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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin
Autoren: Caren Benedikt
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Haustür. Anderlin kam als Letzter und drehte sich immer wieder um, aber im Gang war nach wie vor niemand zu sehen.
    Margrite hatte den Ausgang erreicht und schob den Riegel sachte und langsam zurück, um nur ja kein Geräusch zu machen, das sie verriet. Anna presste sich an ihren Rücken.
    Da ließ eine tiefe Stimme die drei zusammenfahren.
    »Schieb den Riegel wieder vor, Weib. Meine Armbrust verfehlt ihr Ziel nie.«
    Anderlin drehte sich blitzschnell um und sah am Ende des Flures in das Gesicht des Mannes, der seinerzeit Cecilie so grausam ums Leben gebracht hatte.
    »Du?«
    »Ganz recht. Und nun weg von der Tür. Ich will nur Anna. Ihr zwei bleibt ungeschoren, solange ihr euch mir nicht in den Weg stellt.«
    Anderlin drehte sich ganz langsam zu Margrite um, und ihre Blicke trafen sich im Bruchteil eines Lidschlags in einer Art stummen Übereinstimmung. Anderlin lächelte Margrite an. Sie war die einzige Frau, die er jemals geliebt hatte. Die Jahre, die sie gemeinsam verbracht hatten, waren wunderbar gewesen. Und wie schnell sie verflogen waren.
    Beide wussten, dass dies der Moment des Abschieds war. Margrite umklammerte den zurückgezogenen Riegel, und Anderlin nickte ihr fast unmerklich zu. Seine Augen würden ihr bedeuten, wann der richtige Zeitpunkt gekommen war.
    Noch einmal schenkte er ihr einen Blick, in dem all die Liebe lag, die er für sie empfand. Dann senkte er kurz die Lider und schlug sie wieder auf. Jetzt!
    Margrite griff ruckartig nach Annas Arm, während Anderlin sich umdrehte und auf Helme zurannte.
    Die Tür schlug krachend gegen die Wand, so schwungvoll hatte Margrite sie aufgerissen. Die Frauen liefen so schnell sie konnten und sahen nicht zurück. Der Pfeil hatte Anderlin direkt in die Brust getroffen. Er taumelte, hielt sich aber noch auf den Beinen, fest entschlossen, solange es ihm nur möglich war, den Weg zu versperren. Helme stürmte auf ihn zu und stieß ihn beiseite. Der Schwerverletzte fiel, umklammerte mit seinen Armen aber Helmes rechtes Bein und verhinderte dadurch, dass dieser den Frauen nachsetzen konnte.
    »Lass mich los, du Schwein!« Helme trat nach Anderlin, doch dessen eiserner Griff lockerte sich nicht. »Verdammte Missgeburt!« Helme ließ seine Armbrust fallen, zog sein Messer aus dem Leder hervor, holte aus und stach zu. Immer und immer wieder versenkte er die Klinge in Anderlins Leib, bis es ihm unter wilden Flüchen und Verwünschungen endlich gelang, sich frei zu machen. Er packte seine Armbrust und stürmte aus dem Haus. Und noch bevor er auf der Straße war, hatte Anderlin seine Augen für immer geschlossen.

    »Komm!« Anna zerrte Margrite hinter sich her. Sie rannten durch die Gassen und mussten sich den Fluch so manchen Mannes und mancher Frau anhören, die sie dabei anrempelten oder gar zu Boden stießen. Hoffnung keimte in Anna auf, als sie die Straße mit dem Haus ihres Großvaters endlich erreichten und Helme sie noch immer nicht eingeholt hatte. Sie sprangen die Stufen zur Eingangstür hinauf und hämmerten gegen das schwere Holz.
    »Wer ist da?«, kam eine Stimme aus dem Innern.
    »Ich bin es! Anna! Macht auf!«, schrie sie beinahe, denn in diesem Augenblick sah sie Helme um die Ecke biegen.
    »Macht auf!« Nochmals hämmerte sie mit beiden Händen gegen die Tür, die nun von Wyland geöffnet wurde.
    »Gott sei Dank«, hörte sie Esthers Stimme, als Margrite und Anna ins Innere des Hauses schlüpften.
    »Zu! Zu!«, war das Einzige, was Anna hervorbrachte. Doch es war bereits zu spät. Helme war es gelungen, seine Klinge gerade noch rechtzeitig in den Spalt zwischen Rahmen und Tür zu schieben. Schnell legte er seine Armbrust ab, danach stemmte er sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die Tür und versuchte, sie weiter aufzudrücken.
    Die Frauen schrien auf, und Wyland zog im selben Moment, in dem die Tür vollends auf- und Anna und Esther dadurch zu Boden gestoßen wurden, sein Schwert. Keinen Augenblick zu spät, denn schon stand Helme im Eingang und begann, Wyland mit seinem Schwert zu attackieren.
    Margrite packte Anna am Arm und zog sie zu Esther hinüber. Danach half sie beiden wieder auf die Beine und lotste sie in Richtung Treppe.
    »Wachen!«, brüllte Anna aus vollem Leib, während die Klingen der beiden Männer mit voller Wucht aufeinanderschlugen.
    Doch niemand eilte ihnen zu Hilfe. Wie hätte sie auch ahnen sollen, dass Siegbert alle Wachposten zusammen mit Cornelius und Marquardt und noch einigen anderen Männern ausgeschickt hatte, um in der
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