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Die ehrenwerten Diebe

Die ehrenwerten Diebe

Titel: Die ehrenwerten Diebe
Autoren: Will Berthold
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einen neuen Namen, feine Papiere, erstklassige Referenzen.« Der Ministerialrat bot uns Cognac und Kaffee an. »Kein Mensch – nicht einmal die Kriminalbeamten – erfährt Ihre wahre Identität.« Er lächelte ein wenig schadenfroh. »Ein ganz guter Test, nach beiden Seiten, nicht?«
    »Schön«, erwiderte ich. »Ich fasse also zusammen: fünf potentielle Täter. Auf keinem lastet auch nur der Schatten eines Verdachts. Keine weiteren Mitwisser. Elektronische Spionage laut Feststellung des Bundeskriminalamts ausgeschlossen. Trotzdem Verrat am laufenden Band.« Ich zündete mir eine Zigarette an. »Stimmt das?«
    »Exakt«, erwiderte Siebener.
    »Wann erhalte ich die Papiere?«
    »Wenn Sie wollen, heute noch«, erwiderte er.
    »Stellen Sie solche bitte auch für meine Frau aus«, bat ich.
    »Aber Sie sind doch Junggeselle«, wandte er überrascht ein.
    »Nicht bei diesem Einsatz! Übrigens wird mein Telefon seit heute angezapft«, stellte ich fest. »Glauben Sie, daß es mit dieser Sache zusammenhängt?«
    »Das möchte ich nicht annehmen«, entgegnete der Ministerialrat gedehnt. »Aber das werden wir gleich mal feststellen.«
    Ich wußte, daß er Postfahndung, Bundeskriminalamt und, falls nötig, auch noch den Verfassungsschutz hinter dem Mann herhetzen würde, der seine Ohren in die falsche Hörmuschel hielt.
    Ein wenig war ich schon gespannt, wie meine neue Frau aussehen würde, auch wenn es im Schlafwagenzug von München nach Hamburg keine Hochzeitsnacht geben könnte.
    Ich wechselte bei jedem Fall meine Mitarbeiter aus, und dabei bemühte ich ziemlich regelmäßig den bekannten Fachjuristen Dr. Georg Brettner.
    Er war ein Freund nach Maß. Ein erfolgreicher Patentanwalt, kein Papierwurm, sondern ein exzellenter Praktiker. Deshalb beschäftigte er eine Reihe von Leuten für Aufträge, wie sie nicht jeden Tag in einer Anwaltskanzlei vorkommen.
    »Ich brauche eine Frau«, hatte ich am Telefon verlangt.
    Das Gespräch lief über Verzerrer, ein dritter konnte es im Klartext nicht mithören. »Heute noch. Für etwa eine Woche.«
    »Und hübsch soll sie sein?« fragte mich Georg.
    »Wenn möglich«, antwortete ich. »Aber viel wichtiger wäre, daß sie intelligent ist.«
    »Gut«, erwiderte der Patentanwalt. »Ich schick' dir mein bestes Stück heute Abend direkt an den Schlafwagen.«
    Abteil 1 und 2 waren für Martin und Helga Bauer gebucht.
    Ich gab dem Schlafwagenschaffner meine Fahrkarte und beantwortete seinen fragenden Blick: »Meine Frau kommt gleich. Sie kauft nur noch ein paar Zeitschriften.«
    Ich sah einer hübschen großen Blondine entgegen, stellte fest, daß sie auf Abteil 1 zuging.
    »Tag, Liebling«, begrüßte und küßte ich sie. »Du kannst ja sogar pünktlich sein.«
    Wir schlossen die Türen, lachten lauthals und musterten uns ausgiebig. Wir fanden offensichtlich Gefallen aneinander. Das besagte persönlich gar nichts, war aber für die Auftrag nicht so unwichtig.
    »Was hat Ihnen Georg über Ihren Einsatz gesagt?« fragte ich.
    »Nur daß ich Ihre Frau bin.«
    »Gratuliere«, sagte ich lachend. »Wird man mir eine so junge und hübsche Frau abnehmen?«
    »Das ist doch zur Zeit die große Mode«, erwiderte sie lachend.
    Der Schaffner klopfte an die Tür.
    Ich setzte mich rasch neben Helga Bauer, alias Eva Steiner, rückte wie erschrocken ein wenig von ihr ab und sah zu, wie der Mann die bauchige Flasche Blauburgunder entkorkte.
    »Prost, Helga«, sagte ich, als er gegangen war, »ist dir klar, daß wir uns duzen müssen?«
    »Aber ja.«
    »Arbeitest du schon lange für Dr. Brettner?«
    »Nicht in dieser Weise«, erwiderte sie. »Eigentlich bin ich Referendarin. Keine Eltern mehr. Während meines Studiums war ich gelegentlich Babysitter. Jetzt versuch ich mich mitunter auch als Gelegenheits-Mannequin.«
    »Sicher mit Erfolg«, erwiderte ich. »Wir brauchen eine Legende: warum hast du mich geheiratet?«
    Sie sah mich an, als betrachte sie mich zum ersten Mal.
    »Zwei Drittel Liebe«, erklärte sie lapidar, »ein Drittel Geld.«
    »Einverstanden«, stimmte ich zu.
    Dann leerten wir eine Pulle Rotwein so rasch, als müßten wir uns Mut für die Nacht antrinken.
    Jeder hatte sein eigenes Abteil.
    Die Verbindungstür stand offen.
    Ich lag rauchend auf meinem Bett und hörte, wie sich meine angebliche Frau nebenan auszog. So verfänglich die Situation schien, schließlich war ich nur beruflich mit ihr verheiratet. Um diese Feststellung nebst Konsequenz kam ich nicht herum, aber ich war ein Mann, Adams
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