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Die Elben - 02 - Die Könige der Elben

Die Elben - 02 - Die Könige der Elben

Titel: Die Elben - 02 - Die Könige der Elben
Autoren: Alfred Bekker
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Stadtzentrum niederreißen lassen. Nach fünfzig Jahren Bauzeit hatte sein Sohn Krakoon II. schließlich dort seine Residenz nehmen können. Er war es auch, der für die Herzöge von Aratan künftig den Königstitel beanspruchte.
    In Demut vor König Keandir von Elbiana hatten sich die Rhagar-Herrscher von Aratan einst »Herzog« genannt, so wie die Regenten der von Elben bewohnten Nachbarländer Elbara und Nuranien. Aber die Zeiten, da man die Elben als Götter betrachtete, da die Rhagar ihnen nacheiferten und sogar den hellen Klang ihrer Namen nachahmten, waren nur noch Legende, und so war die Krönung von Krakoon II. zum ersten aratanischen König nur folgerichtig gewesen.
    Der Mann, der in dieser Nacht sein Pferd zwischen den bis zu vier Stockwerken hohen Häuserfronten entlanglenkte, trug den Mantel eng um die Schultern. Das Wasser troff von der typischen tellerförmigen Lederkappe eines Söldners aus Norien. Erst vor wenigen Jahrzehnten hatte sich die südwestlich an Aratan angrenzende Rhagar-Provinz Norien für unabhängig erklärt und stand seitdem nicht mehr unter der Herrschaft des aratanischen Königs.
    Trotzdem vertrauten die Herrscher Aratans im Hinblick auf ihre persönliche Sicherheit nach wie vor eher einer Garde von Noriern als ihren eigenen Landsleuten, was durchaus seinen Grund hatte: Zahlreiche Volksaufstände und Adelsrevolten hatten die Könige Aratans gelehrt, dass man sich besser auf die Söldner aus dem Süden verlassen konnte, deren Loyalität einem sicher war, solange sie ihren Sold bekamen – bis ihnen jemand eine höhere Summe bot. Und um Letzteres zu verhindern, hatten die Könige von Aratan alle Mittel in den Händen, konnten sie doch nach Belieben Gesetze erlassen, die in ihrer Konsequenz dafür sorgten, dass der aratanische Adel zu arm blieb, um sich der Dienste der Norischen Garde versichern zu können.
    Der Norier zügelte sein Pferd und ließ den Blick schweifen.
    Bei Todesstrafe war es einem Aratanier verboten, die Lederkappe eines norischen Gardisten zu tragen. Die Spitze eines schmalen Langschwerts ragte unter dem Mantel hervor, geschmiedet aus norischem Stahl. Schon früh hatten die Rhagar aus Norien versucht, ihren Stahl so hart und geschmeidig wie Elbenstahl zu machen, und die Form der norischen Schwerter kopierte die elegante Form jener Waffen, wie sie traditionellerweise von den Elben benutzt wurden.
    Auch wenn sie weit davon entfernt waren, deren Perfektion zu erreichen, so waren ihre Schwerter doch sowohl von der Form als auch vom Material her besser, härter und leichter zu handhaben als jede andere von Rhagar-Schmieden geschaffene Waffe.
    Einen Monat Urlaub vom Dienst in der Königlichen Garde hatte dieser Norier hinter sich. Ein Urlaub, der ihm aus besonderem Anlass gewährt worden war, hatte ihn in die norische Heimat geführt, um am Begräbnis seines Vaters teilnehmen zu können. Seit Generationen dienten die Vorfahren des Noriers den Herrschern von Aratan, schon in jener Zeit, als sich die Herrscher Aratans noch »Herzöge«
    genannt hatten und dem Eisenfürst Comrrm auf dessen Eroberungszug gegen die Elben gefolgt waren. Nach seiner aktiven Dienstzeit war sein Vater in die Heimat zurückgekehrt, wo er sich mit seiner Abfindung als Gardist in der Nähe der Küstenstadt Nor niederließ, die der ganzen Provinz ihren Namen gegeben hatte. Den Hof hatte der jüngere Bruder des Noriers geerbt, während ihm selbst etwas hinterlassen worden war, über dessen Besitz er inzwischen schon gar nicht mehr besonders glücklich war.
    Der Norier griff unter seinen Mantel. Erneut ließ er den Blick schweifen. Dunkelheit herrschte in den zahllosen Türnischen.
    Aus manchen Häusern drangen Stimmen. Musik ertönte aus Tavernen. Eines der Fenster fiel ihm auf. Es war offen –
    während überall dort, wo es Fensterläden gab, diese aufgrund der Witterung verschlossen waren.
    Eine Bewegung in der Dunkelheit warnte ihn.
    In den Jahren als Gardist hatte er einen untrüglichen Instinkt für Gefahr entwickelt. Er duckte sich, obgleich dazu kein fassbarer Anlass bestand. Etwas schnellte durch die Luft.
    Ein Pfeil jagte dicht über ihn hinweg. Ein zweiter Pfeil schoss durch die Luft.
    Sein Pferd stellte sich wiehernd auf die Hinterbeine. Der Norier riss einen mit Dornen aus norischem Stahl bestückten Wurfring unter dem Mantel hervor und schleuderte ihn dorthin, wo er den Schatten gesehen hatte.
    Ein röchelnder Laut drang durch die Nacht, der nichts anderes als ein unterdrückter Todesschrei
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