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Die ehrenwerten Diebe

Die ehrenwerten Diebe

Titel: Die ehrenwerten Diebe
Autoren: Will Berthold
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›Koordinierungsstelle für Sicherheitsfragen in der gewerblichen Wirtschaft‹ gebildet worden. Hinter dem Wort-Ungetüm versteckte sich immerhin der Ansatz einer massierten Abwehr mit vier Außenbüros in Stuttgart, Hamburg, Mainz und Essen.
    Es war ein bescheidener Anfang, doch ein Anfang.
    In den USA zum Beispiel beschäftigt die Firma Pinkerton über 5.000 Spezialisten, um ihre Werksgeheimnisse abzuschirmen. Die 400 größten amerikanischen Firmen gehören zu ihrer Klientel. Die Firma Wakkenhut in Miami City unterhält in den USA und in Mittel- und Südamerika 95 Büros. Die Wirtschafts-Detektei verwaltet neun Millionen Dossiers bedrohter Personen oder Anlagen, die auf professionellen Schutz angewiesen sind. In New Yorks Madison Avenue Nummer 274 hat sich der Brain-Trust einer privaten Spionage-Abwehr etabliert. Von dieser Zentrale aus werden 4.500 in Ehren ausgeschiedene FBI-Agenten in den Kampf gegen die ehrenwerten Diebe geschickt.
    Ich rekapitulierte die Zahlen und suchte nach ein paar attraktiven Formulierungen in meinem Vortrag. Es fiel mir nichts mehr ein, und ich überlegte, ob ich mir nicht meine Beine in der Altstadt vertreten sollte, aber für das obergärige Bier war der Tag noch zu minderjährig, und während meiner schöpferischen Pause wirbelte Evelyn herein, das sportive Schmuckstück meiner Bekannten.
    Sie legte den Arm um mich, küßte mich auf beide Wangen.
    »Bist du in festen Händen?« fragte sie.
    »Ja«, erwiderte ich lachend. »In meinen eigenen.«
    »Sieh dich vor«, drohte sie. »Vor allem vor mir.« Evelyn hatte in einer Tageszeitung eine Notiz über meine Ankunft in Düsseldorf gelesen. »Und warum rufst du mich nicht an?«
    »Das wollte ich morgen tun.«
    »Du hättest es gestern erledigen sollen«, versetzte sie. »Zur Strafe gehst du jetzt mit mir auf den Golfplatz.«
    »Aber ich muß doch an meinem Vortrag arbeiten«, wehrte ich mich schwächlich.
    »Unsinn«, entgegnete Evelyn. »Frei sprichst du ohnedies besser.«
    Eigentlich war es ein prächtiger Einfall, mich auf den grünen Parcours entführen zu lassen, zumal von Evelyn. Die Werbetexterin war noch keine 30, sehr weiblich im Aussehen, sehr männlich im Erfolg. Ihre Sinnlichkeit war durch den Verstand gefiltert. Schmales Gesicht, blonde Haare – sie glich einer der Schönheiten auf den Titelseiten, die Leute am Zeitungsstand verführten. Aber sie war nicht aus Papier.
    Evelyn kannte Gott und die Welt, und die Welt besteht in Düsseldorf aus Kohle und Stahl. Sie entstammte selbst einer bekannten Revier-Familie, aber sie hatte mit ihr gebrochen, war ihre eigenen Wege gegangen und hatte es dabei so weit gebracht, daß sie nunmehr sogar von ihrem eigenen Familienkonzern beschäftigt wurde.
    Evelyn konnte einen notorischen Junggesellen wie mich zu der heimlichen Frage verleiten, ob man nicht gelegentlich so ein modernes Mädchen heiraten sollte.
    Aber meine Hochzeiten fanden auf einem anderen Parkett statt …
    Ich hatte viel für Golf und noch mehr für Evelyn übrig, und so fiel es ihr leicht, mich aus dem Hotel zu entführen, und bald saß ich neben ihr. Sie fuhr mit offenem Verdeck, obwohl der Tag recht kühl war. Der Wind spielte mit ihren Haaren, zeichnete zärtlich die Formen ihres Körpers nach. Wir rollten zielstrebig aus der Stadt. Ich genoß den Tag und meine Begleiterin, wiewohl ich hätte wissen müssen, daß bei Menschen meiner Branche womöglich selbst ein exklusives Freizeit-Vergnügen in den nächsten Fall mündet.
    Wir waren da. Evelyn sprang aus dem Wagen. Auf dem Vorplatz stand eine Parade aus Blech und Chrom, schnittige Sportwagen nebst seriösen Familienkutschen und dazwischen ein VW-Käfer älteren Modells: Nur ein Millionär konnte sich hier einen solchen Wagen leisten.
    »Mach dir nichts aus der Arbeitsflucht«, sagte Evelyn und hängte sich bei mir ein. »Ich bin selbst ein Schreibtischdeserteur.«
    »Viel zu tun?« fragte ich.
    »Und ob«, erwiderte sie burschikos. »Im vorigen Jahr habe ich mir so prächtige Slogans für die Butter-Werbung ausgedacht, daß mich in diesem Jahr der Margarine-Verband abgeworben hat.«
    So harmlos und munter begann ein Tag, der kurze Zeit später schon mit einem abscheulichen Verbrechen fortgesetzt werden sollte.
    Golf ist der verzweifelte Versuch, einen ziemlich kleinen Ball in ein etwas größeres Loch zu schlagen, und zwar in Raten. Ich war nicht ganz ungeübt, aber ich sah wohl zu sehr auf das Mädchen und zu wenig auf die Fahne.
    Jedenfalls war mir Evelyn bei Loch
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