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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman
Autoren: Richard Duebell
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verkümmerte das Lachen. Er versuchte ein hilfloses Lächeln und sah zu dem Wachtmeister auf, doch dieser beachtete ihn nicht.
    »Fällt’s dir noch nich’ ein?«, fragte der Wachtmeister. »Na gut, schauen wir, was die Weiber davon halten.«
    Die Tochter versuchte sich an der Bäuerin und diese am Bauern festzuhalten, als die Soldaten sie davonzerrten. Sie scharten sich in einer Ecke um sie, direkt unter dem Herrgottswinkel. Der Junge versuchte erneut zu erspähen, was sie mit ihnen trieben. Der Wachtmeister wurde auf ihn aufmerksam.
    »Alch dich«, sagte er. »Kümmer dich um den Braten.«
    Zögernd schlenderte der Junge zur Tür, verfolgt von Anfeuerungsrufen und panischem Kreischen aus dem Herrgottswinkel, das abrupt in abgehacktes Schmerzgeheul überging. Er blickte über die Schulter zurück. Der Wachtmeister stand über den Bauern gebeugt. Reiter zogen dem Bauern die Schuhe von den Füßen. In einer Hand des Wachtmeisters war ein langes Messer, mit der anderen griff er, ohne hinzusehen, in das Salzfass. Die bloßen Füße des Bauern zuckten. Der Junge sah, dass auch den Söhnen des Bauern die Schuhe ausgezogen wurden.
    »Die Weiber wissen’s nich’«, sagte der Wachtmeister.»Oder sie ham den Mund zu voll, um was sagen zu können. Wir müssen uns wohl an die Männer in der Familie halten. Wolltet ihr in der nächsten Zeit viel zu Fuß gehen?« Ohne zu dem Jungen hinzusehen, fügte der Wachtmeister hinzu: »Bist du noch nich’ draußen, Nichtsnutz? Soll’n wir dich auch fragen?«
    Der Junge stolperte hinaus. Über die Geräusche aus dem Herrgottswinkel hinweg hörte er einen der Knaben erschreckt aufschreien und den Bauern keuchen: »Also gut, ich sag’s euch!«, und den Wachtmeister sagen: »Schön, schön, aber lass uns dir zeigen, was los is’, wenn du uns Scheiß erzählst!«, und daraufhin eine gellende Knabenstimme, die schrie und schrie …
    Er stürzte davon, zu der Feuerstelle hinüber, an lachenden oder gelangweilt aussehenden Soldaten vorbei, die ihm einen Tritt gaben, wenn er sie anrempelte. Zitternd griff er nach dem Spieß und versuchte, das Schaf herumzudrehen, das an der Unterseite schon schwarz wurde. Plötzlich fehlte ihm die Kraft.
    Jemand langte an ihm vorbei und drehte den Spieß mit einem Ruck um. Eine Handfläche klatschte gegen seinen Hinterkopf.
    »Hier, bring den Cavallen was zu saufen, wenn du zu dumm zum Bratendrehen bist.«
    Der Junge schnappte sich blindlings einen Eimer, füllte ihn am Brunnen und torkelte mit seiner Last in die Scheune. Die Soldaten, die sich zuvor noch im Eingang gedrängt hatten, waren verschwunden, die Scheune eine schwarze Höhle in der Dämmerung. Auf einmal fühlte er die Kühle des Aprilabends und erkannte, dass sein Körper mit Schweiß überzogen war. Undeutlich nahm er zwei Gestalten unweit des Eingangs wahr, die auf dem Boden lagen. Eine richtete sich schwach auf. Sein Blick glitt zu der anderen. Der Eimer fiel aus seiner Hand.
    »Lauf, Bub«, flüsterte eine heisere, von Schmerz zerrissene Stimme, die er kaum als die seiner Mutter erkannte. »Lauf, sonst tun sie mit dir das Gleiche!«

2.
    Rittmeister Samuel Brahe von den Småländischen Reitern wartete nervös auf die Rückkehr des Spähers. Die Gegenwart des Königs, der umringt von Brahes Männern auf seinem Pferd saß und ein Gesicht zog, als wäre jeder Tag ein köstliches Abenteuer, machte ihn unruhig. Es war nicht die Person Gustav Adolfs an sich, dazu hatte er sich zu lange in der unmittelbaren Nähe seines Souveräns aufgehalten und mit ihm Essen, Trinken, Latrine und das Fieber des Kampfes geteilt. Was dem Rittmeister Sorgen machte, war, dass er nicht genau wusste, ob sie sich noch in dem Areal aufhielten, das vom schwedischen Heer kontrolliert wurde.
    Heute Morgen waren sie bei Rain am Lech angekommen und hatten festgestellt, dass die andere Flussseite von den Kaiserlichen unter Tilly gehalten wurde. Es sah aus, als sei Tillys Heer zahlenmäßig unterlegen, aber sie hatten Kanonen in ausreichender Anzahl in Stellung gebracht. Während sich die schwedische Artillerie eingrub, hatte Gustav Adolf Erkundungsritte auf ihrer Seite des Lechs befohlen; die Taktik war, soweit Rittmeister Brahe es mitbekommen hatte, die Kaiserlichen mit dem morgigen Tagesbeginn mit Dauerfeuer zu belegen, als ob man hier den Flussübergang erzwingen wolle, und gleichzeitig zu versuchen, an anderer, besser geeigneter Stelle überzusetzen. Diese geeignete Stelle zu finden, waren mehrere Spähtrupps unterwegs.
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