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Die dritte Klaue Gottes: SF-Thriller

Titel: Die dritte Klaue Gottes: SF-Thriller
Autoren: Adam-Troy Castro
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ich hätte wissen müssen.« Das waren seine Worte.
    Und dann, am Ende, als ich Colette voller Zorn geschlagen hatte, als ich die Grenzen ihrer Unfähigkeit, nein zu sagen, auszuloten versucht hatte, hatte Skye mich angesehen, als hätte sie zum allerersten Mal begriffen, wer ich bin. Sie hatte es längst gewusst, hatte alles Notwendige in den Daten des Khaajiir gelesen. Aber wie muss es sich für sie angefühlt haben, Zeugin einer Demonstration von solch furchtbarer Klarheit geworden zu sein?
    Ich beobachtete mich selbst aus der Distanz, beobachtete, wie ich mich von der Bank erhob und dem Blumenkübel näherte, wie sich meine Hand um den Stab des Khaajiir schloss und ich in Gedanken den Namen einer Frau formulierte.
    Das Bild, das in meinem Geist entstand, zeigte sie so, wie sie ausgesehen hatte, als sie auf Xana gelebt hatte. Sie war eine wehmütige junge Frau mit hellen Augen, schulterlangem braunem Haar und der Art von Gesicht, die ein Licht auf jede Welt wirft, über die sie zu schreiten beschließt.
    Ich hatte sie Jahre später gekannt, als sie einen anderen Namen hatte, als ihr Haar kurz geschnitten war, aber immer noch seidig genug glänzte, um im Licht der Sonne von Bocai zu schimmern.
    »Sie wären überrascht, wie viele ausgestoßene Bettelhines unter anderen Namen in anderen Systemen leben«, hatte Dejah gesagt.
    Lillian Jane Bettelhine.
    Jüngere Schwester von Hans Bettelhine.
    Tante von Jason, Jelaine und Philip.
    Verbannte Idealistin.
    Name geändert in Veronica Cort.
    Bewohnerin einer dem Untergang geweihten experimentellen, utopischen Gemeinde auf Bocai.
    Beteiligt an dem Autogenozid, den die Gemeinde an sich selbst verübt hatte.
    Liebende Ehefrau des verstorbenen Bernard Cort.
    Liebende Mutter meines verstorbenen Bruders und meiner verstorbenen Schwester.
    Liebende Mutter ...
    Ich ließ den Stab des Khaajiir los und fiel auf die Knie, schrie unter Tränen ein Wort, dass ich seit Jahrzehnten nicht ausgesprochen hatte.
    »Mami ...!«

20
DAS FAMILIENUNTERNEHMEN
DER BETTELHINES
 
    Ich überspringe die Hysterie der nächsten zehn Minuten. Ich war erschöpft, gefangen in dem Gefühl des Verlusts, trauerte um eine Familie, die mir entrissen worden war, eine Familie, an die mich mit Liebe zu erinnern ich mich seit mehr Jahren geweigert hatte, als ich zählen mochte. Eine Idylle war in einer einzigen, schrecklichen Nacht voller Blut und Wahn zu einer Hölle geworden, einer Hölle der sterilen Einkerkerung und institutionalisierten Vergewaltigung, die mich nicht hart hatte werden lassen, sondern spröde, bereit, bei einer jener seltenen Gelegenheiten, zu denen etwas die Kruste über meinen Wunden abzukratzen imstande war, in Einzelteile zu zerbrechen.
    Die Porrinyards hatten sich wunderbar darauf verstanden, in solchen Momenten mit mir umzugehen. Nun erwies sich, dass die gemeinsame Persönlichkeit von Jason-und-Jelaine dazu ebenfalls fähig war. Ihr Jelaine-Avatar umarmte mich, sagte mir, sie wisse, was ich durchgemacht habe, es sei in Ordnung, ich hätte nun ein echtes Zuhause, wenn ich es wolle. Ich hätte gelogen, hätte ich behauptet, dass ich die Umarmung nicht erwidert habe oder dass nicht eine der vielen Tränen, die ich in diesen zehn Minuten vergossen habe, Ausdruck der Dankbarkeit gewesen ist.
    Aber ich bin auch Andrea Cort, und ich bin nicht blind.
    Und noch während ich heulte, nahm ein Teil meiner selbst die ganze Geschichte schon auseinander.
    Irgendwann, vielleicht zehn oder zwanzig Minuten später, kam es alles zu mir zurück. Wir waren zu dem Steintisch zurückgekehrt, und ich saß ihr erneut gegenüber. Meine Augen brannten, aber mein Verstand arbeitete wieder auf höchster Leistungsstufe. Das pelzige weiße Ding, das auf dem Balkon lebte, hatte offenbar beschlossen, dass ich sein Freund sei oder doch zumindest sein Lustsklave und lag nun vor Wonne vibrierend wohlig zusammengerollt auf meinem Schoß; meine normale Reaktion hätte darin bestanden, es zu treten, aber nun streichelte ich es, während ich an dem süßen Saft nippte, den Jelaine mir hatte bringen lassen. »Und ich soll jetzt glauben, dass es hier nur um die Familie geht? Um nichts anderes?«
    Sie breitete die Hände aus. »Es kann so viel und so wenig sein, wie Sie wünschen.«
    »Warum hat Ihre Familie nie zuvor versucht, mich zurückzuholen?«
    »Weil das nicht die Art und Weise ist, in der die Dinge früher geregelt wurden. Weil Bettelhines, die den Konzern verlassen oder dazu beigetragen haben, dass sie aus wichtigem
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