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Die Ehre der MacLaughlins (German Edition)

Die Ehre der MacLaughlins (German Edition)

Titel: Die Ehre der MacLaughlins (German Edition)
Autoren: Carrie MacAlistair
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somit das Getöse da draußen aussperrte.
    Aufatmend
sank Màiri auf das zierliche Sofa nieder, dessen zartgelb gestreiften
Seidenbezug Marion im Vorjahr gegen dunkelblauen Samt ausgetauscht hatte.
    „Oh
ja, und er ist unheimlich eitel geworden“, erwiderte Màiri schmunzelnd.
„Übrigens verbietet er mir neuerdings, dass ich ihn ‚Klein-Ewan’ nenne. Er
meint, das sei albern, zumal er mich um Haupteslänge überragt. Dass wir ihn so
nennen, um ihn von deinem Mann zu unterscheiden, interessiert ihn nicht.“
    Joan
kicherte. „Zugegeben, ich kann ihn verstehen. Stell dir vor, er macht einem
jungen Mädchen den Hof und du rufst ihn bei seinem Kindernamen.“
    „Das
meint Mìcheal auch“, sagte Màiri, steckte sich einige gelöste Haare unter die
Haube zurück und verzog das Gesicht. „Dasselbe Problem wird früher oder später
bei unserem Jüngsten auftauchen.“ Sie vermied, an das Jahr 1745 zu denken, das
ihr aller Leben unweigerlich verändern würde. Obwohl Klein-Mìcheal zu jung zum
Kämpfen war und Dòmhnall sich nicht an der Schlacht bei Culloden beteiligen
wollte, so hatte die Familie danach keine Heimat mehr. Die Engländer würden
nach ihrem Sieg die Clans zerschlagen und die Schotten aus den Highlands vertreiben.
Manchmal wünschte sich Màiri, zu den Unwissenden zu gehören, aber sie hatte von
Joan ja unbedingt wissen wollen, was in der Zukunft geschehen würde.
    Joan,
die die düsteren Gedanken ihrer Schwägerin erahnte, setzte ein munteres Lächeln
auf und sagte: „Weißt du noch, als deine Söhne mir damals die ersten gälischen
Wörter beibrachten? Sie fühlten sich so klug, weil sie einer Erwachsenen etwas
lehren konnten.“
    Endlich
lachte Maìri wieder; ihr Lachen war so weich und wohlklingend wie ihre Stimme.
„Und ob ich mich daran erinnere! Abends erzählten mir die Jungs voller Stolz,
dass sie der Braut ihres Onkels Sprachunterricht gaben.“ Sie hielt kurz inne
und betrachtete dabei nachdenklich ihre kleinen Hände. „Meine Güte, wie lange
ist das schon her. Und wie viele Turbulenzen es damals gegeben hatte – Glendas
Schändung durch diesen grässlichen Hauptmann Milford, Mutters Tod und Mòrags
Ankunft...“
    „Auch
ich lasse die letzten zwölf Jahre immer wieder durch meine Gedanken reisen. Sie
waren aufregend und teilweise entsetzlich, aber zu keinem Zeitpunkt hätte ich
mein Leben tauschen wollen!“
    „Und
du hast dir niemals gewünscht, in die sichere Zukunft zurückzugehen?“
    „Niemals!
Selbst als ich gezwungen war, nach Mays Geburt einige Zeit in einem Krankenhaus
des einundzwanzigsten Jahrehunderts zu verbringen, galt mein einziger Gedanke
der Flucht zu meiner Familie in die Vergangenheit.“
    Ein
Mädchen brachte unaufgefordert warme Milch, die von den beiden Schwägerinnen
dankbar entgegen genommen wurde. Sie genossen die Milch, als wäre sie Wein,
denn die Arbeit und Hektik hatte sie durstig gemacht.
    „Bereust
du es manchmal, nach May keine Kinder mehr bekommen zu haben?“, fragte Màiri,
nachdem sie ihr Glas abgesetzt hatte. Sie redete gern mit Joan über deren erste
Zeit auf Glenbharr Castle – aber nur, wenn sie mit ihr allein war. Ihr Wissensdurst
über die Zukunft war noch immer nicht gestillt, wurde jedoch durch die
Ereignisse bei Culloden stark gedämpft.
    Joan
nickte schwach. „Natürlich hätten Ewan und ich liebend gerne mehr Kinder – er
wollte immer einen Stall voller Kinder haben.“ Sie lachte kurz auf. „Doch die
Vernunft siegte; Ewan hat Angst, dass bei einer weiteren Schwangerschaft dasselbe
passieren könnte wie nach Mays Geburt – davor warnten   mich damals sogar die Ärzte im Krankenhaus. Und da die Zeittunnel
nicht mehr existieren, gäbe es keine Möglichkeit, mich zu retten, sodass ich
jämmerlich verbluten müsste.“
    Der
Einsturz der Höhle in den Wäldern von Barwick und des alten Keltenturms nahe
Glenbharr Castle im Jahre 1733 war erst Monate später zufällig entdeckt worden.
Joan sah es als ein Zeichen; Ceana Mathesons Geist war für die Einstürze verantwortlich
gewesen, denn es gab keinen Grund mehr, durch die Zeit zu reisen.
    „Ich
habe mit Gedanken über den nächsten Aufstand gemacht“, bemerkte Màiri und
tupfte sich den Mund mit ihrer Schürze ab. „Wenn man einen weiteren Zeittunnel
fände, könnte die Familie in die Zukunft reisen, bis das Gemetzel vorüber ist.“
    Anstatt
ihre Schwägerin auszulachen, nickte Joan ernsthaft. „In der Tat spielte ich
bereits mit demselben Gedanken ... aber es gibt keine
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