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Die Enden der Parabel

Titel: Die Enden der Parabel
Autoren: Thomas Pynchon
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kleine Melodie, die sie dir beigebracht haben, und gib dir Mühe, nicht den Takt zu schmeißen:
    Ja, ich bin, derKerl, der die Tag-Träume, anderer hat, Der aushält, was sie selber sollten Mal sitzt, auf meinem Schoß eine Fee, Mal kommt, Kruppingham-Jones zu spät zum Tee Und ich weiß noch nicht mal, was sie wollten...
    [Jetzt über einer Menge Tubas und eng gesetzten Posaunen]
    Es scheint keinen, zu stören, ob da Gefaaahr,
    Denn Gefahr ist ein Galgen, an dem ich längst hänge Und geh ich eines Tages für immer hier weg, Dann vergiß das Bier, das du mir schuldig bist, Jack, Piß auf mein Grab und mach weiter mit der Show!
    Und dazu hüpft er dann tatsächlich hin und her, schmeißt die Beine und wirbelt ein Spazierstöckchen, das Kopf, Nase, Zylinder, den ganzen W. C. Fields zum Knauf und mit Gewißheit Zauberkräfte hat, während die Band einen zweiten Chorus anstimmt. Begleitet wird das Ganze von einer Phantasmagorie, einer wahrhaftigen, die über die Köpfe des Publikums herein- und auf die Leinwand zurast, ein elegantes, viktorianisches Schnittbild an zierlichen Zügen, das dem Profil eines Schach-Springers ähnelt, phantasievoll, aber keineswegs vulgär geformt - dann wieder zurückrauscht, rein und raus, wobei der Maßstab der Bilder so rasch und unvorhersehbar wechselt, daß man leicht, wie es so heißt, etwas Zitronengrün in seiner Rose mitkriegt. Diese Szenen sind Glanzlichter in Pirats Karriere als Tagträumer-Double und reichen in eine Zeit zurück, da er überall, wo er auch ging und stand, das Zeichen von Jugendtorheit trug, das ihm in einem unmißverständlich mongoloiden Vorsprung genau aus der Mitte seines Kopfes wuchs. Er war sich seit geraumer Zeit sicher gewesen, daß bestimmte Episoden seiner Träume nicht von ihm selbst stammen konnten. Darauf war er nicht durch rigorose Inhaltsanalysen nach dem Erwachen gekommen, nein, er wußte es einfach. Doch dann kam der Tag, da er zum erstenmal dem wahren Eigentümer eines Traums begegnete, den er gehabt hatte: Es geschah bei einem Trinkbrunnen in einem Park, eine sehr lange, wie mit dem Lineal gezogene Bankreihe, eine Ahnung von Meeresnähe hinter einer Zeile gestutzter, niedriger Zypressen, grauer Kies auf den Wegen, zum Schlafen weich aussehend, wie die Krempe eines Filzhutes, und dort kommt nun so ein knopfloses, sabberndes Wrack daher, genau der Typ, dem man nie begegnen möchte, bleibt stehen und beobachtet zwei Pfadfinderinnen, die gerade den Wasserdruck des Brunnens regulieren. Sie beugten sich tief über den Strahl, die kecken Herzchen, nicht ahnend, daß sie dabei verhängnisvolle Streifen weißer Baumwollhöschen enthüllten, darunter Rundungen kleiner, babyspeckiger Hintern, die dem Genitalen Gehirn einen förmlichen Schlag versetzen, wie verdreht es auch immer sein mag. Der Tramp lachte und zeigte mit dem Finger hin, dann sagte er etwas ganz Außerordentliches: "Na? Pfadfinderinnen beginnen, Wasser zu pumpen ... Dein Geräusch wird die knisternde Nacht sein... na?" Dabei starrte er Pirat direkt ins Gesicht, keine Ausflucht mehr... Pirat nämlich hatte genau diese Worte am Morgen des Vortags geträumt, kurz vor dem Aufwachen, sie waren Teil der üblichen Reihe von Preisen bei einem Wettkampf gewesen, der zu viele Teilnehmer hatte und gefährlich geworden war, weil kohlegepflasterte Straßen mitten durch die Sporthalle führten ... er konnte sich nicht mehr so recht erinnern... Plötzlich außer sich vor Angst, erwiderte er: "Hauen Sie ab, oder ich rufe die Polizei. " Damit war das Problem für den Augenblick gelöst. Doch früher oder später mußte der Zeitpunkt kommen, da irgendein anderer seine Begabung entdecken würde, jemand, der ihre Möglichkeiten erkannte - er spann sich ein langes Gedankenspiel, diesmal fraglos sein eigenes, in der Art eines Eugene-Sue-Melodramas aus, in dem er von einer Organisation burmesischer oder sizilianischer Dunkelmänner entführt und für unaussprechliche Zwecke mißbraucht wurde...
    1935 hatte er sein erstes Erlebnis außerhalb eines Zustandes, den man noch als Schlaf bezeichnen konnte: Es war während seiner Kipling-Phase, scheußliche Fuzzy-Wuzzy-Neger, so weit das Auge reichte, Drakunkulose und Aleppobeulen bei der Truppe, kein Tropfen Bier seit einem Monat, der Radioempfang gestört von anderen Mächten, die wohl die Herren über diese gräßlichen Schwarzen sein wollten, Gott allein wußte, warum, und alle Folklore versackt, kein Cary Grant mehr, der rein- und rausalbert und Elefantenmedizin in
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