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Die Durchschnittsfalle (German Edition)

Die Durchschnittsfalle (German Edition)

Titel: Die Durchschnittsfalle (German Edition)
Autoren: Markus Hengstschläger
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… der fällt überhaupt nicht auf, immer schön im Durchschnitt. Der ist noch nie unangenehm aufgefallen. Bitte, er ist auch noch nicht besonders angenehm aufgefallen. Hauptsache ist aber doch – nicht auffallen. Das macht doch nur Probleme – für ihn und für uns. Nein, so etwas macht meiner mir nicht!“ (Un)auffällig unauffällig – der Traum aller Erziehungsberechtigten, Erziehungsverpflichteten.
    Was mich daran stört? Warum ein Buch darüber? Weil diese beiden Väter das größte Kapital für die Zukunft unseres Planeten verschleudern. Sie meinen: Ach was, das größte Kapital sind Rohstoffe und billige Arbeitskräfte? Zugegeben, höre ich auch des Öfteren. Aber wir wissen doch alle, die gehen uns schneller aus, als uns lieb ist. Das größte und einzige Kapital, auf das sich verlässlich und nachhaltig bauen lässt, ist die Individualität unseres Humankapitals.
    Ein System, in dem alle Teile möglichst nah an einem gemeinsamen Durchschnitt sind, ist für die Zukunft in keinerlei Weise gerüstet. Selbst wenn man denkt, einen hohen Wert anzustreben. Das Problem ist die fehlende Varianz, die fehlende Individualität. Wenn in der Zukunft ein Problem auftaucht, das das System nicht kennt oder eben noch nicht kennt, so wird der Durchschnitt – und in diesem Fall damit alle (weil ja schließlich alle nah am Durchschnitt und daher sehr ähnlich wären) – keinerlei Antwort darauf bieten. Wenn das System aber eine höchstmögliche Streuung aufweist, also von Verschiedenartigkeit und Individualität nur so strotzt, wird vielleicht einer, oder auch ein zweiter, mit seinem individuellen Ansatz, mit seinen ganz eigenen Denkmustern eine Antwort finden können. Fragen, die aus der Zukunft auf uns zukommen, die wir heute (logischerweise) noch nicht kennen, werden dann von einem durchschnittsorientierten System beantwortet / gelöst werden können, wenn sie möglichst nah am Vorstellbaren, Kalkulierbaren, Einschätzbaren und Voraussehbaren sind. Aber was an der Zukunft ist schon wirklich vorstellbar, kalkulierbar, einschätzbar und voraussehbar? Eben.
    Sie werden sagen, was soll’s? Wer macht das schon? Wer orientiert sich denn schon am Durchschnitt? Das könnte doch nur jemand tun, der dumm genug wäre zu glauben, die Fragen der Zukunft heute schon zu kennen. Das könnte doch nur jemand tun, der dumm genug wäre zu meinen, heute schon wissen zu können, was wir morgen wirklich brauchen, was morgen auf uns zukommt. Leute, die das von sich behaupten, sitzen üblicherweise in kleinen Hinterzimmern oder Zelten eines Wanderzirkus vor einer Glaskugel, leise, verraucht und ehrfurchtsvoll die Worte hauchend: „Ich sehe in Ihrer Zukunft einen Mann, schön, reich, klug und Ihnen jeden Wunsch von den Lippen ablesend!“
    Wer also ist dumm genug, sich an einem in der Verzweiflung des Gefechtes erfundenen und dann auch noch als ideal postulierten Durchschnitt zu orientieren? Ein Schulsystem, das die Schüler anhält, doch dort am meisten zu lernen, wo sie die schlechtesten Noten haben, um sich auf Kosten jener Zeit, die sie mit ihren Stärken hätten verbringen können, doch rasch wieder im Durchschnitt einzureihen? Ein Schulsystem, das glaubt, das Entscheidende sei, dass am Ende alle das Gleiche können? Universitäten, die ihre Studenten danach aussuchen wollen, wie gut ihr Notendurchschnitt in der Schule war? Universitäten, die gerade zu Schulen werden mit dem Ziel, möglichst viele Studenten möglichst schnell, möglichst günstig, möglichst ohne Verluste (möglichst niedrige Drop-out-Quote), möglichst durchschnittlich auszubilden? Eine Bildungspolitik, die alles daran setzt, bildungsferne Schichten zur Bildung zu bringen, um den Durchschnitt zu heben? Eine Einwanderungspolitik, die heute schon weiß, welche Fachkräfte, welches Know-how wir morgen in unserem Land brauchen werden? Das kommt Ihnen alles irgendwie bekannt vor? Nun, dann wissen Sie ja schon, warum etwas dazu gesagt, warum etwas darüber geschrieben werden muss. Weil der Durchschnitt so hilflos ist. Weil der Durchschnitt niemals besondere Leistungen erbringen wird. Weil der Durchschnitt kein Instrument zur Beantwortung noch ungelöster Fragen ist. Weil Anderssein viel besser ist. Weil es nicht darum geht, besser zu sein, sondern anders zu sein. Und weil wir gerade im Begriff sind, unsere Individualität aufs Spiel zu setzen. Eben. Ich möchte Sie jetzt an dieser Stelle am Anfang des Buches nicht gleich überfordern, indem ich Ihnen all jene Beispiele, die
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