalik
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strich so gut den Baß! Lobow, wenn Sie schwul wären, hätte Ihnen der CIA den schönsten Strichjungen untergejubelt! Würde ich es anders machen?« Pujatkin winkte ab. »Erledigt. Die Panne hätten wir also. Sie bleibt unter uns, Boris Jegorowitsch.«
    »Ich danke Ihnen, Genosse Oberst«, sagte Lobow leise.
    »Wenn ich nicht Ihr Ersatzvater wäre, Boris! Aber ich fühle mich so. Darum liegt es mir auch auf der Seele: Was unternehmen wir jetzt?«
    »Lassen Sie mich ausreisen!«
    »Den Antrag kriege ich nie durch.«
    »Wenn wir auf Sapharin heiraten würden, nach griechischem Ritus, wäre eine große Gefahr schon ausgeschaltet.«
    »Das wird man nicht zulassen. Eher erwürgt Sie die Familie.«
    »Dann weisen Sie mich aus der Sowjetunion aus! Bürgern Sie mich aus wie Solschenizyn oder Amalrik …«
    »Erstens sind Sie kein Schriftsteller, und zweitens sind Sie kein Dissident.«
    »Das kann ich aber noch werden! Nieder mit der Knechtschaft des angeblichen Sozialismus! Im klassenlosen Rußland gibt es heute die meisten Klassenunterschiede! Wohnen die Herren des Kreml etwa in einer Zweizimmerwohnung? Nein, sie haben alle ihre prachtvollen Datschas in den Wäldern und am Meer! – Genügt das?«
    »Nein!« Pujatkin lächelte schwach. »Das wissen wir doch alle! Lobow, seien Sie kein Kindskopf! Wir müssen uns auf unsere alte, bewährte Verhaltensweise besinnen: Warten! – Abwarten, was Lyda in Athen erreicht. Abwarten, wie der Konzern reagiert. Beobachten, ob und wie sich Lyda gegenüber ihren Direktoren durchsetzt. Wenn sie nach Moskau zurückkommen sollte, wäre natürlich vieles anders. Dann ist ihre Liebe stärker als ihr Geld. Und das ist ein Fundament, auf dem wir bauen können!«
    »Und wenn ich mich weigere, weiter mitzuspielen?«
    »Das haben Sie ja schon angedeutet, Lobow. Aber das glaube ich Ihnen nicht. Wir sollten etwas klarstellen: Bleibt Lyda in Athen, haben Sie verloren. Das muß man hinnehmen. Kommt Lyda zurück nach Moskau und Sie machen Schwierigkeiten, so ist die Endsituation die gleiche, nur wir haben den Schuldigen …«
    »Das ist eine Drohung, Genosse Oberst!«
    »Das ist die Konsequenz. Sie werden nie den Status eines Solschenizyn bekommen. Sie bleiben Lobow! Der Wegfall beschriebener Seiten ist kein Verlust für unser Vaterland, wohl aber der Verzicht auf die Penopoulos-Flotte. Ein Dichter mehr oder weniger … was soll's! Aber die zweitgrößte Tankerflotte der Welt außer Reichweite, das schmerzt! Boris Jegorowitsch, Sie haben es richtig erkannt: Lyda Penopoulos ist Ihr Schicksal!«
    Lobow saß lange in seinem Wagen, zusammengesunken hinter dem Lenkrad, und starrte vor sich hin. Pujatkins Worte klangen in ihm nach wie ein vielfaches Echo. Ein Echo, das Angst erzeugte …
    Man muß etwas tun, dachte Lobow. Ich muß etwas tun! Ich muß ein Zeichen setzen! Ich muß mich bekennen zu meiner Liebe, zu einer reinen Liebe, die nichts mit politischem Kalkül zu tun hat. Ich muß etwas Ungeheueres tun, um zu beweisen, daß ich den Menschen Lyda liebe und nicht die Erbin! Wie aber kann ich in Moskau etwas Ungeheueres tun?
    Er fuhr an, fuhr langsam durch die abendlichen Straßen Moskaus nach Hause und fand seine Mutter Maja Gawrilowna in großer Aufregung vor.
    »Lyduschka hat angerufen!« rief sie erregt. »Schon zum drittenmal! Aus Athen. Wo bleibst du bloß, Borja?!«
    »Was hast du gesagt?« schrie er und stürzte zum Telefon. »War sie traurig? Hat sie geweint? Wie klang ihre Stimme?«
    »Wie immer. Ganz ruhig, mein Söhnchen. Ich küsse dich, Mütterchen, hat sie zum Abschied gesagt. Gib auch Boris einen Kuß. Es wird alles gut.«
    »Es wird alles gut?« stammelte er. »Das hat sie wirklich gesagt?«
    »Wörtlich, Borja!« Maja Gawrilowna wischte sich die Augenwinkel mit den Fingerspitzen, ganz vorsichtig, damit nichts verschmierte. Seit sie die Schwiegermutter von Lyda Penopoulos war, schminkte sie sich nach westlicher Art. »Ich glaube, sie kommt zurück.«
    »Ich könnte beten vor Glück, Mamuschka! Oh, wie ich sie liebe.« Lobow setzte sich in den Sessel neben das Radio und starrte auf das Telefon. »Was mache ich, wenn sie nicht in Moskau bleiben will?«
    »Dann zieh' mit ihr dorthin, wo sie wohnen will.«
    »Ich bekomme keine Ausreise, Mutter. Der einzige Weg, den sie mir offenhalten, ist der nach Osten. Nach Sibirien …«
    »Haben sie dir das gesagt?« fragte Maja Gawrilowna leise. Ihr Herz begann zu zucken. Ihr schöner Junge in einem sibirischen Lager …
    »Sie haben es angedeutet,
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