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Die ehrenwerten Diebe

Die ehrenwerten Diebe

Titel: Die ehrenwerten Diebe
Autoren: Will Berthold
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insofern Glück, als die SIRIUS-Werke, bei denen Cora hauptberuflich tätig war, zu seinen Kunden gehörten, so daß uns deren Werbeabteilung ein sofortiges Entree verschaffte.
    Der Hausherr, ein Gentleman in Grau, gehörte zu den Managern, die keine Zeit haben, er nahm sie sich, als hätte er nur auf uns gewartet und mindestens den ganzen Nachmittag für das Gespräch reserviert.
    »Was kann ich für Sie tun?« fragte er und bot Kaffee, Zigaretten und Cognac an. »Sind Sie identisch mit dem bekannten Experten für …«
    »Ja«, sagte ich.
    »Hat dieses Gespräch mit Ihrem Fach zu tun?«
    »Ich fürchte«, erwiderte ich. »Aber es ist völlig vertraulich.«
    »In meinem eigensten Interesse«, entgegnete der Werbemann.
    »Was halten Sie von der RAPLA-Werbung?« begann ich.
    »Gute Leute«, entgegnete Willmann sofort. »Leute mit Pfiff. Das gleiche gilt auch für uns, deshalb sind wir eigentlich direkte Marktrivalen.«
    »Und Sie haben ihnen gerade den Zigaretten-Etat weggeschnappt.«
    »Das stimmt«, versetzte er und lächelte wie die satte Katze mit der Maus im Leib. »Und zwar im letzten Moment.«
    »Zufällig?« fragte ich.
    »Wir haben lange an dem Konzept gearbeitet.«
    »Auch mit der Idee KOMPONIST?«
    »Nein«, antwortete Willmann, »die ist uns im letzten Moment gekommen.«
    »Ihr Einfall?«
    »Nein«, versetzte der Werbemann. »Stimmt was nicht?« fragte er dann besorgt.
    »Allerdings«, entgegnete ich. »Sigi Plaschke hatte den gleichen Einfall, und zwar nachweisbar vor Ihnen.«
    »Moment mal«, sagte Willmann und ließ seinen Art-Director kommen. »Herr Selbmann«, stellte er vor. »Mein Vertrauter. Wir können offen sprechen.«
    »Wer ist auf den Slogan KOMPONIEREN SIE IHRE G ESUNDHEIT gekommen?«
    »Ein gutklingender Nonsens«, schweifte der Mann ab.
    »Wer?« fragte ich noch einmal.
    Selbmann wurde ein wenig verlegen. »Wissen Sie«, begann er umständlich. »Normalerweise werden alle Ideen, die dieses Haus verlassen, auch in diesem Haus geboren. Aber es gibt auch Ausnahmen, selten, aber es gibt sie. Wir hatten alles vorbereitet, aber es fehlte uns noch der Pep. Und gerade im richtigen Moment besuchte uns ein freiberuflicher Werbemann und bot ihn uns an.«
    »Am letzten Freitag, nicht?«
    »Ja.«
    »Sie haben den Slogan von einem Mann gekauft, der damit hausieren ging.«
    »Er will auch leben«, erwiderte Selbmann. »Und er versteht was von unserem Fach.«
    »Und er hat auch einen Namen.«
    Der Art-Director sah Gregor Willmann fragend an.
    Der Geschäftsführer nickte grimmig.
    »Franz-Ferdinand Maier«, antwortete er. »War früher bei THOMPSON und hat sich inzwischen selbständig gemacht.« Er gab uns Maiers Adresse.
    »Sie haben uns sehr geholfen«, sagte ich. »Besten Dank.«
    Gregor Willmann schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht glauben, daß hier etwas faul ist«, sagte er. »Aber wenn es sich um ein Plagiat handelt, geben wir den Auftrag sofort zurück und entschuldigen uns für unsere unbeabsichtigte Werkspionage.«
    »Das ist sehr fair«, erwiderte ich. »Es wird auch kein Schatten auf Sie fallen.«
    Natürlich wäre es ein leichtes gewesen, uns diesen Maier zu greifen, aber er würde einfach behaupten, daß eine Duplizität der Idee vorläge, und wir könnten ihm so lange nichts anhaben, als wir ihm den geistigen Diebstahl nicht nachwiesen. Das bedeutete, daß wir noch einmal von vorn anfangen konnten – in dem sicheren Wissen, daß wir keinen Schritt weiterkämen, wenn es uns nicht gelänge, die Querverbindung bloßzulegen, die zwischen der RAPLA-Werbung und dem dubiosen Slogan-Händler bestehen mußte. Ich ging den letzten Donnerstag noch einmal durch: Ich sah den Junior vor mir, in seinem himmelblauen Anzug, sah seine tänzelnden Bewegungen, seinen albernen Stolz. In meinem Bewußtsein klingelte es, nicht sehr laut, entfernt noch.
    »Kann ich Ihr Tagebuch noch einmal sehen?« fragte ich den verstörten Senior Raschke.
    Ich verglich die Eintragungen – und kam der Lösung näher.
    »Mein lieber Sigi«, sagte ich. »Nun kommt was Furchtbares: Darf ich an Ihren Kleiderschrank?«
    Er geleitete mich. Ich griff nach dem Himmelblauen. Und dann nach einer Schere.
    »Sie sind wohl wahnsinnig!« rief er, als ich das Futter auftrennte.
    »Schaden wird ersetzt«, versprach ich.
    Und dann fand ich, was ich suchte: ein Mini-Mikrofon, auch Wanze genannt, an das Futter genäht wie ein Reserveknopf. Ich durchstöberte die Anzüge beider Teilhaber und fand ein ganzes Arsenal von winzigen und
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