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Die ehrenwerten Diebe

Die ehrenwerten Diebe

Titel: Die ehrenwerten Diebe
Autoren: Will Berthold
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Herr Fabian«, begrüßte mich der Spitzenmanager. Er war Schwergewicht, nicht nur im Berufsleben. Er sah aus wie ein Mann, der über dem Erfolg Herz und Kreislauf vergisst. »Ich wollte mich schon vor drei Tagen mit Ihnen in Verbindung setzen, aber Paris ist mir dazwischengekommen.«
    »Einen Moment, bitte«, unterbrach ich ihn, sah mich um und schaltete im hoteleigenen Radio flotte Musik ein: Hätte es Färber heute morgen nicht versäumt, wäre ich mit leeren Händen hierher gekommen.
    Der Generaldirektor betrachtete mich verständnislos. Sicher verstand der Chef des FERWAG-Konzerns mehr von Produktion, Marktanalyse und Unternehmensführung als von der modernen Seuche Industriespionage.
    »Ich habe das alles für Hirngespinste gehalten«, begann er. »Aber gestern Abend sind irgendwelche Banditen in unsere Hauptverwaltung eingedrungen, haben den Nachtwächter niedergeschossen und den Tresor gesprengt.« Außer Atem setzte der Manager hinzu: »Wir sehen alle schon Gespenster.«
    Es war verständlich. Die neu entwickelte Ölsonde (SL) war eine Sensation auf dem Weltmarkt. In jahrelanger Arbeit hatte die Firma sie entwickelt. Es war eine komplizierte technische Geschichte, aber man konnte sie mit der Feststellung zusammenfassen, daß sie die kostspieligen Ölschürfungen um ein rundes Drittel verbilligen würde.
    Es war nicht nur eine großartige, sondern eine zeitgemäße Innovation. Die Energiekrise beutelte die Weltwirtschaft. Erdöl wurde immer teurer und rarer. Es war ein Gebot der Stunde, neue Quellen zu erschließen, wie zum Beispiel die Engländer und Norweger in der Nordsee. Sie taten es mit ungeheurem Aufwand; wenn man ihn tatsächlich um ein Drittel verringern könnte, wären die Milliarden wiedergewonnen, die die Ölverteuerung verschlang.
    Die amerikanischen Olmultis hatten längst großzügige Offerten gemacht; aber mit EWG-Rückendeckung aus Brüssel wollten die FERWAG und Frommleben die revolutionäre Neuerung nicht verkaufen, sondern nur vermieten. Sie sollte allen Interessenten zugute kommen, zum Nutzen des Verbrauchers und zum Profit der Erfinderin.
    Seit einigen Wochen jagten Unbekannte hinter der SL-Sonde her. Der Konzern hatte längst die Polizei eingeschaltet. Vergeblich.
    »Und der Eindruck gestern?«
    »Die Burschen haben eigentlich nur bedeutungsloses Zeug ergaunert«, erklärte der Generaldirektor. »Wir haben alle Pläne und die Patentschrift auf Anraten der Kriminalpolizei in einem Banktresor deponiert. Ich wollte Sie auf den Rat des Ministerialrats Siebener hin schon vor drei Tagen aufsuchen …«
    »Wer wußte davon?« unterbrach ich ihn.
    »Meine Sekretärin.«
    »Wer noch?«
    Der Generaldirektor überlegte angestrengt: »Dr. Ott, mein persönlicher Referent.«
    »Beide verlässlich?« fragte ich.
    »Fräulein Hübner ist schon seit einundzwanzig Jahren bei uns«, erwiderte der Generaldirektor gereizt.
    »Und Dr. Ott?«
    »Ein erster Mann«, entgegnete Frommleben. »Ich habe ihn selbst von der Universität geholt. Sein einziges Laster ist der Ehrgeiz.« Überzeugt setzte er hinzu: »Für beide würde ich meine Hände ins Feuer legen.«
    Es war zum Glück nur eine Redensart; der FERWAG-Chair-man hätte sich die gepflegten Hände garantiert verbrannt. Ich schaltete das Radio etwas leiser und entnahm meiner Aktentasche ein Mini-Tonbandgerät. Ich hatte es etwas ungenau zurückgespult, aber deutlich sagte eine blecherne Stimme: »… direktor will sich heute mit ihm in Verbindung setzen … Heute Vormittag noch.«
    Ich brauchte Frommleben nur anzusehen: Zuerst drohten die Augen aus seinem Kopf zu quellen, dabei stieg sichtbar sein Blutdruck.
    »Aber das ist doch … das ist …«
    »Ihr famoser Herr Dr. Ott«, erwiderte ich: »Vermute ich richtig?«
    Er schwieg betroffen.
    »Trau schau wem«, setzte ich hinzu.
    Dann sprach ich mit dem ersten Mann des Misch-Konzerns ab, wie wir die Laus im eigenen Pelz unschädlich machen könnten.
    Wir bauten eine erstklassige Falle auf. Geld spielte keine Rolle. Ich schöpfte aus dem vollen. Zugleich setzte Kriminalkommissar Niebier, nach Überwindung ersten Misstrauens, seine besten Leute auf Dr. Heinrich Ott an. Schon bald wußten wir, daß der Ungetreue außer seinem Ehrgeiz doch ein zweites Laster hatte: Es hieß Leila, war 27 Jahre alt, Tochter eines ägyptischen Vaters und einer deutschen Mutter, im Libanon aufgewachsen.
    Überraschend trommelte Frommleben die Herren seines Vorstandes zusammen. Außer den leitenden FERWAG-Direktoren waren nur
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