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Die entführte Braut: Wenn die Braut sich traut (German Edition)

Die entführte Braut: Wenn die Braut sich traut (German Edition)

Titel: Die entführte Braut: Wenn die Braut sich traut (German Edition)
Autoren: Susan Wiggs
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wie es ausgeht.“
    „Das Ziel ist da, wo es jedes Jahr ist. Aber sind Sie nicht mit jemandem verabredet?“
    „Gary“, erklärte sie, „ich muss erst sehen, wie das Rennen endet.“
    Gary grinste. „Okay.“
    Isabels Hände waren eiskalt, als sie sich an den Türgriff des Pick-ups klammerte, der nun von der Hauptstraße abbog und auf einem holprigen Weg bergauf fuhr. Als man auf dem Gelände nicht mehr weiterfahren konnte, parkte Gary den Truck, und sie stiegen beide aus. Hohes Gras wehte in der Brise leise rauschend hin und her. Gary ging zur Ladefläche und hob den Deckel von der Kiste mit dem Adlerweibchen.
    „Alles in Ordnung mit ihr?“, fragte Isabel.
    „Ich glaube schon – autsch! Ihre Krallen sind jedenfalls in bestem Zustand.“ Gary setzte den Vogel auf einen großen Felsen. Dort saß der Weißkopfseeadler nun, sah stolz und majestätisch aus, während der Wind durch sein Gefieder strich. Dann breitete das Tier langsam die Flügel aus.
    Isabel hielt den Atem an. Flieg doch, dachte sie. Flieg! Du kannst es doch!
    Der Vogel ließ die Brise durch seine Schwungfedern wehen, aber dann faltete er die Schwingen wieder zusammen.
    „Er ist noch nicht flugbereit“, meinte Gary enttäuscht. „Dabei habe ich doch extra meine Kamera mitgebracht.“ Er nahm den Vogel auf und stieg höher den Berg hinauf. „Wir haben den besten Blick auf das Rennen vom Warrior Point aus“, sagte er über seine Schulter zu ihr.
    Eisige Kälte durchströmte ihre Glieder. Sosehr sie es versuchte, sie konnte die schrecklichen Erinnerungen, die sie überfielen, nicht aus ihren Gedanken verbannen.
    Sie wusste genau, wohin Gary nun ging, denn sie hatte selbst dort gestanden und gesehen, wie ihr Vater tödlich verunglückte. Obwohl es viele Jahre her war, sah sie alles wieder ganz deutlich vor sich. Ihr Vater und seine Freunde hatten Bier getrunken. Nicht übermäßig viel, nur gerade die übliche Menge bei ihren Nachmittagstreffen. Ihre Mutter hatte dabeigesessen und mit den anderen gelacht, als ihr Mann sie wegen ihrer Angst um ihn aufzog.
    Dann hatte er sie noch einmal geküsst. Die Mutter auf den Mund und die kleine Isabel auf die Stirn. Isabel hatte in den Augen ihres Vaters Hochmut gesehen, aber auch noch etwas anderes, etwas, das für sie schwer zu begreifen war. Heute war es ihr klar, dass es ein unstillbarer Hunger war, eine tiefe Unzufriedenheit.
    Ihr Vater hatte niemals eine feste Arbeit gehabt. Sich auf gefährliche Abenteuer einzulassen schien für ihn eine der wenigen Möglichkeiten zu sein, sich zu beweisen. Klarzustellen, wer er eigentlich war – kein im Reservat herumlungernder Faulpelz, sondern ein Mann.
    All dies hatte sie nicht verstanden, als sie ein kleines Mädchen war. Alles, was sie damals erfasste, war, dass sie ihren Vater sterben sah.
    Eine Zuschauergruppe war zu dem Aussichtspunkt gegangen, darunter auch Isabel und ihre Mutter. Die Reiter erschienen in einer Staubwolke, und das Donnern der Hufe hallte laut von den Bergen wider. In einem geradezu mörderischen Tempo preschten die Reiter über eine jäh abfallende Felswand in eine Schlucht und übersprangen dann einen schmalen, tiefen Felsspalt, ehe es in einer Haarnadelkurve einen steilen Berg hinunterging.
    Nur – statt diese scharfe Kurve zu bewältigen, was ihr Vater über den Abhang hinausgeschossen. Isabel hatte in fassungslosem Entsetzen schweigend da gestanden und hinabgesehen auf ihren regungslos daliegenden Vater und das Pferd neben ihm. Sie erinnerte sich an jede kleinste Einzelheit von damals. Ihre Mutter hatte in diesem Augenblick plötzlich und ohne jede böse Absicht Isabels Hand losgelassen.
    Danach war ihre Mutter völlig unansprechbar, stumm und abweisend geworden. Sie war in die Stadt gezogen und hatte Isabel willig Pflegeeltern überlassen.
    Von diesem Moment an hatte Isabel in ihrer Verwirrung und in ihrem Zorn begonnen, ihre Vergangenheit zu verdrängen und so zu tun, als habe sie nie existiert. Alle indianischen Wertvorstellungen hatte sie beharrlich auszulöschen versucht.
    Bis Dan in ihr Leben kam.
    Ein tiefer Seufzer entrang sich ihr, als sie jetzt an ihn dachte.
    „Wir sind fast da“, sagte Gary.
    „Ich weiß“, erwiderte Isabel leise.
    Dan hatte sie mit seiner Leidenschaftlichkeit, seinem Stolz und seinem Lebenshunger zu erfüllen verstanden. Vor dem indianischen Teil seines Wesens hatte sie Angst gehabt, und vielleicht war diese Furcht noch immer in ihr, aber er hatte auch ihren Sinn für die uralten Lieder und Rhythmen
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