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Die Elefanten Hannibals

Die Elefanten Hannibals

Titel: Die Elefanten Hannibals
Autoren: Alexander Nemirowski
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als die Flammen aus dem numidischen Lager züngelten, kam er noch einmal zur Besinnung.
    „Feuer!" schrie er gellend. „Feuer! Das ist mein Feuer! Mein Feuer! Publius, hörst du mich?"
    Auch die Karthager glaubten anfangs, der Brand im numidischen Lager wäre durch Unvorsichtigkeit entstanden. Auch sie kamen nicht auf den Gedanken, daß es Brandstiftung war. Als sie sahen, daß es immer weiter um sich griff, wollten sie ihren Verbündeten mit Eimern und Äxten zu Hilfe kommen. Sofort fielen die Römer über die Waffenlosen her, mähten sie nieder und warfen jenen, denen die Flucht gelang, brennende Fackeln nach, so daß das Feuer auch auf das karthagische Lager übergriff.
    Brüllend rasten die Elefanten aus den brennenden Zelten, zertrampelten die eigenen Leute und vergrößerten das Entsetzen. 
    Gegen Morgen ritten mehrere Männer in das ausgebrannte karthagische Lager ein. An ihren Rüstungen waren sie als Römer zu erkennen. Vor dem hohen Kreuz mit der unbeweglichen Gestalt hielten sie an. 
    Publius sprang vom Pferd und blickte zu Kylon auf. Es kam ihm seltsam vor, daß dieser Mund kein einziges Wort mehr sprechen würde. Kylon war ins Reich der Schatten eingegangen und hatte alle Geheimnisse mit sich genommen. Er brauchte für sein Schweigen nicht mehr bezahlt zu werden. Niemand würde den Namen des Mannes erfahren, dem Rom seinen großen Sieg verdankte.
    Vierzigtausend Tote, fünftausend Gefangene - das war der Preis, den die Feinde für ihre Sorglosigkeit hatten bezahlen müssen. 
    Publius wischte sich die Augen.
    „Der Rauch!" sagte er hastig auf die verwunderten Blicke seines Gefolges und wies auf die schwelende Brandstätte.
     
     
Wiedersehen
     
    Tagelang umkreiste Sophonisbe das römische Lager im Schlangental aus der Ferne. Sie hielt sich im Schilf und in überwucherten Gräben versteckt. In ihren weitaufgerissenen Augen tanzten die Flammen der Scheiterhaufen. Die Römer verbrannten die Toten. Das Geknister der Flammen wurde von Hufgetrappel und den Lauten einer fremden Sprache übertönt.
    Sophonisbe wußte nicht, wohin sie ihre Schritte lenken sollte. Ihr Vaterhaus war fern, eine Rückkehr dorthin war ebensowenig möglich wie in die Vergangenheit. Syphax war von den Römern gefangengenommen worden, Masinissa stand auf römischer Seite, seine Reiter kämpften Schulter an Schulter mit den Römern. Wo hielt er sich jetzt auf? Im römischen Lager, das von Posten bewacht wurde? Oder in Cirta, der ehemaligen Hauptstadt von Syphax' Reich, die jetzt Masinissa gehörte? 
    Will er mich nach alldem, was geschehen ist, überhaupt wiedersehen? Wiederholt führte Sophonisbe den Ring mit dem Gift zum Munde. Syphax hatte ihn ihr gegeben, während sie aus dem brennenden Lager flohen. Es war sein letztes Geschenk gewesen. Der Ring würde ihr helfen, der Gefangennahme und der Sklaverei zu entgehen. Sie wußte genau, welches Schicksal eine gefangene Frau erwartete. 
    Nein, für das Gift ist es noch zu früh, sagte sie sich. Zuvor will ich versuchen, Masinissa noch ein letztes Mal zu sehen. Ich muß ihm doch sagen, daß ich keine Schuld trage, daß ich getäuscht worden bin. 
    Es dunkelte. Das Antlitz der Tanit beschien in Gestalt des Mondes mit schwermütigem Licht die nach Cirta führende Straße. Der Feuerschein war erloschen, aber noch immer herrschten Verzweiflung und Grauen in Sophonisbes Herz. Plötzlich hörte sie Hufgetrappel. Sie hob den Kopf und lauschte. Eine innere Stimme sagte ihr: Das ist er! Und dann erkannte sie ein schneeweißes Pferd.
    Masinissa sprang aus dem Sattel und eilte ihr entgegen. Aber war das wirklich Sophonisbe? Ihre Augen blickten trübe, und ihre Stimme, die einst wie das Geriesel eines klaren Bergbachs geklungen hatte, war jetzt tonlos und heiser.
    „Liebster!" flüsterte Sophonisbe. „Liebster, du lebst!" 
    „In langen Feldzügen hat mein Merges seine Hufe abgewetzt", antwortete Masinissa. „In Gebirgen und Wüsten suchte ich den Stern, aber der Stern fiel in Syphax' Zelt, ohne daß er einen Schritt zu tun brauchte." 
    „Liebster, man hat mich belogen, ich wußte nicht..." 
    „Lug und Trug!" fiel ihr Masinissa ins Wort. „Ja, das sind die Säulen, auf denen dein Haus und deine Vaterstadt ruhen. Doch alles, was auf Lug und Trug gegründet ist, stürzt eines Tages ein. Nur die Wahrheit bleibt bestehen. Ich weiß, du bist von Hanno geschickt. Da er mit Syphax' Hilfe keinen Friedensvertrag erlangen konnte, will er es jetzt mit der meinen versuchen."
    „Nein!" rief
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