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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman
Autoren: Richard Duebell
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Alter?«
    Der Junge erinnerte sich daran, dass der Bauer ihn deutlich gröber zu behandeln pflegte als seine beiden Söhne und seine Tochter, jedoch sanfter als die Knechte oder den Gänsejungen. Er war sich nicht sicher.
    »Die Christel ist meine Mutter«, sagte er. Das wenigstens stand fest.
    »Das is’ die Bäuerin?«
    »Nö«, sagte der Junge stolz. Die Bäuerin pflegte in der Stube zu sitzen und den ganzen Tag die Hände zu ringen. Seine Mutter hingegen packte zu. »Die Magd.«
    »Na, du Bastard«, grinste der Reiter. »Und wo sind sie alle hin?«
    Der Junge zuckte mit den Schultern. Er sah zu, wie die Männer das Kupfer- und Zinngeschirr zerschlugen und die Bruchstücke einpackten. Andere rissen die Fenster heraus und warfen sie nach draußen und die Bänke und die Bettladen hinterher. Es roch nach Rauch; jemand vor dem Haus versuchte, ein Feuer in Gang zu bekommen.
    »Wir ham Holz in der Scheune«, sagte er.
    Die Reiter waren merkwürdig. Wenn sie das Schaf, das sie geschlachtet hatten, braten wollten, sollten sie lieber das gehackte Feuerholz nehmen; mit dem Hausrat würden sie nur eine hoch lodernde Flamme erzeugen, in der das Fleisch verbrannte. Er fand es erheiternd, dass diese Männer, die die Fähigkeit hatten, auf den Pferden förmlich über den Boden zu fliegen und sich in Eisen zu gewanden, zu dumm zum Feuermachen waren.
    »Was is’ so lustig, du Rauling?«
    »Nix«, sagte der Junge und kicherte.
    »Wachtmeister!«, rief eine Stimme von draußen. »Wachtmeister, wir haben was gefunden.«
    Der Anführer der Reiter packte den Jungen am Arm und zog ihn hinter sich her. Leupold, der Knecht, lag zwischendrei Reitern auf dem Boden; er stöhnte und keuchte und hielt sich das Bein. Seine Nase war blutig. Einer der Reiter trat Leupold nachlässig gegen das gebrochene Gelenk, und Leupold schrie auf.
    »Is’ der Iltis allein?«
    »Nee, ’ne Moß hat ihm das Händchen gehalten.« Der Reiter machte eine Kopf bewegung zur Scheune. Gedämpfte Geräusche drangen daraus hervor, als wenn jemand zu schreien versuchte.
    Der Wachtmeister beugte sich zu Leupold hinunter. Leupolds Augen wurden weit, als er den Jungen erblickte.
    »Wo sind alle?«, fragte der Wachtmeister.
    »Ich sag nix«, keuchte Leupold. »Ihr Teufelsbrut.«
    Ein neuerlicher Tritt gegen sein verletztes Bein ließ ihn brüllen.
    »Wie war das?«, fragte der Wachtmeister.
    »Lasst den Bengel laufen, er hat euch nix getan.«
    »Du hast uns auch nix getan, und glaubst du, wir lassen dich laufen?«
    »Bei der Liebe Gottes, ich bin nur der Knecht!«, stöhnte Leupold.
    »Gebt ihm was zu trinken«, sagte der Wachtmeister.
    Leupold schrie und wand sich, aber sie banden ihm Hände und Füße zusammen. Einer holte etwas aus einer Satteltasche, das wie zwei handtellergroße Brettstücke aussah, mit einer Zwinge verbunden. Sie packten Leupolds Unterkiefer und zwangen ihm den Mund auf, dann rammten sie das Holz hinein und drehten an der Zwinge. Leupold ächzte und lallte. Die Bretter öffneten sich. Sie waren ein Sperrholz, wie man es auch den Schafen ins Maul rammte, wenn man ihnen etwas einflößen musste. Ein Reiter schleppte einen Kübel herbei, und unter allgemeinem Gejohle schüttete er den Inhalt des Eimers in Leupolds Mund. Der Junge verzog das Gesicht. Jauche.
    Leupold bäumte sich auf und gurgelte und spuckte die Jauche und alles aus, was er sonst noch im Magen hatte. Sie drehten ihn auf die Seite und rissen ihm das Sperrholz aus dem Mund. Leupold lag in seinem Erbrochenen und krümmte sich.
    »Is’ dir jetzt eingefallen, wo alle sind?«, fragte der Wachtmeister.
    Leupold winselte und nickte. Der Wachtmeister kauerte sich neben ihn. »Erleichtere dich, du Sünder«, sagte er grinsend.
    Der Junge blickte zum Eingang der Scheune hinüber. Mehrere Reiter standen dort dicht an dicht und betrachteten etwas, das offenbar in der Scheune vor sich ging. Sie johlten und pfiffen, dazwischen war rhythmisches Gegrunze und Klatschen zu hören. Er trat über Leupolds sich krümmenden Leib und machte sich auf den Weg zur Scheune, um ebenfalls zu schauen. Ein Reiter fing ihn ab.
    »Richte das Schaf her, du Nichtsnutz«, sagte er und stieß ihn in Richtung auf den Kadaver.
    Der Junge bedauerte, dass er nicht zur Scheune gelassen wurde, aber er war barsche Anweisungen gewohnt und vor allem die Folgen, wenn er nicht darauf hörte. Er machte sich an dem Schaf zu schaffen. Als bestiefelte Beine neben ihn traten, blickte er blinzelnd auf. Es war der Wachtmeister. »Wir holen
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