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Die Entfuehrung der Wochentage

Die Entfuehrung der Wochentage

Titel: Die Entfuehrung der Wochentage
Autoren: Lena Kleine
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hatte.
    »Mehr oder weniger. Ich wollte dir die Entscheidung überlassen, ob er sterben oder leben soll.«
    Tom stand auf, schaltete den Rekorder aus und betrachte te lange, nachdenklich die schwarze Mattscheibe.
    »Das er nicht geflohen ist, lag nicht am mangelnden Geld, er hat Zugriff auf meinen Tresor. Er hätte sich so viel Geld besorgen können, dass es wahrscheinlich für mindestens ein Dutzend Personen ausgereicht hätte.« Der Herrscher machte eine Pause, während sein Blick immer noch auf dem ausgeschalteten Bildschirm geheftet war. »Nein, das war es nicht. Er wollte bleiben, in der Gewissheit, dass wir ihn für ihre Flucht zur Verantwortung ziehen würden.«
    Rene sog überrascht die Luft ein. Er wirkte ehrlich perplex, beinahe fassungslos. »Du meinst, es war nie anders geplant?«
    Endlich löste Darkson seinen Blick vom Fernseher. »Nein, nie.«
    »Aber das ist Selbstmord!«
    Melancholie überschattete Toms Züge. »Einen Ausgang, den er vielleicht so geplant hat.«
    Etwas veränderte sich in Renes Auftreten, als er begriff, was ihm der Herrscher damit sagen wollte. Die Überheblichkeit machte Wut Platz. »Scheiße, und ich bin darauf reingefallen.«

Ende der Qual?
    »Sonntag«, durchdrang eine herrische Stimme ihre Dunkelheit. Sie wollte ihre Augen nicht öffnen, nicht für den Besitzer dieser Stimme, aber Darkson rüttelte sie unsanft. »Steh auf!«
    Ihre Augen tränten aufgrund der Helligkeit, die sie umfing, als sie ihre Lider zaghaft hob.
    Wie eine gleißende Gestalt, umhüllt von weißem Licht, stand er vor ihr.
    Ihm fehlte die Wärme in seinem Gesicht, die sie so sehr an Tristan schätzte.
    Sie rappelte sich mühsam auf, taumelte in seine Arme, die er reflexartig aufschnappen ließ, um sie aufzufangen.
    Sein Kinn legte sich auf ihr Haupt, während er sie festhielt. Seine Hände streichelten ihren Rücken und sie verharrte in seiner Umarmung, obwohl ihr Herz rebellierte. Sie hasste ihn so abgrundtief, aber die menschliche Nähe tat ihr gut, sie sog die Wärme und den Duft seines Körpers gierig auf.
    »Wie sieht’s aus? Möchtest du bei mir sein oder lieber weiterhin alleine deine Zeit verbringen?«
    »Bei dir«, stieß sie atemlos aus, sie befürchtete, dass, wenn sie nicht schnell genug antwortete, er sie wieder in die Zelle schicken würde.
    Er schob sie aus seiner Umarmung und musterte sie eindringlich, seine Augen waren kalte Klumpen. »Bist du sicher?«
    Natürlich war sie sich in diesem Moment sicher. So sicher wie das Amen in der Kirche, aber sie tat es nicht aus freien Stücken.
    »Ja«, erwiderte sie nur leise und wagte es nicht, ihn anzusehen.
    »Schön«, seine Tonlage wurde freundlicher. »Das freut mich.« Er strich ihr ein letztes Mal behutsam über den Kopf, bevor er sich umdrehte und ihr winkte. »Was hältst du davon, wenn wir ein Eis auf meiner Dachterrasse essen?«
    Sie neigte ihren Kopf und lugte ihn vorsichtig von unten nach oben an. Wo war der Haken?
    »Das wäre … toll«, flüsterte sie in abgehakten Worten, denn ihr Misstrauen ihm gegenüber wuchs mit jedem Tag, an dem er sich neue Grausamkeiten ausgedacht hatte.
    Ein Lächeln huschte über seine unbewegte Miene und auch seine kalten Pupillen glitzerten kurz in einem wärmeren Ton. Sie studierte ihn genauer, seine Gestik und Mimik sprach für seine Ehrlichkeit. Er schien es ernst zu meinen. Langsam entspannte sie sich, während sie ihm folgte.
    Sie gingen in seinen Wohnbereich und auf die sonnenüberflutete Terrasse. Er schob ihr einladend den gemütlichen Korbstuhl hin. Kaum hatte sie sich darauf niedergelassen, verschwand er wieder, um wenig später mit zwei Eistüten wiederzukommen.
    Süßigkeiten! Inzwischen würde sie dafür morden, so selten gab es die Naschereien. Sie entriss ihm die Waffel gierig aus seinen großen Händen und kostete von dem sahnigen Schokoladeneis. Es schmeckte herrlich. Noch nie hatte sie sich über eine solche Banalität gefreut, wie sie es jetzt tat. Genießerisch und mit halbgeschlossenen Augen leckte sie die süße Kugel auf.
    Aber sie genoss nicht nur die kalte, klebrige Süßigkeit, sondern auch die anderen Sinnesreize, die ungefiltert auf sie einströmten. Wind, der ihre Haut streichelte, Sonne, die auf sie niederbrannte , und das Rauschen des Meers. Alles schien ihr wie kostbare Eindrücke, die sie konservieren musste, bevor sie vielleicht wieder in der Dunkelheit verschwanden.
    Sie schleckte die letzten Reste aus der Waffel, inspizierte enttäuscht den geschmolzenen Inhalt, ehe sie
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