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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman
Autoren: Richard Duebell
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Der König hatte es sich nicht nehmen lassen, die Gegend persönlich in Augenschein zu nehmen.
    Alles, was Brahe sicher wusste, war, dass sie immer nochauf der Westseite des Lechs waren. Er hatte keine Zeit gehabt, sich genauer zu orientieren. Der König war einfach davongeprescht, und sie hatten nichts tun können, als ihm zu folgen.
    Die Stellung Tillys am Ostufer des Lechs hatte den Marsch des schwedischen Heers auf Ingolstadt aufgehalten. Samuel Brahe kannte seinen König; er hasste es, aufgehalten zu werden, besonders wenn die Chance bestand, den Feind nach den Siegen vor Nürnberg und Donauwörth vor sich herzutreiben wie eine Viehherde. Wenn Gustav Adolf über den Verlauf des Feldzuges unzufrieden war, neigte er zu Leichtsinn – nicht in seiner Taktik, sondern in Bezug auf seine eigene Person. Selbst für eine Elitetruppe wie die Småländischen Reiter, die ihren König in- und auswendig kannten, war es schwer, ihm dann auf den Fersen zu bleiben. Der beleibte Monarch war ein überraschend guter Reiter und ein Draufgänger, wie es selbst in Brahes kleiner Truppe nur wenige gab.
    Der Rauchgeruch war mittlerweile nicht mehr zu leugnen. König Gustav Adolf hatte ihn zuerst wahrgenommen, wie immer. Brahe hatte daraufhin den Späher losgeschickt. Der Mann war überfällig. Brahe hielt ihren Feind, den Brabanter Johan Tserclaes Graf von Tilly, für einen fähigen Feldherrn. Er würde seinen Abschnitt der Front sichern; vielleicht waren sie auf feindliches Gebiet geraten, und der Späher lag längst mit durchschnittener Kehle neben einem Baum, während sich kaiserliche Musketiere langsam näherschlichen.
    Überrascht erkannte er, dass Gustav Adolf ihm zublinzelte. Das lange Gesicht mit dem üppigen blonden Knebelbart und den feisten Backen verzog sich zu einem Grinsen. Brahe wurde klar, dass der König all seine Gedanken gelesen hatte. Er räusperte sich unwillig. Gustav Adolfs junger Page August von Leublfing und sein Leibknecht Anders Jönsson sahen zu Boden; Leublfings Wangen brannten vor unterdrücktem Eifer.
    »Bereithalten, Männer«, flüsterte Brahe und lockerte die zweite Sattelpistole. Er gab das breiter werdende Lächeln des Königs mit einem stoischen Kopfnicken zurück.
    Ein Hakengimpel begann in einem Gebüsch ein paar Mannslängen entfernt zu rufen. Brahe entspannte sich. Es hatte eine Weile gedauert, bis er erkannt hatte, dass es das Tier zwar in seiner Heimat, aber nicht hier im Reich zu geben schien. Sein Gesang unterschied sich nicht sehr von dem anderer Finken, aber doch genug, dass es einem Småländer auffiel. Einem Kaiserlichen wäre der Unterschied nicht klar gewesen, was den Ruf des gedrungenen roten Vogels zu einem idealen Erkennungszeichen machte. Brahe warf einen Seitenblick zu Wachtmeister Alfredsson und sah diesen lächeln. Der Wachtmeister spitzte die Lippen und antwortete auf das Zeichen. Augenblicke später kam Torsten Stenbock auf bloßen Füßen aus dem Gebüsch und baute sich vor Brahe auf.
    »Meldung, Kornett«, flüsterte Brahe. Er ließ sich seine Erleichterung nicht anmerken, dass der junge Offizier wohlbehalten zurückgekehrt war. Torsten Stenbock war der Neffe von Oberst Fredrik Stenbock, dem Oberbefehlshaber des Småländischen Reiterregiments. Brahes Befehle lauteten, den Kornett nicht anders zu behandeln als alle seine Männer, doch der Rittmeister hatte in den Augen des Obersten lesen können und erkannt, welche Angst dieser um den Sohn seines Bruders hatte.
    Der junge Mann schluckte.
    »Kaiserliche Kürassiere«, sagte er leise. Brahe spürte, wie sich König Gustav Adolf im Sattel aufrichtete.
    »Späher?«
    »Marodeure. Sie haben einen Bauernhof überfallen.«
    »Die Bauersleute?«
    »Niemand zu sehen, aber …« Der junge Offizier schluckte erneut.
    »Aber?«
    »… zu hören, Rittmeister.«
    Brahe nickte. Niemand brauchte ihm zu erklären, was Stenbock gehört hatte.
    »Stiefel anziehen, aufsitzen«, sagte er. Er fing einen Blick seines Wachtmeisters auf. »Gut gemacht, Kornett.«
    »Vielleicht können wir den Leuten helfen?«, fragte Stenbock kläglich.
    Brahe schüttelte grimmig den Kopf. »Viel zu …«
    »Er hat recht, Kornett«, unterbrach ihn die Stimme des Königs. »Hat Er gezählt, wie viele Kürassiere es sind?«
    »Ein Dutzend, Majestät.«
    »Genau so viele wie wir.«
    »Majestät …«, begann Brahe.
    »Die Kerle müssen irgendwo über den Fluss gekommen sein, Rittmeister«, sagte der König. »Meint Er nicht, wir sollten sie befragen, an welcher
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