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Die Durchschnittsfalle (German Edition)

Die Durchschnittsfalle (German Edition)

Titel: Die Durchschnittsfalle (German Edition)
Autoren: Markus Hengstschläger
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man aktuell beobachten kann, aufzähle, die das mir unverständliche Streben nach dem Durchschnitt belegen würden. Ich weiß ohnedies, dass Sie die meisten davon (und wahrscheinlich noch viel mehr) kennen. Vielleicht halten Sie einmal kurz inne und überlegen sich selbst, wo Sie in Ihrer unmittelbaren Umgebung mit „zu viel Durchschnitt“ konfrontiert sind oder waren.
    Anders zu sein und möglichst viele andere (Andersartige), Verschiedene im System zu haben ist die mächtigste Eigenschaft (um nicht zu sagen Waffe) auf dem spannenden, aber eben auch herausfordernden Weg in die Zukunft. Niemand weiß, wie die Zukunft aussieht. Niemand weiß heute schon, welche Fähigkeiten wir eines Tages zur Lösung der noch kommenden Probleme benötigen. Ein Grundelement der Zukunft ist, dass sie Neues bringt, uns noch nicht Dagewesenes an den Kopf wirft, ohne Rücksicht auf unseren aktuellen Stand des Wissens. Daher kann auch niemand behaupten, der eine (das eine) wäre heute wichtiger und förderungswürdiger als der andere (das andere). Wer heute wertet, wer heute von sich behauptet zu wissen, was wir wirklich brauchen werden, der sollte wohl idealerweise eine Glaskugel haben und zumindest jemanden finden, der ihm Glauben schenkt. Niemand kann heute beweisen, was besser ist und sein wird, weil man die Zukunft nicht kennt. Niemand kann heute behaupten, was nötiger ist und sein wird, weil man die Zukunft nicht kennt. Und so lange das so bleibt (und wer glaubt schon, dass sich das jemals ändern wird), besteht die einzige Chance darin, sich auf die Zukunft vorzubereiten, möglichst viele im System zu haben, die anders sind.
    Wer einen neuen Weg gehen will, muss den alten verlassen. Individualität ist das höchste Gut, wenn es darum geht, sich auf die Zukunft vorzubereiten. Der Durchschnitt erbringt keinerlei wissenschaftliche Spitzenleistungen, die wir für eine erfolgreiche Zukunft so bitter nötig haben werden. Der Durchschnitt erbringt aber auch keine sportlichen Spitzenleistungen, keinerlei künstlerische Ausnahmeleistungen und natürlich auch keine innovativen politischen Lösungen. Der Durchschnitt ist sinnlos und gefährlich, weil er so manche in dem Glauben wiegt: „Wenn es die anderen auch so machen, wenn die anderen auch nicht anders sind, dann kann mir ja nichts passieren.“ Nicht nur, dass es heute sehr beliebt ist, wenn die nächste Generation nicht auffällt. Es ist außerdem mehr als beliebt, selbst nicht aufzufallen. Nichts – so glaubt so mancher – macht stärker, als als Tropfen im großen Meer des Durchschnitts aufzugehen. Nichts – so irren so viele – macht stärker, als sagen zu können, „wir“ (und nicht ich). Die Sehnsucht, sich hinter einer Phalanx Gleichgesinnter zu verstecken, war wohl noch nie so groß: „Wir – die Briefmarkensammler, wir – die Gartenzwergsammler, wir – die Sammler der Rechten, wir – die Linkensammler, wir – die Katholensammler, wir – die Protestantensammler, wir – die Zinnsoldatensammler, wir versammeln uns und beschließen, was für uns gut ist. Was für eine unglaubliche Freude und Macht, dass es mehr von unserer Sorte gibt.“ In Wirklichkeit sollten wir alles daran setzen, eine (An-) Sammlung von Individuen zu sein / werden mit dem höchstmöglichen Grad an Anderssein. Eben und darum ein Buch.
    Aber warum von einem Biologen und Genetiker?
    Einerseits, weil das Wissen um die Macht der Individualität die Konsequenz des wohl erfolgreichsten Konzepts überhaupt ist. Und dieses Konzept, das es ermöglichte, durch eine ständig aktive Interaktion aus Genetik und Umwelt einer „Urpfütze“ zu entfliehen und über einen steinigen und mit so manchem Getier gepflasterten Weg letztendlich beim Homo sapiens anzukommen, ist nun mal ein biologisches beziehungsweise genetisches. Die unglaubliche Kraft der Individualität und die Aussichtslosigkeit des Durchschnitts sind gleichermaßen Antrieb und Ergebnis der Evolution. Der Durchschnitt ist eine evolutive Sackgasse – und wir fahren gerade mit Vollgas hinein.
    Und andererseits stellt die Individualität unseres Humankapitals, auf die wir bauen müssen, immer das Ergebnis der Wechselwirkung zwischen Genetik und Umwelt dar. Der Mensch ist individuell, weil er genetisch individuell ist und weil er seine individuellen Umwelteinflüsse hatte und hat. Wohingegen unsere genetische Individualität wohl (noch, solange Ideen um einen Klonmenschen Dolly nicht wieder aufflackern) unantastbar ist und bleibt, ist es die
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