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Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Kevin Emerson
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gefühlt? Keine Angst mehr, keine Panik – fühlte sich so der Tod an?
    Ich spürte, wie sich alles in mir verlangsamte. Die Techniker in mir starrten bestürzt auf ihre Schirme. Wenn das mal keine Überraschung war , meinte der vor dem Lungenmonitor und versuchte, das Ausmaß der Überflutung abzuschätzen.
    Die Technikerin, die meine Gehirnaktivität verfolgte, schüttelte den Kopf. Vielleicht noch ein paar Minuten, dann war’s das.
    Ich wusste, was sie meinte. Ich hatte mal gelesen, dass das Gehirn bis zu vier Minuten ohne Sauerstoff auskam – länger sogar, wenn das Wasser richtig kalt war. Doch dieser See unter der Bio-Kuppel von Eden West wurde konstant auf 22°C gehalten, was früher angeblich die ideale Sommertemperatur gewesen war. Ich hatte viele Fakten wie diese parat, doch viel genutzt hatte es mir nicht. Stärkere Muskeln, ein Körper, der mich nicht im Stich lässt – das hätte mir das Leben gerettet.
    Ich sank tiefer in die Schatten. Meine Füße berührten den schlammigen Grund und wirbelten braune Wolken auf. Glitschige Pflanzen griffen nach meinen Knöcheln, die Finger der Wesen der Tiefe, die niemand je gesehen hatte. Ich landete rücklings im kalten Schlamm.
    Die Oberfläche wirkte wie eine andere Welt von hier unten. Ich sah die Schwimmer, wie sie unbekümmert ihre Bahnen zogen und mit Händen und Füßen immer wieder den schimmernden Spiegel des Wassers zerschlugen. Die ersten waren mittlerweile fertig mit der Prüfung und zogen sich auf den Steg. Ich sah die weiß-roten Bahnbegrenzungen, die auf den Wellen zitterten.
    Und hoch über mir konnte ich fedrig weiße SimWol ken erkennen, die sanft über den tiefblauen Kunsthimmel trieben. Die SafeSun-Leuchten erhellten den Nachmittag mit ihrem warmen Licht. Ein weiterer perfekter Sommertag, wie es ihn vor fünfzig Jahren noch in den Laubwäldern der gemäßigten Breiten gegeben hatte – vor der Großen Flut, als die Erderwärmung und der Klimawandel vollends außer Kontrolle gerieten. Die steigenden Tem peraturen und die dramatische Ausdünnung der Ozon schicht hatten weite Teile Nordamerikas in eine Wüste verwandelt. Innerhalb weniger Jahre waren die Polkappen geschmolzen und hatten den Meeresspiegel steigen lassen, bis die Küsten den hungrigen Fluten zum Opfer fielen. Die alten Technopolen New York, Shanghai oder Dubai versanken. Milliarden Menschen überall auf der Welt wurden zu Klimaflüchtlingen, heimatlos und in den darauf folgenden Kriegen, Seuchen und Katastrophen zum Tode verurteilt. Nur die schmalen Landstriche der Bewohnbaren Zone im Norden, jenseits des sechzigsten Breitengrads, und die fünf Edenkuppeln boten den Menschen noch Zuflucht.
    Trotz des trüben, aufgewühlten Wassers konnte ich den fernen Himmel erkennen und die Illusion von Eden West durchschauen. Als ich gestern Nacht ankam, nach einer langen Fahrt mit der MagBahn vom Yellowstone Hub ins ehemalige Minnesota, hatte die Kuppel noch beeindruckender als auf den Bildern gewirkt: ein grenzenloses, makellos weißes Gewölbe, ein undurchdringlicher Schutzwall für die Menschen darunter. Von hier unten aber sah ich die schwarzen Brandspuren, wo die Sonnenstrahlung die Kuppel beschädigt hatte. Ein paar der dreieckigen Paneele waren neu und schneeweiß, die meisten aber waren grau und fleckig. Ich konnte sogar die Kontrollstation im Zenit erkennen, die Pupille im Auge der Kuppel, die unablässig nach Zeichen von Sonneneruptionen, Staubstürmen und Trockengewittern Ausschau hielt.
    Zu Hause in Yellowstone munkelte man, dass die Edenkuppeln schon kurz vor dem Ausfall standen. Die Nördliche Koalition hielt es nur noch für eine Frage der Zeit. Die Städte darin würden mit untergehen, doch statt zu versinken würden sie brennen, und dieser kleine See würde einfach austrocknen, so wie alle anderen. Vielleicht würde man irgendwann meine Knochen im gebackenen Schlamm finden.
    Eine Minute noch , verkündete die Technikerin, die mein Gehirn überwachte. Ein letztes Mal noch versuchte ich, Arme oder Beine zu bewegen. Doch vergebens.
    So ziemlich alle anderen hatten mittlerweile das Wasser verlassen. Alle hatten sie die Prüfung bestanden – nur ich lag hier unten tot im Schlamm. Hatte irgendwer aus meiner Gruppe mein Verschwinden denn auch nur bemerkt? Was war mit Lilly? Hatte sie mich etwa schon vergessen? Trotz unserer Begegnung auf dem Steg zuvor?
    »Hey, alles klar?«, hatte sie da gefragt. Wir hatten uns zu zehnt auf dem Steg versammelt, der in Form eines weitläufigen H
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