Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die ehrenwerten Diebe

Die ehrenwerten Diebe

Titel: Die ehrenwerten Diebe
Autoren: Will Berthold
Vom Netzwerk:
»Damit geschehen die Käufe doch unauffälliger.«
    »Und wie geht die Weisung hinaus?«
    »Komische Frage«, erwiderte Eva. »Über Fernschreiber natürlich.«
    »Dann werden wir heute unser Experiment starten«, sagte ich.
    Es war kurz nach neun Uhr, noch früh am Tag. Ich brachte Eva zum Flugplatz. Sie erhielt den letzten Platz in der Maschine nach Frankfurt.
    Wir hatten alle Einzelheiten der Falle abgesprochen, die wir aufstellten.
    Es gab nur sie und mich als Mitwisser.
    Dann ging ich zu dem Münchener Makler der Fortuna-Invest und eröffnete ihm meinen Plan.
    Er betrachtete mich wie einen Verrückten, der die Zwangsjacke abgestreift hat.
    »Diesen Zirkus verstehe ich nicht«, sagte er, »und wenn diese Sitten erst einmal einreißen …« Er drehte und wendete die Vollmacht, die ich mir von Jürgen Tümmler vorsorglich hatte geben lassen. »Ist Herr Tümmler zu erreichen?« fragte er.
    »Bitte«, antwortete ich und gab ihm die Krankenhaus-Nummer.
    Begeistert war der Mann noch immer nicht, aber im Interesse der langjährigen Geschäftsverbindung gab er schließlich nach.
    Ich jagte zum Fortuna-Geschäftssitz zurück und schloß mich mit Wankel ein. Zunächst hatte ich nichts weiter zu tun als auf die Uhr zu sehen und auf Evas Anruf zu warten.
    Er erreichte mich auf die Minute pünktlich.
    »In Frankfurt ist alles in Ordnung«, sagte sie. »Ich schaffe gerade noch den Weiterflug nach Düsseldorf.«
    Kurz vor Börseneröffnung übergab ich Wankel meine Vollmacht.
    »Herr Tümmler möchte, daß Sie sich mit unseren Maklern in München, Frankfurt und Köln in Verbindung setzen, um vorsichtig Beta-Aktien aufzukaufen.«
    »Aber das ist doch …«
    »… eine Anweisung«, erwiderte ich.
    Wir saßen beide neben dem Fernschreiber.
    Eine Sekretärin tickerte die Orders durch. Wir waren an die Direktübertragung aus den Börsenräumen angeschlossen und konnten den Verlauf der Kurse auf dem Bildschirm verfolgen.
    Schon ein paar Minuten nach unserer Order begannen die Beta-Kurse zu steigen.
    »Das ist ganz natürlich«, erläuterte Wankel. »Da haben ein paar Leute spitzgekriegt, daß wir kaufen, und haben sich angehängt. Ich habe Ihnen doch gleich gesagt, daß es ein Blödsinn ist, gleich an drei Plätzen einzusteigen.«
    Die Beta-Aktien kletterten weiter. Sechs Punkte, neun Punkte. Bei Börsenschluss 23 Punkte.
    Wie Wankel richtig bemerkt hatte, ein ganz natürlicher Vorgang.
    Und trotzdem die Aufklärung des Falls.
    Ich hatte nämlich, unterstützt von Eva, die den gleichen Auftrag hatte, unseren Maklern Anweisung gegeben, alle Orders von heute zu ignorieren.
    Nicht wir hatten die Kurse hochgejagt, sondern die Firma Vita-Fonds, die in gewohnter Weise versucht hatte, eine Transaktion zu durchkreuzen.
    Der Rest war ganz einfach.
    Anruf bei der Bundespost. Binnen weniger Minuten legte sich die Verwirrung von Monaten. Das Rätsel konnte auf die denkbar einfachste Weise gelöst werden: Unbekannte Täter hatten im Auftrag einer gewissenlosen Konkurrenzfirma einfach die Fernschreibleitung angezapft und die Anweisungen an die Börsenmakler mitgehört.
    Der Grundstock zur Sanierung seiner Firma war gelegt, und das war die beste Medizin für Jürgen Tümmler.
    »Sie können sich gar nicht vorstellen, wie froh ich bin, daß dieser Spuk vorbei ist«, beteuerte er immer wieder.
    Ich brachte Eva im Wagen nach Hause. Jürgen, ihr Mann, ein vielbeschäftigter Anwalt, machte Überstunden.
    »Besuchst du uns einmal?« fragte Eva.
    »Mit größtem Vergnügen«, antwortete ich.
    »Und vergiß nicht, Mike«, verabschiedete sie sich lachend. »Ich möcht' auf deiner Hochzeit tanzen.«
    Fünf Tage trennten mich noch von Cora.
    Aber der Anruf mitten in der Nacht kam nicht von ihr, sondern von Evelyn. Ich lehnte ihren Hilferuf für eine befreundete Werbefirma zunächst ab.
    Aber sie brachte es fertig, mich nach Düsseldorf zu locken.

11
    Alle waren unschuldig, doch einer mußte der Schurke sein. In einem solchen Fall bleibt mir nach der Faustregel meines Fachs nichts anderes übrig, als alle Beteiligten zu verdächtigen, vom jüngsten Stift bis zum langjährigen Inhaber. Meistens protestieren die Betroffenen heftig gegen ein solches Vorgehen, aber Roland Raschke, Senior-Teilhaber einer großen Düsseldorfer Werbefirma, war durch die Ereignisse viel zu abgeschlafft, um noch ernsthaften Widerstand zu leisten.
    »Wenn sich diese Schweinereien wiederholen«, sagte er, »dann kann ich mein Lebenswerk glatt durch den Müllschlucker werfen.« Er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher