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Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Titel: Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)
Autoren: Stuart MacBride
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Eiskruste überzog.
    Für halb zehn war eine Pressekonferenz angesetzt, vor der Logan schon graute. Irgendwer war anscheinend in seinen Schädel eingebrochen und versuchte jetzt, den ganzen Inhalt durch die Ohren hinauszuschaufeln. Seine Augen, die normalerweise von einer akzeptablen kristallblauen Farbe waren, sahen aus, als wollte er für ein Remake von Dracula und seine Bräute vorsprechen.
    Als er den Besprechungsraum betrat, wurde er wieder mit Applaus begrüßt, der allerdings vergleichsweise bescheiden ausfiel. Die Mienen der Anwesenden verrieten eine deutlich erhöhte Lärmempfindlichkeit, was die Zurückhaltung erklären mochte. Er winkte in die Runde und ließ sich auf seinen gewohnten Platz plumpsen.
    DI Insch bat um Ruhe, und als auch der Letzte still war, begann er mit der Einsatzbesprechung. Allen Gesetzen der Natur zum Trotz wirkte der Inspector geradezu auffallend frisch und munter. Dabei war er es gewesen, der noch um zwei Uhr früh eine Runde Flaming Drambuie bestellt hatte. Es gab eben keine Gerechtigkeit.
    Insch ging die Ereignisse des vergangenen Tages durch, wobei sein Bericht an den entsprechenden Stellen immer wieder von Applaus unterbrochen wurde. Und dann war wieder business as usual angesagt: Suchtrupps, Nachforschungen, Zeugenbefragungen …
    Nachdem alle anderen den Raum verlassen hatten, blieb Logan allein mit DI Insch zurück.
    »Na«, meinte der dicke Inspector, während er es sich auf der Schreibtischkante bequem machte und eine neue Packung Fruchtpastillen aus der Tasche zog, »wie fühlen Sie sich?«
    »Sie meinen, abgesehen von der Blaskapelle, die in meinem Schädel Rumba spielt? Nicht schlecht.«
    »Gut.« Insch schwieg einen Moment, während er eine Pastille aus dem Papierchen fummelte. »Die Taucher haben Martin Strichens Leiche heute Morgen um sechs Uhr fünfzehn gefunden. Hatte sich in den Wasserpflanzen unter dem Eis verfangen.«
    Logan versuchte erst gar nicht zu lächeln. »Aha.«
    »Nur damit Sie’s wissen – Sie werden für gestern Abend eine Belobigung bekommen.«
    Logan konnte dem Inspector nicht in die Augen sehen. »Aber Strichen ist tot.«
    Insch seufzte. »Ja, das ist er. Und seine Mama auch. Aber Jamie McCreath lebt, und Constable Watson auch. Und es wird auch kein weiteres Kind sterben.« Er pflanzte eine Bärenpranke auf Logans Schulter. »Sie haben gute Arbeit geleistet.«
    Bei der Pressekonferenz ging es zu wie bei einer Viehauktion. Journalisten schrien durcheinander, Fotoapparate blitzten, Fernsehexperten grinsten in die Kameras … Logan versuchte es nach Möglichkeit mit Fassung zu tragen.
    Hinterher wartete Colin Miller auf ihn. Er hatte sich in eine Ecke des Saales verdrückt, und seine Miene verriet, dass ihm alles andere als wohl in seiner Haut war. Er gratulierte Logan zu seiner großartigen Leistung bei der Rettung des Kindes. Alle seien ungeheuer stolz auf ihn. Dann drückte er ihm ein Exemplar der Morgenzeitung in die Hand. » Polizeiheld stellt Kindermörder!!! «, lautete die Schlagzeile. » Klein-Jamie wohlbehalten in den Armen seiner Mutter! Mehr Bilder auf den Seiten 3 bis 6 … « Miller biss sich auf die Unterlippe, holte tief Luft und fragte: »Und jetzt?«
    Logan wusste, dass er nicht den Fall meinte. Er selbst hatte sich schon den ganzen Morgen immer wieder dieselbe Frage gestellt. Seit er das Präsidium betreten hatte und nicht schnurstracks zu Inspector Napier und seinen Knallchargen von der Dienstaufsicht gegangen war. Wenn er Isobel verpfiff, war sie geliefert. Aber wenn er den Mund hielt, könnte es wieder passieren: Sie würde vielleicht wieder die Ermittlungen gefährden, ihnen wieder die Chance zunichte machen, einen Mörder zu erwischen, ehe er ein weiteres Mal zuschlagen konnte. Logan seufzte. »Sie müssen alles, was sie Ihnen erzählt, von mir absegnen lassen. Bevor Sie es drucken. Wenn nicht, gehe ich sofort zum Staatsanwalt, und dann sitzt sie aber richtig in der Tinte. Strafanzeige. Gefängnis. Das volle Programm. Okay?«
    Miller fixierte Logan mit starrer Miene. »Okay«, sagte er schließlich. »Okay. Abgemacht.« Er zuckte die Achseln. »Nach dem, was ich von ihr so gehört habe, hätte ich eher geschätzt, dass Sie sie fertig machen würden, wenn Sie dahinter kommen. Sie meinte, Sie würden sich die Chance nicht entgehen lassen, sie endgültig loszuwerden.«
    Logans Lächeln war so aufgesetzt wie seine Worte. »Tja, da hat sie sich eben geirrt. Ich hoffe, ihr beide werdet glücklich miteinander.« Er konnte Miller
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