Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Entfuehrung der Wochentage

Die Entfuehrung der Wochentage

Titel: Die Entfuehrung der Wochentage
Autoren: Lena Kleine
Vom Netzwerk:
– war ein anderes Kaliber.
    Sein Blick wanderte zu Bildschirm zwei, der Sofia abbildete. Sie hatte den Kopf in die Hände gelegt und weinte. Er konnte es anhand ihrer zuckenden Schultern erkennen, die verräterisch auf und ab wippten.
    Er lehnte sich entspannt zurück . Das Raubkätzchen war also schon im Begriff, sich in eine Miezekatze zu verwandeln. Sehr schön.
    Ihre Tränen konnten ihn nicht berühren. Emotionslos musterte er sie, wie er es mit einem Tier in einem Käfig tun würde. Er hatte aufgehört, die Frauen und Männer zu zählen, die er als Sklaven nach Marelando verfrachtet hatte. Er hatte ihre Furcht, ihren Widerstand und schlussendlich auch ihre Resignation unzählige Mal miterlebt. Unter seiner Führung waren sie alle zu willenlosen Objekten degradiert worden.
    Eine eigentümliche Melancholie überfiel ihn plötzlich. Er tastete, ohne den Blick von dem Bildschirm zu wenden, nach seinem Scotch-Glas und führte es zu seinem Mund. Die bittere, brennende Flüssigkeit füllte seinen Mund und vertrieb für einen kurzen Augenblick die Trauer, die über ihn hereingebrochen war.
    Hinter ihm knarzte die Tür und er hörte federleichte Schritte. Er musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, wer dort hinter ihm stand, denn er kannte nur eine Person, die sich so geräuschlos bewegen konnte.
    »Rene«, flüsterte und stellte das Glas ab.
    »Du trinkst wieder?«, kam es mürrisch zurück und der schlanke, junge Mann tauchte in seinem Blickfeld auf.
    »Nur ab und zu«, lächelte Tristan und schwenkte das Glas in seiner Hand.
    »Aha«, kommentierte der andere Mann die Aussage trocken, dann fiel sein Blick auf Sofia: »Hat sie sich schon eingelebt?«
    Tristan zog die Augenbrauen hoch: »Sieht es danach aus?«
    Rene ging näher zum Überwachungsgerät und starrte finster darauf. »Wann wirst du sie befragen?«
    »Bald, wenn das Betäubungsmittel nachgelassen hat. Ich brauche sie in einem stabilen Zustand, für das, was ich vorhabe.« Er machte eine Pause und wandte sein Gesicht Rene zu: »Sie soll nicht sterben, oder?«
    Der Mann vor dem Schirm zuckte zusammen. »Nein.«
    Tristan erhob sich, stellte das Glas beiseite und trat neben Rene, dessen Augen förmlich am Bildschirm klebten. »Sie wird mir alles erzählen, was sie weiß, auch ob sie ihn erkannt hat.«
    Die Miene des anderen Mannes wurde noch eine Spur dunkler. »Ich befürchte, daran besteht kein Zweifel. Sie hat ihn erkannt und weiß wer er ist. Dieses verfluchte Gör!«
    Tristan zuckte mit den Schultern. »Wozu dann der ganze Aufwand?«
    Rene hob seinen Blick vom Bildschirm und sah Tristan direkt in die Augen. »Weil er es aus ihrem Mund hören will. Darum.«
    »Und danach?«, wollte Tristan wissen. »Was passiert dann mit ihr?«
    Der Gefragte neigte überrascht seinen Kopf zur Seite: »Hast du etwa Mitleid?«
    »Nein«, brummte Tristan gereizt, obwohl er sich nicht sicher war. Mitleid? Hatte er je so etwas verspürt? »Ich wollte nur wissen, wie es danach weitergeht.«
    Rene drehte sich um und ging zur Tür zurück. »Du wirst deine Anweisungen rechtzeitig erhalten. Keine Sorge.«

Verhör
    Sofia fühlte sich ausgelaugt und verheult. Sie hatte sich schlussendlich auf den Bauch gelegt und starrte nun apathisch gegen die kahle Wand.
    Klick. Die Tür sprang auf, aber sie reagierte nicht. Sie wollte ihren Entführer nicht ansehen.
    »Steh bitte auf«, kam es sanft, aber mit einem mahnenden Unterton aus seiner Richtung.
    Träge wälzte sie sich herum und sog scharf die Luft ein, als sie sich ihrer Striemen auf dem Rücken bewusst wurde.
    Er stand vor ihr und blickte auf sie herab. In seiner rechten Hand hielt er eine Peitsche und hob sie drohend, als Sofia nicht spurte.
    »Willst du noch einmal Bekanntschaft mit dem Leder machen?«, fragte er lauernd.
    Resigniert schüttelte sie den Kopf und erhob sich. Er reichte ihr seine Hand und stützte sie, als sie kurz einsackte.
    »Oh«, meinte er betroffen. »Das Mittel scheint dich ja ziemlich mitgenommen zu haben.«
    Hatte sie wirklich etwas wie Sorge aus seinen gemurmelten Worten herausgehört? Nein, seine Mimik ließ nichts dergleichen ablesen. Keine Spur von Mitleid. Jedenfalls soweit sie das unter seiner Maske, die nur Mund und Augenpartie aussparte, beurteilen konnte.
    »Es geht schon«, murmelte sie.
    »Dann komm«, sagte er und zog sie aus ihrem Zimmer und durch einen schmalen Gang, der in einem Wohnzimmer endete.
    Sie kamen zu einem Tisch und einem Stuhl. »Setz dich«, wies er sie scharf an und rückte ihr
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher