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Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst

Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst

Titel: Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst
Autoren: David Gemmell
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erwiderte Chareos. »Aber hier gibt es für die Nadir wenig zu holen. Die Beute, die sie bei der Eroberung von Drenan, Vagria und Lentria machten, hat ihnen Reichtümer beschert. Wir haben ihnen nichts zu bieten – wir sind nicht einmal das Tor zu reicheren Ländern. Hinter Neu-Gulgothir liegt das Meer. Vielleicht lassen sie uns in Ruhe.« Noch während er sprach, spürte Chareos, wie die Lüge sich kalt in seine Kehle krallte. Die Nadir lebten nicht für Plünderungen, sondern für Blut, Tod und Eroberung. Es spielte keine Rolle für sie, daß es nur wenig zu gewinnen gab. Nein, sie wurden von uralten Rachegefühlen gegen das Volk der Gothir getrieben.
    »Das glaubst du doch selbst nicht, Schwertmeister. Das sehe ich in deinen Augen«, sagte der Graf und erhob sich. »Nein, die Nadir hassen uns für die Vergangenheit, und sie quälen sich mit den Erinnerungen an Bel-Azar – die einzige Niederlage, die den Ruf Tenaka Khans befleckt.«
    Chareos stand auf und half dem Graf in seinen weiten Mantel. Er blickte dem jüngeren Mann ins Gesicht. »Bel-Azar war ein Wunder. Ich weiß nicht, wie wir es geschafft haben – oder warum Tenaka Khan es
zuließ,
daß wir die Festung hielten. Aber das ist zwanzig Jahre her, und ich denke nur noch sehr selten daran zurück.«
    »Die alte Festung liegt in Trümmern«, sagte der Graf. »Sie ist jetzt so gut wie Nadir-Territorium. – Danke für den Schwertunterricht. Ich glaube, ich werde allmählich fast so gut wie du.«
    »Besser, Graf. Heute hast du mich geschlagen.«
    »Bist du sicher, daß du mich nicht hast gewinnen lassen, weil meine Söhne zusahen?«
    »Nein. Du hast zu Recht gesiegt, Graf. Aber nächste Woche werde ich besser sein.«
    »Nächste Woche kommst du in die Burg. Anschließend reiten wir in die Jagdwälder und schauen, ob wir einen oder zwei Keiler aufstöbern können.«
    Chareos verbeugte sich, als der Graf aus dem Saal schritt. Im Krug war noch ein wenig Saft, und so füllte Chareos seinen Becher wieder und ging zum Fenster, von wo er beobachtete, wie das Gefolge des Grafen aus dem Kloster ritt.
     
    Es war lange her, seit diese Namen genannt worden waren: Beltzer, Maggrig und Finn. Chareos sah immer noch den rotbärtigen Riesen vor sich, wie er seine Streitaxt in die Reihen der Nadir hämmerte, die über die Mauer am Torturm schwärmten. Und jeden Abend verglichen die Bogenschützen, Maggrig und Finn, ihre Treffer und schrieben sie mit Holzkohle auf die Granitmauer.
Maggrig hat heute elf getötet, insgesamt einunddreißig. Tod den Nadir!
Der alte Kaiin zweifelte immer ihre Zahlen an, wenn er über dem Kohlenfeuer das Abendessen bereitete. Vielleicht war er deshalb ein so katastrophaler Koch gewesen. Bei Kaiin schmeckte selbst zartes Steak wie Hammelinnereien. Er war am letzten Tag der Schlacht gestorben.
    Der Abschnitt am Torturm hatte die ganze Zeit über die höchsten Verluste gefordert. Von der ursprünglichen Besatzung – fünfundvierzig Mann – hatten nur Beltzer, Maggrig, Finn und Chareos überlebt. Die Nadir hatten die Festung eingenommen, doch Beltzer war vom Torturm gesprungen und hatte ganz allein die Gothir-Fahne zurückerobert und sich den Weg zurück zum Tor freigehauen. Als er wieder drinnen war, hatten die Soldaten sich dort verbarrikadiert und den Nadir standgehalten. Fast den ganzen Tag hatten die Nadir die Mauer gestürmt – nur um von den Schwertern und Äxten der Verteidiger zurückgeschlagen zu werden.
    In jener Nacht war Tenaka Khan mit seinem Schamanen zum Tortum gekommen.
    »Ergebt euch, und ihr bleibt am Leben und könnt abziehen«, hatte er gerufen.
    »Das widerspricht unseren Befehlen«, war Chareos’ Antwort gewesen.
    »Was ist euch wichtiger, Pflicht oder Freiheit?« hatte der Khan gefragt.
    »Eine interessante Frage«, hatte Chareos geantwortet. »Warum kommst du nicht herauf und diskutierst sie mit uns?«
    »Laßt ein Seil herunter«, hatte der Khan geantwortet.
    Chareos lächelte bei der Erinnerung, als er Schritte hinter sich hörte. Er drehte sich um und sah den Bruder Senior herankommen.
    »Störe ich dich?« fragte der alte Mann.
    »Keineswegs, Parnio. Bitte, setz dich zu mir.«
    Der Älteste in der weißen Robe nahm am Tisch Platz und blickte zum Himmel empor. »Es ist unglaublich«, flüsterte er. »Ewig verändert sich der Himmel und bleibt doch immer gleich in seiner Schönheit.«
    »Das ist wahr«, stimmte Chareos zu und ließ sich ihm gegenüber nieder.
    »Hast du schon die Macht der QUELLE berührt, mein
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