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Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Titel: Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)
Autoren: Stuart MacBride
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in die Tiefe, ins kalte, schwarze Wasser.
    Logans Herz schlug immer noch wie wild, ließ seinen Puls hämmern und seine Ohren dröhnen.
    Am Fuß des Abhangs, nicht weit vom Ufer des Sees, stand eine kastenförmige Baracke aus Beton. Ein dünner gelber Lichtstrahl blitzte in einem gesprungenen Fenster auf und war gleich darauf wieder verschwunden.
    Logan machte auf der Stelle kehrt und rannte los.
    Durch die Taschenlampe wurde es in der Hütte auch nicht viel gemütlicher. Ihr matter gelblicher Lichtkegel ließ die Schatten ringsum sogar noch tiefer erscheinen.
    Constable Watsons Lider flatterten, und sie schlug stöhnend ein Auge auf. Ihr Kopf fühlte sich an wie mit glühender Watte ausgestopft. Sie hatte einen widerlichen Kupfergeschmack im Mund, und ihr Gesicht war klebrig und kalt. Ihr ganzer Körper war kalt, wie tiefgefroren. Ein Frösteln durchfuhr sie und ließ ihre Glieder schlottern. Das Pochen in ihrem Kopf wurde noch heftiger.
    Alles war verschwommen – unscharfe Konturen tanzten vor ihren Augen, als sie sich aus den Tiefen der Bewusstlosigkeit nach oben kämpfte. Sie hatte gerade irgendetwas gemacht. Etwas Wichtiges …
    Warum war ihr so kalt?
    »Bist du wach?«
    Es war eine Männerstimme; nervös, beinahe schüchtern. Zitternd.
    Schlagartig war die Erinnerung wieder da.
    Constable Watson versuchte aufzuspringen, doch sie war immer noch an Händen und Füßen gefesselt. Durch die ruckartige Bewegung drehte sich der ganze Raum um sie; schien abwechselnd zu schrumpfen und sich auszudehnen, wie durch irgendeinen teuflischen Trick. Sie kniff die Augen fest zu und versuchte ruhig auszuatmen. Allmählich ließ das Pochen nach. Als sie die Augen wieder aufschlug, blickte sie direkt in Martin Strichens sorgenvolles Gesicht.
    »Es tut mir Leid«, sagte er. Eine zitternde Hand strich ihr die Haare aus dem Gesicht. »Ich wollte dich nicht schlagen. Aber ich hatte keine Wahl. Ich wollte dir nicht wehtun … Geht’s dir wieder besser?«
    Der Knebel ließ ihre Erwiderung zu einem unverständlichen Genuschel werden.
    »Gut«, sagte Martin, der nicht wissen konnte, dass sie ihm gerade eine Flut von Schimpfwörtern an den Kopf geworfen hatte. »Gut.«
    Er richtete sich auf, wandte ihr den Rücken zu und beugte sich über die große Reisetasche, die sie in der Küche gesehen hatte. Mit leiser Fistelstimme begann er ein Wiegenlied zu singen und etwas zu streicheln, das in der Tasche lag.
    Watsons Augen suchten die kleine Hütte hektisch nach einer Waffe ab. Der Raum hatte offenbar irgendwann einmal als eine Art Büro gedient. An der Wand neben der Tür war noch ein Metallgestell für Stechkarten montiert, und gegenüber hing ein alter Pin-up-Kalender, das Papier aufgequollen und stockfleckig. Möbel waren keine mehr zu sehen, nur die mit Graffiti bedeckten Wände und der kalte Betonfußboden.
    Wieder durchfuhr sie ein Schauder. Wie konnte es nur so verdammt kalt sein? Sie blickte an sich hinunter und stellte erschrocken fest, dass sie bis auf die Unterwäsche entkleidet war.
    »Musst keine Angst haben, mein Kleiner«, sagte Martin mit sanfter Stimme.
    Aus der Tasche drang ein leises, gedehntes Schluchzen, und Jackie gefror das Blut in den Adern. Jamie McCreath war noch am Leben. Sie würde mit ansehen müssen, wie dieses perverse Schwein ein Kind tötete!
    Sie spannte alle Muskeln an und zerrte an ihren Fesseln, doch sie gaben nicht einen Zentimeter nach. Ihre Arme und Beine zitterten schon vor Anstrengung, doch sie erreichte nur, dass ihr die Schnur noch tiefer ins Fleisch schnitt.
    »Es wird nicht so sein, wie es für mich war.« Immer noch streichelte er das Kind zärtlich und murmelte beruhigend auf es ein. »Ich musste all die Jahre mit dem leben, was Gerald Cleaver mir angetan hat. Du wirst frei sein. Du wirst nichts spüren.« Watson hörte die Tränen in seiner Stimme. »Dir kann nichts mehr passieren.«
    Sie wälzte sich auf den Rücken und schnappte erschrocken nach Luft, als ihre nackte Haut mit dem eiskalten Beton in Berührung kam.
    Martin hob das Kind aus der Tasche und setzte es neben Watson auf den Boden.
    Jamie trug noch seinen orange-blauen Schneeanzug, dazu eine Pudelmütze mit zwei Troddeln. Seine Augen waren riesig und voller Tränen, und von seiner Nase zogen sich zwei dünne silbrige Bahnen hinunter zu dem ängstlich verzerrten Mund. Leise Schluchzer ließen seinen kleinen Körper erbeben.
    Martin beugte sich wieder über die Tasche und fischte ein Elektrokabel heraus. Mit flinken, geübten
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