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Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung

Titel: Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung
Autoren: Jean-Louis Fetjaine
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ein Schaben, ein seidiges Schleifen und wellenartige Bewegungen unter der Decke des Stollens.
    Uther stieß gegen sie und das Geräusch des Zusammenpralls provozierte einen deutlichen Wirbel über ihren Köpfen. Flügelschlagen und Töne, die so hoch waren, dass sie sie kaum wahrnehmen konnte ...
    »Was ist denn los?«
    Sie legte ihre Hand auf den Mund des Ritters, aber es war schon zu spät... Eine Wolke von Fledermäusen flatterte wie ein Wirbelsturm von der Decke, peitschte in ihrem blinden Flug ihre Gesichter, verfing sich im langen Haar der Königin, ritzte ihnen mit den Krallen die Haut. Uther umfasste sie, und sie warfen sich zu Boden, das Gesicht in den Armen vergraben, um sich zu schützen. So blieben sie endlose Minuten liegen und schrien wie die Verrückten, während der widerliche Tornado dieser Alptraumwesen über sie hinwegbrauste, die halb Vögel, halb Ratten waren und deren Mist Ekel erregend stank. Schließlich legte sich der Wahnsinn wie von selbst. Da krochen sie außer Reichweite und horchten ängstlich auf den leisesten Flügelschlag, sie entfernten sich zunächst ganz behutsam, dann immer schneller. Uther war außer Atem und wollte anhalten, aber Frehir trieb sie voran.
    »Wir müssen weiter, wir sind beinahe draußen!«
    »Du lieber Himmel, woher willst du das denn wissen?«, jammerte Uther.
    »Die Fledermäuse ernähren sich nicht von Steinen. Sie fliegen nachts zum Jagen hinaus und schlafen tagsüber. Wir sind so gut wie draußen!«
    »Na, dann geh«, murmelte Uther.
    Der Barbar fluchte und stieß ihn aus dem Weg. Das Geräusch seiner Schritte im Stollen wurde rasch leiser. Uther ließ sich auf den Boden fallen, schloss die Augen und lehnte sich gegen die Felswand.
     
    »Diese entsetzlichen Tiere hatte ich noch nie gesehen«, murmelte Lliane neben ihm. »Frehir schien sie aber zu kennen ... Wenn du bleibst, bleibe ich hier mit dir. Aber wenn wir bleiben, ist das der Tod ...«
    Uther erahnte ihre Umrisse, konnte aber ihre Gesichtszüge nicht erkennen. Er streichelte ihre Wange und zog sie sanft zu sich, bis ihre Lippen sich berührten. Und wieder, wie schon in Gwragedd Annwh bei ihrem ersten Kuss, öffnete die Königin den Mund und schob ihre Zunge zwischen die Lippen des Ritters. Damals wussten die Menschen, wie gesagt, nicht in dieser Art zu küssen. Es waren die Elfen, die es ihnen beibrachten, wie übrigens alles, was in der körperlichen Liebe zärtlich oder erhaben ist. Dabei dachten die Elfen, sie wüssten nicht, was Liebe sei. Leidenschaft, Liebesschwüre und Liebeskummer existierten nicht bei ihnen. Die eifischen Stämme lebten wie Rudel wilder Tiere. Und nichts, was die Bindungen der Gruppe lockern oder an ihre Stelle treten konnte, hatte im Herzen der Elfen Platz. Nicht einmal die Liebe.
    Sie löste sich von Uther und legte ihre flache Hand auf die Stirn des Ritters. »Eorl frofur debre ...«
    »Nein.«
    Der junge Mann ergriff die Hand der Königin, drückte einen Kuss darauf und streichelte dann nochmals ihre Wange. »Spare deine Magie, meine Königin ... Die der Menschen ist doch stärker.«
    Angesichts ihrer ungläubigen Miene musste er lächeln, und dann zögerte er etwas, bevor er das Wort aussprach.
    »Die Liebe ...«
    Diesmal wandte Lliane den Blick ab.
    »Weißt du, was man bei uns sagt?«, flüsterte Uther. »Man sagt, die Liebe verleiht Flügel.«
    Sie hob die Brauen, runzelte sie und legte den Kopf zur Seite, um den jungen Mann genau zu betrachten.
    »Das ist ein Bild ...«
    Er stand auf und hielt ihr die Hand hin, um ihr zu helfen. Arm in Arm folgten sie den Spuren des Barbaren.
     
    Frehir hatte Recht gehabt.
    Bald wich die Dunkelheit der Dämmerung, die Dämmerung wurde von Zwielicht abgelöst, und dann traten sie ans Tageslicht hinaus, das sie trotz des bedeckten Wetters blendete.
    Sie hatten es geschafft.
    Immer noch Arm in Arm und einer den ändern stützend, liefen sie einige Schritte bis zum Unterholz am Rand der Hügel und fielen dann auf das bereifte Gras nieder, atmeten gierig den Duft nach Erde und Moos ein, der der Duft des Lebens selbst war. So blieben sie lange liegen, bis ihre Augen sich ans Tageslicht gewöhnt hatten, dann schleppte Uther sich bis zu einem Holunderstrauch, der voller dicker roter und süßer Beeren hing, riss mit beiden Händen Früchte und Laub ab und verschlang alles wie ein wildes Tier.
    Sehr viel später, als das Tageslicht bereits nachließ, ohne dass die Sonne irgendwann hervorgekommen wäre, vermochten sie endlich aufzustehen,
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