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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin
Autoren: Caren Benedikt
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und wollte es auf Anna niedersausen lassen. Doch er war in seinen Bewegungen langsamer geworden, wie Anna mit Genugtuung feststellte, so dass sein Schwert ihr nur das Messer aus der Hand schlug, sie selbst sich aber unter ihm hinwegducken konnte.
    Sofort bückte sie sich, um es wieder aufzuheben, da sah sie, dass sie ihn schwerer an der Schulter verletzt haben musste, als sie geglaubt hatte, denn das Blut lief ihm in einer breiten Bahn den Rücken hinab und tropfte bereits auf den Boden. Doch da sauste sein Schwert schon wieder auf sie herab, und sie konnte sich nur noch mit einem Satz neben Cornelius an die Wand retten.
    Mit einem Fuß stieß Helme das am Boden liegende Messer weit von sich fort.
    »Na, was nun? Erst nehme ich mir deinen Freund hier vor, und dann bist du an der Reihe, meine Kleine. Und glaub mir, es wird nicht schnell gehen. Allein dafür, was du mit Bruder Hermannus gemacht hast, werde ich mir viel Zeit für dich lassen.«
    Anna drängte sich dicht an Cornelius. Verzweiflung sowie Hass und Wut gegen den Mann, der sie ihr Leben lang gepeinigt hatte, brachen sich in diesem Moment Bahn und ließen sie ihre letzten Kräfte und all ihren Mut zusammennehmen. Sie nahm Cornelius’ Schwert in die Hand, sprang mit einem unmenschlichen Schrei auf und rammte das schimmernde Metall in Helmes Leib. Dann ließ sie sich wieder zu Boden fallen, drängte sich abermals an Cornelius und vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter.
    Sie sah nicht mehr, dass Helme rücklings wie ein gefällter Baum zu Boden fiel, wo er bewegungslos und mit weit geöffneten Augen liegen blieb.
    »Wir müssen hier raus«, raunte Cornelius. »Das Feuer in der Küche breitet sich immer weiter aus.«
    Anna blickte zu Helme, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und meinte dann: »Könnt Ihr aufstehen?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Wartet. Ich hole Hilfe.« Sie stand auf, lief zur Wohnstube hinüber und klopfte heftig gegen die Tür. »Margrite, Esther, öffnet! Ich bin es. Der Kölner ist verletzt, und das Haus brennt. Wir müssen hier raus.«
    Im Innern hörte man, dass schwere Gegenstände verschoben und gerückt wurden. Dann öffnete sich die Tür einen Spalt, und Margrite linste vorsichtig heraus.
    »Komm!«, war alles, was Anna zu ihr sagte.

    Die drei Frauen schleppten zuerst Cornelius, dann Wyland und schließlich Gawin aus dem Haus. Zuletzt rannte Esther noch einmal eilig in ihr Zimmer, um ihren Gebetsschal vor den Flammen zu retten, während Anna in den angrenzenden Häusern bereits die Nachbarn alarmierte.
    Keiner achtete mehr auf Helme, der ohne jede Bewegung dalag und die Augen an die Decke richtete. Glaubte diese kleine Schlampe wirklich, ihn erledigt zu haben? Er bräuchte nur einen Moment, nicht mehr als einen Wimpernschlag, um seine Kräfte erneut zu bündeln und sich zu erheben. Vielleicht müsste er erst einmal seine Wunden versorgen lassen. Anna musste das Messer und danach das Schwert ziemlich tief in seinem Leib versenkt haben. Der Qualm über ihm wurde immer dichter, schien ihm dabei helfen zu wollen, unbemerkt zu verschwinden. Er röchelte. Dieser verfluchte Rauch wurde schlagartig so dicht, dass er kaum noch atmen konnte. Gleich, gleich wäre es so weit. Dann würde er aufstehen und gehen, aufstehen und sich davonmachen. Schwer drückte etwas gegen seine Brust. Er wollte husten, doch sein verdammter Körper wollte ihm nicht gehorchen. Jetzt! Er musste jetzt aufstehen. Jetzt musste es geschehen. Er nahm all seine Kraft zusammen, wollte seinen rechten Arm und sein Bein anwinkeln und sich dann vom Boden hochstemmen. Eher verwundert nahm er wahr, dass seine Glieder sich keinen Fingerbreit rührten, ihm keine Bewegung mehr möglich war. Er hörte noch Schritte, die mehrfach im Eingangsbereich eilig hin und her liefen. Doch der Qualm hatte sich bereits wie ein dickes Leichentuch über ihn gelegt, als er seinen letzten Atemzug tat.

    Die Löscharbeiten waren bereits in vollem Gang, als Siegbert um die Ecke bog und kaum seinen Augen trauen wollte.
    Seine Enkelin, die er schon tot geglaubt hatte, stand erschöpft, aber auf den ersten Blick unverletzt inmitten einer Menschenschlange, die von Hand zu Hand Eimer um Eimer weiterreichte, um einen Brand in seinem Haus zu löschen.
    Als sie ihn sah, gab sie ihren Platz in der Kette auf und rannte auf ihn zu. »Du bist unverletzt, dem Himmel sei Dank!«
    »Ich?« Er drückte sie an sich. »Ich unverletzt? Die ganze Stadt haben wir nach dir abgesucht, und ich hatte schon kaum mehr
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