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Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst

Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst

Titel: Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst
Autoren: David Gemmell
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Sohn?«
    »Nein, Vater. Ich bin noch immer Zweifler. Bereitet dir das Kummer?«
    Der Älteste wehrte mit einer Bewegung seiner schmalen Hand ab. »Ganz und gar nicht. Die SIE suchen, werden SIE finden … doch zu IHRER Zeit. Aber du bist jetzt schon zwei Jahre hier, und ich frage mich, was dich hier hält. Du brauchst die Robe nicht anzuziehen, um die Bibliothek zu benutzen.«
    Chareos lächelte. »Es ist tröstlich, irgendwohin zu gehören, Vater. Und es verleiht eine gewisse Anonymität.«
    »Wenn du Anonymität gesucht hast, hättest du nicht deinen eigenen Namen behalten, und gewiß hättest du nicht der Bitte des Grafen entsprochen, ihn in die höheren Stufen der Schwertkunst einzuweihen.«
    »Das stimmt. Vielleicht ist die Antwort einfach die, daß ich es nicht weiß. Und doch habe ich nicht den Wunsch zu gehen.«
    »Bei meinem Augenlicht, mein Sohn, du bist ein junger Mann. Du solltest eine Frau und Kinder haben. In deinem Leben sollte Liebe herrschen. Denke ich denn da so falsch?«
    Chareos stand auf und ging wieder zum Fenster. »Nein, Bruder Senior. Ich habe einst geliebt … und in Wahrheit könnte ich auch wieder lieben. Aber der Schmerz des Verlustes war zu groß für mich. Ich bleibe lieber allein, als dies noch einmal zu erleiden.«
    »Dann bist du hier, um dich zu verstecken, Chareos, und das ist kein guter Grund. Das Geschenk des Lebens ist zu kostbar, als daß man es auf diese Weise vergeuden darf. Denk darüber nach. Warum sollte der berühmte Held von Bel-Azar eine so wunderbare Freude wie die Liebe fürchten?«
    Chareos fuhr zu dem alten Mann herum; seine Augen funkelten zornig. »Bel-Azar! Ich habe diesen Namen heute schon zweimal gehört. Er bedeutet nichts. Ich hatte ein Schwert … und verstand es, damit umzugehen. Männer starben. Das ist für mich nichts Heldenhaftes, Bruder Senior. Vor langer Zeit habe ich einen Mann mit verkrüppelten Gelenken beobachtet, der versucht hat, einer Frau zu helfen, die angegriffen wurde. Ein Schlag mit der Faust tötete diesen alten Mann. Aber seine Tat war heldenhaft – denn er hatte keine Chance. Verstehst du, was ich sagen will? Der Soldat hat immer eine Chance. Es gibt Männer und Frauen, die Tag für Tag heldenhafte Taten vollbringen, und niemand sieht sie. Aber wegen meiner guten Augen und meinem flinken Arm bin ich einer der Helden von Bel-Azar! Meine Name wird in den Sälen und Schänken besungen.«
    »Du irrst dich, Chareos.
Menschen
singen von dir. Aber die Tat dieses alten Mannes wird vor Gott besungen. Das ist ein Unterschied.«
    »Vielleicht – wenn ich nur glaubte. Aber das tue ich nicht!«
    »Laß dir Zeit – und hüte dich vor dem Grafen, mein Sohn. In ihm ist Stärke, aber auch Grausamkeit. Und wenn du gehst, ihn in seiner Burg zu unterrichten, trage nicht das Grau. Wir sind hier keine Krieger. Dies ist kein Tempel der Dreißig.«
    »Wie du willst, Vater.«
    Der alte Mann erhob sich. »Als ich dich eben fand«, sagte er leise, »warst du in Gedanken versunken. Willst du deine Erinnerung mit mir teilen?«
    »Ich habe an Bel-Azar und Tenaka Khan gedacht. Ich dachte über jene letzte Nacht nach, als er allein die Mauer erkletterte und bis zum Morgengrauen bei uns saß. Er sprach von seinem Leben und seinen Träumen, und wir erzählten von unseren. Beltzer wollte ihn als Geisel nehmen, aber ich habe ihn überstimmt. Im Morgengrauen kletterte er vom Torturm und führte seine Truppen davon. Aber wir hatten noch immer die Fahne von Gothir – und damit war der Sieg unser, zumindest in der Theorie.«
    »Du hast den Mann bewundert?«
    »Ja. Er hatte etwas Edles. Aber ich weiß nicht, warum er uns am Leben ließ.«
    »Hat er es euch nicht gesagt?«
    »Nein. Aber er war kein Mann, der ohne Grund handelt, und das beschäftigt mich seit Jahren. Als er starb, reiste ich ins Land der Nadir und stand vor dem großen Grabmal von Ulric, wo auch Tenaka Khan beerdigt wurde. Ich wurde dorthin … gezogen. Ich ritt ins Lager der Wölfe und kniete vor dem Schamanen nieder. Ich fragte ihn, warum wir an jenem Tag verschont wurde. Er zuckte die Achseln. Er sagte, wir wären die
Shio-kas-atra
– die
Geister-die-noch-kommen-werden

    »Hast du das verstanden?«
    »Nein. Verstehst du es?«
    »Ich werde dafür beten, mein Sohn.«
     
    Als Beltzer erwachte, tobte ein wütender Schmerz in seinem Schädel. Er stöhnte und richtete sich auf. Ihm drehte sich der Magen um. Erzog seine Stiefel an und stand mühsam auf, ging vom Bett zum Fenster und öffnete es. Eine sanfte
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