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Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Titel: Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)
Autoren: Stuart MacBride
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Und das Schlimmste war, dass es ihr auch noch stand. Sie schob eine verirrte Haarsträhne unter die Pelzmütze zurück und öffnete den Kofferraum, um ihre Instrumententasche herauszunehmen.
    Isobel und Miller …
    Eng umschlungen an einen Baum gelehnt …
    Ein leidenschaftlicher KUSS …
    Wenn er gleich morgen früh zur Dienstaufsicht ginge, würde der rothaarige, vergrätzte Inspector Napier sie schneller vor die Tür setzen, als man »grobes Fehlverhalten im Dienst« sagen konnte. Damit hätte er Napier immerhin von sich abgelenkt.
    Missmutig starrte Logan das Haus der Strichens an. Isobel wäre ruiniert. Keine Polizeibehörde im ganzen Land würde sie mehr mit der Kneifzange anfassen. Nicht vermittelbar. Wie hatte Miller gesagt? Sie brauchte einfach nur jemanden, dem sie von ihrem anstrengenden Tag erzählen konnte … Jemanden, der für sie da war … So, wie Logan für sie da gewesen war. Damals, in der schlechten alten Zeit.
    Und jetzt würde Logan nie mehr die Berührung ihrer kühlen Hände auf seiner Haut spüren – jedenfalls nicht, solange er nicht auf einer Bahre im Leichenschauhaus lag, mit einem Zettel am großem Zeh.
    »Na toll«, sagte er zu sich selbst, als er endlich wieder etwas durch die Windschutzscheibe sehen konnte. »Gutes Bild. Zeugt von gesunder Einstellung …« Seufzend legte er den Gang ein und fuhr an.
    Die Stadt lag still und ruhig da, als er über den North Anderson Drive in Richtung Zentrum fuhr. Nur Taxis und Sattelschlepper waren unterwegs und schnitten parallele schwarze Streifen in die Schneedecke auf der Fahrbahn. Die Mischung aus Matsch und Schmelzwasser, die ihre Reifen in hohem Bogen aufspritzen ließen, verwandelte sich im Scheinwerferlicht von Logans Wagen in ein goldenes Feuerwerk.
    Das Funkgerät des Wagens knackte und plärrte fast ununterbrochen. Die Nachrichten verbreiteten sich in Windeseile. Strichen war tot! Das Kind lebte! Watson hatte nur BH und Slip angehabt!
    Mit einem missmutigen Knurren schaltete er es aus. Nur dass die Stille noch schlimmer war als der Krach. Sie ließ tausend Fragen in seinem Kopf herumwirbeln, die alle mit »Was wäre gewesen, wenn …« anfingen.
    Was wäre gewesen, wenn er nach links statt nach rechts gelaufen wäre? Was wäre gewesen, wenn er fünf Minuten später angekommen wäre? Was wäre gewesen, wenn er nicht stehen geblieben wäre, als Martin Strichen das Messer aus der Tasche gezogen hatte? Wenn er ihn noch rechtzeitig eingeholt hätte …? Entschlossen, nicht mehr über diese Dinge nachzudenken, schaltete Logan das Radio ein und drehte am Suchknopf, bis die lieblichen Klänge von Northsound, dem schottischen Popsender, aus dem Lautsprecher drangen. Ein kleines Zeichen, dass in der Welt noch alles beim Alten war.
    Während er mit den Fingern auf dem Lenkrad den Takt schlug, spürte er, wie sich die Anspannung in seinen Schultern löste. Vielleicht war ja doch alles zum Besten ausgegangen. Vielleicht war es besser für Martin, dass er tot war. Bestimmt besser, als in Peterhead eingebuchtet zu sein, wo jeder dritte Insasse ein Gerald Cleaver war.
    Aber Logan wusste, dass ihm die Albträume nicht erspart bleiben würden.
    Er bog von der Hauptstraße ab und fuhr eine Abkürzung durch den Norden der Stadt. Hier musste er sich die Straßen nur mit dem Schnee und den Lichtkegeln der Straßenlaternen teilen. Die Musik im Radio verstummte. Nach einer Pause von etwa zehn Sekunden und einer kichernd vorgebrachten Entschuldigung kamen die Nachrichten. Sie verbreiteten immer noch Martin Strichens Personenbeschreibung und forderten die Hörer auf, nach ihm Ausschau zu halten. Nach einem Toten …
    Als Logan in der Queen Street ankam, marschierte der Stundenzeiger schon munter auf halb zehn zu. Er stellte den Wagen hinter dem Haus ab und schleppte sich ins Präsidium, wo er sich fragte, wo alle anderen eigentlich abgeblieben waren. Alles war totenstill. Wie passend.
    Eine halbe Stunde wollte er sich noch gedulden. Dann würde er im Krankenhaus anrufen und sich nach Constable Watsons Befinden erkundigen. Aber zuerst würde er sich einen Kaffee besorgen. Oder einen Tee. Egal, Hauptsache, es war heiß und flüssig. Er hatte den Empfangsbereich zur Hälfte durchquert, als ihm jemand zurief.
    »Lazarus!«
    Es war der dicke Gary, der den Mund voller Karamellwaffeln hatte und die Krümel über seinen ganzen Schreibtisch sprühte. Sein Grinsen war so breit, dass ein Kleiderbügel quer hineingepasst hätte.
    Sein Kollege hob ruckartig den Kopf, den
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