Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Kevin Emerson
Vom Netzwerk:
gerade trat, war mit STATION beschriftet. In den Ecken standen rissige Ledersessel und Beistelltische, auf denen sich alte Magazine stapelten.
    Ich kam mir vor wie in einer dieser Ausstellungen im historischen Museum von Yellowstone, die einem die Vereinigten Staaten vor der Großen Flut und dem Krieg um faire Ressourcen zeigten – bevor sie in Kanada eingefallen waren und die Amerikanisch-Kanadische Föderation gebildet hatten. Der Name sollte friedlich klingen, als hätten sich die beiden Länder aus freien Stücken zusammengetan, aber Dad meinte, das sei eine Lüge. Krieg und Besatzung waren blutig und schrecklich gewesen.
    Ich trat durch die Tür des Direktors. Auf der anderen Seite des Raums stand ein breiter Schreibtisch, dahinter ein hoher schwarzer Stuhl und zwei Sessel davor. Der Tisch war antik, doch die Oberfläche war durch einen großen Bildschirm ersetzt worden, auf dem mehrere Dateien schimmerten. Hinter dem Tisch, an einer Tafel, hingen mehrere handgezeichnete Karten, die mit großer Detailliertheit Küstenverlaufe und Gebirgsformationen zeigten. Ich fragte mich, ob der Direktor sie selbst angefertigt hatte.
    Linker Hand war ein großer Kamin, die grauen Steine von Ruß gezeichnet. Darüber hing der Kopf eines Tiers, das ich für einen Bison hielt. Rechter Hand standen hohe Regale voll zerlesener Bücher und eine Ledercouch. Das Zimmer roch nach Rauch und Kiefernholz, ein Geruch, der mich an die Zeit des Dreijahresfeuers erinnerte, dem die letzten Wälder Westamerikas zum Opfer gefallen waren. Es brach aus, als ich vier Jahre alt war, und in seinem zweiten Jahr sahen wir fast nie die Sonne; der Rauchgeruch hatte immerzu in meinen Kleidern und meiner Bettwäsche gesteckt.
    Beiderseits der Tür, durch die ich getreten war, hingen gerahmte Fotos von früheren Ferienlagern, Jungen und Mädchen mit wilden Frisuren. Die ältesten Fotos waren schwarz-weiß, dann in verblichener Farbe, und unter jedem Bild stand das Datum. Die Jahrzehnte unterschieden sich vor allem in Größe und Farbe der Kinder: erst hager und eher bleich, dann beleibter und mit mehr Variationen im Teint. Die jüngsten Fotos zeigten wieder dürrere Kinder. Und auf den letzten war ihre Haut nicht mehr sonnengebräunt, sondern hatte einen Stich ins Violette, von der Strahlencreme.
    »Faszinierend, nicht?« Ein Mann lugte durch die Tür, trat ein und streckte die Hand aus. »Ich bin Paul, der Direktor. Und du … du musst Owen sein.« Wie er es sagte, klang es fast, als wäre ich eine Berühmtheit.
    »Hi«, sagte ich und schüttelte seine Hand. Seine Haut war kühl und glatt.
    Er war größer als ich und schon alt, vielleicht Mitte fünfzig. Wie Dr. Maria trug er Retrolook, so wie die Leiter früherer Ferienlager vielleicht ausgesehen hatten: Jeans, ein blaues Hemd und eine schwarze Weste mit dem aufgestickten E -und- C -Logo der Eden Corporation. Alles an ihm wirkte betont ungezwungen, bis auf die gestreifte Krawatte, die fest und tadellos geknotet war. Er hatte gewelltes graues Haar, ein schmales Gesicht und viele Sommersprossen und Flecken auf der sonnengebräunten Haut.
    Das einzig Moderne an ihm war die eckige Brille mit schwarzem Gestell, deren schimmernde Gläser auf einen hohen UV -Schutz schließen ließen. Ich war mir ziemlich sicher, dass man den Schutz auch ausschalten oder zumindest verringern konnte, Paul aber hatte ihn voll aktiviert, obwohl wir uns drinnen aufhielten, und so konnte ich seine Augen nicht sehen. Er schien zu lächeln, aber durch die Brille schien das Lächeln seltsam, unvollständig.
    Er schloss die Tür und wies auf die Fotos. »Fast zweihundert Jahre gibt es das Camp jetzt schon, hier an diesem Fleck – ausgenommen die fünfzehn Jahre Pause für den Kuppelbau.«
    »Das ist wirklich alt.«
    »Früher nannte man es Camp Asgard.« Pauls Stimme war ausdruckslos und ruhig. »Wegen der archäologischen Funde im Umkreis gaben die Wikinger für alles das Thema vor. Der See war einmal Teil des Oberen Sees, ehe die Großen Seen sich immer mehr zurückzogen. Stell dir nur vor: Wikinger, hier.«
    »Das ist ziemlich cool«, sagte ich und meinte es auch so. Ich stellte mir gern vor, wie bestimmte Orte früher aus gesehen hatten, Yellowstone zum Beispiel, als die Leute dort noch mit ihren fahrbaren Wohnungen umherzogen und in den Wäldern nach Tieren Ausschau hielten, ohne sich wegen irgendwas Gedanken zu machen.
    »Stimmt«, sagte Paul, und mein Interesse schien ihn zu freuen. »Anscheinend sind sie über die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher