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Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)
Autoren: Ulrike Schweikert
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Brust wüsste«, sagte Leo, doch es klang nicht spöttisch. Alisa legte ihren Arm um seine Mitte.
    »Ja, und doch ein Ende mit einer Träne im Auge. Nur ein paar Nächte früher, und sie hätten sich von Mensch zu Mensch in den Armen liegen können. Nun hat sie ihre Tochter wiedergewonnen und zugleich verloren.«
    »So ist das Schicksal. Es lässt sich nicht treiben und nicht bestechen. Es entscheidet selbst, wann und wie es seine Fäden spinnt.«
    »Und das Glück des einen ist so oft das Leid eines anderen«, ergänzte Tammo, der seine Augen nicht von Nicoletta wenden wollte. »In diesem Fall wird es Doriana genügen, das Glück ihrer Tochter zu sehen!«
    »Wenn du meinst«, sagte Alisa skeptisch.
    Sie warteten, um den beiden Gelegenheit zu geben, sich gegenseitig die drängendsten Fragen zu beantworten, dann aber trat Leo vor.
    »Die Nacht verrinnt, und Sie wollen doch sicher nicht hierbleiben, bis jemand Ihr Fehlen bemerkt und Sie suchen lässt.«
    Doriana schüttelte den Kopf. »Nein, ganz sicher nicht.«
    »Dann würde ich vorschlagen, wir rudern in die Stadt zurück. Dort wartet noch jemand auf Sie, der Sie all die Jahre vermisst hat.«
    »Calvino«, flüsterte Doriana. Ihr Gesicht nahm ein Strahlen an, das sie wieder so jung und schön erscheinen ließ wie vor dreizehn Jahren, als sie ihm und ihrer Tochter mit Gewalt geraubt worden war.
    Clarissa nickte. Sie stiegen ins Boot. Hindrik und Luciano griffen nach den Riemen. Sanft glitt die Gondel über das nun wieder glatte Wasser.
    »Wird mich Calvino denn noch haben wollen?«, fragte Doriana nach einer Weile. Sie sah hinaus über die Lagune, wo San Clemente mit dem nächtlichen Himmel verschmolz.
    »Wie kann ich sicher sein, dass es nicht sein Wille war, mich an diesen Ort zu bringen?«
    »Er war es nicht!«, sagte Clarissa fest. »Calvino hat Sie gesucht und niemals aufgegeben, zu hoffen.«
    »Und er liebt dich noch immer!«, ergänzte Nicoletta.
    »Aber wer war es dann? Wer hat unser Glück zerstört? Ich werde keine Ruhe finden, ehe ich die Antwort kenne und weiß, ob ich noch immer in Gefahr bin. Wie kann ich mich frei bewegen, wenn ich jeden Moment fürchten muss, wieder entführt oder dieses Mal für immer aus der Welt geschafft zu werden?«
    Clarissa spürte einen Schauder, als ihr bewusst wurde, wie real diese Befürchtung vor wenigen Nächten noch gewesen war. Nun aber war sie vorbei. Sie sah Doriana ernst an.
    »Sie müssen sich nicht fürchten. Er kann Ihnen nichts mehr tun.«
    »Wer? Und was ist mit ihm geschehen?«
    Mutter und Tochter starrten sie an und forderten die Antwort. Clarissa hätte sie gern für sich behalten, doch sie wusste, sie musste den Namen preisgeben, um der Leidensgeschichte ein Ende zu bereiten.
    »Es war Leone«, sagte sie leise.
    »Was?« Nicoletta wollte es nicht glauben. »Aber warum? Ich verstehe das nicht. Er stand meinem Vater am nächsten und war sein treuster Verbündeter. Er hat immer für die Einheit der Oscuri gekämpft.«
    »Du hast dir die Antwort bereits selbst gegeben«, antwortete Doriana an Clarissas statt. Sie hatte verstanden.
    »Gerade weil er deinen Vater so verehrte und seine Stellung stärken wollte, sah er in mir eine Gefahr, ist es nicht so?«
    Clarissa nickte. »Ja, er sah, dass Calvinos Liebe zu Ihnen ihn und den ganzen Clan schwach und angreifbar machte. Deshalb hat er Sie entführt, doch er konnte Sie nicht töten.  – Damals nicht.
    Er war kein schlechter Mann, und ich denke, sein Gewissen trieb ihn, auf Nicoletta achtzugeben und sie gegen die anderen zu verteidigen. Er hat sie lieb gewonnen, doch am Ende hätte er sie beide eher getötet, als zuzulassen, dass Sie zu Calvino zurückkehren. Das konnte ich ihm nicht gestatten!«
    »Du hast ihn getötet?«, rief Luciano und sah sie entsetzt an.
    Es war Leo, der ihm antwortete. »Sie hat sich gegen ihn verteidigt und ist mit ihm zusammen über Bord gegangen, war es nicht so?«
    Clarissa war klar, dass er ihre Gedanken gelesen hatte, doch sie ließ es nicht zu, dass er die Sache beschönigte.
    »Ja, er hat mich angegriffen, um zu verhindern, dass ich das Geheimnis preisgebe, und nein, es war kein Unfall, dass er ertrank. Ich habe mich für Dorianas und Nicolettas Leben entschieden. Deshalb musste er das seine lassen.«
    Sie schwiegen wieder, während die Gondel sich Venedig näherte. La Serenissima, die Durchlauchtigste, die einzigartige Stadt im Wasser, über der sich der Himmel langsam rosa zu färben begann.
    E PILOG
    Eine einsame Gestalt stand
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