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Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Titel: Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft
Autoren: C.H.Beck
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also (gegen das Prinzip von Werden und Vergehen der Natur!) gepflegt werden müsste, wenn man dessen dauerhaften Bestand anstreben möchte. Negiert man dies,plant man womöglich Strukturen, die anschließend nicht erhalten bleiben oder nicht erhalten bleiben können. Gute Planung sollte also konsekutiv auf einer detaillierten Erfassung des Werdens und des Zustandes von Landschaften aufbauen, wie sie von der Landschaftswissenschaft geleistet wird.
    Abb. 1-3 Stellung der Landschaftswissenschaft zwischen ihren Nachbarfächern. Sie ist Grundlage für die (Landschafts-)Planung.
    Hier liegt eine große Bedeutung der Landschaftwissenschaft. Sie braucht eine eigene disziplinäre Stellung separat von den Planungsfächern; die Tätigkeit des Landschaftswissenschaftlers mussder Planung vorausgehen. Landschaftswissenschaft steht zwischen Natur- und Geisteswissenschaften. Sie berührt Fächer, die traditionell voneinander separiert in diesen beiden «Reichen» der Wissenschaften angesiedelt sind: Geographie, Geologie und Biologie bzw. Ökologie, die historischen Disziplinen, Philosophie und philologische Fächer
(Abb. 1–3)
.
    Beim Übergang von einem landschaftlichen System zu einem anderen können einzelne Strukturen umgenutzt werden; beispielsweise kann ein Handelsweg des Mittelalters zum Wanderweg von heute werden. Andere Strukturen aber erhalten keine neue Funktion. Wenn man sich entschließt, sie zu erhalten, obwohl sie im neuen System keinen unmittelbaren Nutzen haben, werden sie zum Denkmal und damit zum Pflegefall. Das gilt ebenso für eine orchideenreiche Viehweide, die man im Systemzusammenhang der intensiven Viehhaltung nicht braucht, wie für die mittelalterliche Burg, von der aus kein Handelsweg mehr überwacht wird. Für alle diese Pflegefälle benötigt man klare Bekenntnisse, sie erhalten zu wollen; die Institutionen, die sich für Denkmalpflege und Naturschutz einsetzen, brauchen dafür landschaftswissenschaftliches Grundlagenwissen. Inhaltliche Zusammenhänge sind deutlich zu machen, in die schützenswerte Strukturen einmal eingebunden waren. Das ist eine wichtige Basis für deren Zukunft: Eine orchideenreiche Viehweide lässt sich am besten dadurch vor dem natürlichen Wandel bewahren, dass man die Art und Weise der Nutzung aus einem überkommenen System fortsetzt oder künftig simuliert.
Der Inhalt dieses Buches
    Auf diese und weitere Anwendungen der Landschaftswissenschaft wird am Ende des Buches zurückzukommen sein. Zunächst sollen Definitionen und Methoden des Faches präsentiert werden. Anschließend geht es um die Darstellung von einzelnen Komponenten, die Landschaft entstehen lassen, vor allem aus den Bereichen der Natur und deren Nutzung durch Menschen bzw. der Kultur.In weiteren Kapiteln werden Systeme von Natur und Kultur dargestellt, in denen Landschaften in typischer Weise geprägt wurden. Sie bestanden nacheinander und eine Zeitlang auch nebeneinander, ohne miteinander kompatibel gewesen zu sein. Letzteres ist für die Entwicklung der Systeme und die Auseinandersetzungen zwischen Menschen, die in sie eingebunden waren, sogar noch entscheidender. Aus Missverständnissen entwickelten sich wichtige Metaphern. Sie nahmen Einfluss auf das Handeln von Menschen, und zwar auch in späterer Zeit, über den Zeitraum des Bestehens eines systemischen Gegensatzes hinaus. Sie sind bis heute im Bewusstsein der Bevölkerung präsent geblieben. Ein prominentes Beispiel dafür sind die Ansichten, die sich an die Konflikte zwischen Römern und Germanen im Zusammenhang mit der sogenannten Varusschlacht knüpfen: In Germanien soll es ausgedehnte Wälder gegeben haben, in denen ein Volk lebte, das die Römer besiegte. Lag das aber an den Wäldern? Gab es überhaupt landschaftliche Ursachen dafür, warum die Römer in der Zeit um Christi Geburt das Land nordöstlich des Rheins nicht erobern konnten?
    Es kommt darauf an, Interpretationen wie diese als solche zu erkennen und sie von «harten» wissenschaftlichen Fakten zu unterscheiden. Auch dazu ist wissenschaftliche Anstrengung notwendig.
Zielgruppen
    Das Buch richtet sich nicht nur an Landschaftswissenschaftler, die einer noch sehr jungen Disziplin angehören, welche zwischen natur- und kulturwissenschaftlichen Fächern steht
(Abb. 1–3)
. Landschaftswissenschaft gehört zwar in den Kontext von Kulturwissenschaften, weil Landschaft – als Ergebnis einer Reflexion, die zur Interpretation führen kann – immer ein Teil von Kultur ist. Aber sie kann nur von
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