Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die ehrenwerten Diebe

Die ehrenwerten Diebe

Titel: Die ehrenwerten Diebe
Autoren: Will Berthold
Vom Netzwerk:
ich, »aber Weihnachten ist öfter.«
    Wir hatten schon oft und nicht erfolglos zusammengearbeitet, wiewohl seine Prinzipien mit meinen Praktiken haderten.
    Färbers sportive Nachmittagsbeschäftigung war eine erstklassige Gelegenheit, ihn unauffällig kennen zu lernen. Vielleicht sollte auch ich einmal wieder schwimmen, ohne dabei baden zu gehen.
    Er vollbrachte gerade einen mustergültigen Kopfsprung – ich erkannte ihn sofort; er war der Typ, der auf alles flog, was sich bewegte. Hübsche Badenixen führten ihre Reize vor, und die Herren in den Jahren, die man die besten nennt, weil die besseren vorbei sind, zogen den Bauch ein und sahen verdrossen zu Aldo Färber, der ihnen den Flirt stahl.
    Vielleicht hatte man diesem Kopfspringer auch mein Foto gezeigt, deshalb wollte ich mich nicht über Gebühr sehen lassen, aber Färber hatte nur Augen für die Mädchen, und das zu Recht:
    Ein Rudel gut gewachsener Nixen lächelte und plätscherte, zeigte viel Haut und wenig schlechte Laune. Kein Wunder, daß nicht nur das Wasser hohe Wellen schlug.
    Ich versteckte meinen Kopf hinter einer Zeitung und merkte, daß die Bikini-Mädchen meine Gedanken durcheinander brachten, weil sie mich an Versäumnisse erinnerten.
    Natürlich hatte ich gelegentlich einen Anlauf in das Privatleben unternommen, doch fast immer versperrte mir ein neuer Fall den Reiseweg. Von einem Drei-Wochen-Urlaub auf den Bermudas konnte ich allenfalls träumen wie ein Lottospieler vom Hauptgewinn.
    Einen Auftrag hatte ich gerade mit Glück und Erfolg erledigt, einen zweiten als zu undurchsichtig abgelehnt. Ein dritter war geplatzt, bevor ich mich überhaupt mit ihm befassen konnte: Ein kleines, aber erstklassiges Kamerawerk hatte eine neue Kunststoff-Linse erfunden, ein Weltpatent beantragt und alles auf diese Trumpfkarte gesetzt.
    Bevor das Patent noch erteilt werden konnte, war die Erfindung wie auch immer in falsche Hände gekommen, und Kameras mit Kunststofflinsen aus Billigst-Ländern überschwemmten den Markt.
    Das Kamerawerk war in den Konkurs gegangen, sein Inhaber hatte sich erschossen – und auf einmal haderte ich nicht mehr mit einem Beruf, der mir keine Zeit ließ, die Honorare, die er mir reichlich schenkte, auch auszugeben.
    Aldo Färber stieg aus dem Bassin, schüttelte sich und schlüpfte in einen flauschigen Bademantel. Er ging auf seinen Platz zu und griff sich aus einem hübschen Etui eine Tabakspfeife – und auf einmal wußte ich, wie ich ihm Gleiches mit Gleichem vergelten konnte.
    Er hatte eine Pfeifensammlung in einem prächtigen Futteral untergebracht, weiches Leder, innen gefüttert, offensichtlich sein ständiger Begleiter, wie auch Status-Symbol.
    Ich wartete, bis der Mann wieder mit den Mädchen schäkerte. Dann schob ich mich unauffällig auf seinen Platz vor.
    Mit ein paar Handgriffen hatte ich ein Mini-Mikrofon – letzter Schrei aus Japan, bezogen über Amerika – in seiner Pfeifentasche eingebaut. Dieser fast unsichtbare Spion, eine sogenannte Wanze, war nicht ungefährlich: Wenn man ihn im Privatleben verwendete, würde es bald kein Privatleben mehr geben – aber ich hatte keine Bedenken, etwas Verbotenes zu tun, schließlich war es auch nicht erlaubt gewesen, in mein Haus einzudringen, um eine Abhörvorrichtung an mein Telefon zu installieren.
    Gerade wollte ich mich wieder unauffällig wegschieben, als ich mit Namen angerufen wurde.
    »Tag, Mike«, lächelte mir eine rotblonde Attraktion zu. »Das ist eine Überraschung!«
    »Weiß Gott«, erwiderte ich, hakte Miriam unter, zog sie weg und erinnerte mich, daß ich mich in einem Vertragshotel mehrerer Luftfahrtlinien befand.
    »Wir haben uns ja mindestens zwei Monate nicht gesehen«, begrüßte ich die Stewardess.
    »Zweieinhalb«, verbesserte sie. »Spendierst du mir einen Drink?«
    Wir zogen uns an und gingen an die Bar. Miriam kehrte in Rekordzeit zurück. Ich will nicht behaupten, daß sie angezogen noch hübscher war, aber jedenfalls konnte sie sich auch in Kleidern sehen lassen, zumal in ihrer fliegerblauen Uniform mit dem schrägen Käppi, unter dem eine Flut rotblonder Haare hervorquoll.
    »Fliegst du auf der Überseeroute?« fragte ich sie.
    »Bis vor kurzem«, antwortete Miriam. »Zur Zeit bin ich im Europaverkehr. Weißt du: Hamburg, München, Rom und zurück.«
    Einen Moment lang überlegte ich, ob es nicht besser wäre, diesen dummen Färber bei seinen Kopfsprüngen zu lassen und einfach mit Miriam auszubrechen.
    »Nachdenklich?« fragte sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher