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Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz

Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz

Titel: Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz
Autoren: David Gemmell
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Mauer und setzten ihre Leitern an. Immer mehr Legionskrieger erreichten die Mauerbrüstung.
    Ananais spürte, wie ihm der Kampf entglitt, und kalte Wut breitete sich in ihm aus. Obwohl die Chancen gegen sie standen und trotz seiner Gewißheit, daß sie nicht siegen konnten, erzürnte es ihn maßlos. Er hatte in seinem Leben niemals einen Kampf verloren. Jetzt, im Angesicht des Todes, wurde ihm selbst dieser kleine Trost genommen.
    Er wehrte einen Stoß ab, wirbelte seine Klinge herum und stieß sie unter einen schwarzen Helm. Der Mann fiel nach hinten und ließ dabei sein Schwert fallen, das Ananais auffing. Dann stürzte er sich in das Gewühl, brachte jetzt mit zwei Schwertern Tod und Vernichtung. Er blutete aus vielen kleinen Wunden, doch seine Kraft war ungemindert.
    Hinter der Mauer erhob sich ein gewaltiges Gebrüll. Ananais konnte sich nicht umdrehen, sah aber die Verwirrung in den Gesichtern der Legionssoldaten. Plötzlich war Rayvan neben ihm, einen Schild am Arm und ein Schwert in der Faust. Die Legion wurde zurückgedrängt.
    Die Frauen von Skoda waren gekommen!
    Da es ihnen an Fertigkeit im Umgang mit Waffen mangelte, stürzten sie sich blindlings ins Getümmel und hieben wild um sich, so daß sie den Feind durch ihre schiere Zahl niedermachten.
    Der letzte Legionskrieger wurde von der Mauer geschleudert, und die Skoda-Männer nahmen ihre Bögen und schickten die Eindringlinge damit bis außer Schußweite zurück.
    »Schafft die Toten von der Brüstung!« rief Ananais.
    Eine Zeitlang tat sich nichts, während die Männer ihre Frauen und Töchter, Schwestern und Mütter umarmten. Andere knieten bei den Toten und weinten.
    »Dafür haben wir jetzt keine Zeit«, sagte Ananais, doch Rayvan nahm ihn beim Arm.
    »Dafür ist immer Zeit, Schwarzmaske. Das macht uns zu Menschen. Laß sie.«
    Ananais nickte und sank an der Brüstung zusammen, lehnte seinen schmerzenden Rücken an die Mauer.
    »Du erstaunst mich, Frau!«
    »Dann bist du aber leicht zu erstaunen«, sagte sie und glitt neben ihn an die Mauer.
    Er blickte sie an und grinste. »Ich wette, in jungen Jahren warst du eine Schönheit.«
    »Du auch, soviel ich gehört habe.«
    Er kicherte und schloß die Augen.
    »Warum heiraten wir nicht?« schlug er vor.
    »Wir werden morgen tot sein.«
    »Dann sollten wir von einer langen Verlobungszeit Abstand nehmen.«
    »Du bist zu alt für mich, Schwarzmaske.«
    »Wie alt bist du?«
    »Sechsundvierzig«, antwortete Rayvan.
    »Perfekt.«
    »Du mußt ganz schön verzweifelt sein. Und du blutest – geh und laß deine Wunden versorgen.«
    »Ein Heiratsantrag – und schon kommandierst du mich herum.«
    »Frauen sind nun mal so. Und jetzt ab mit dir!«
    Sie sah ihm nach, wie er zum Krankenhaus ging; dann zog sie sich hoch und blickte zur Legion hinunter. Sie formierte sich neu.
    Rayvan wandte sich zu den Verteidigern. »Bringt die Toten von der Mauer, ihr Holzköpfe!« rief sie. »Kommt schon. Bewegt euch. Ihr Frauen, nehmt euch Schwerter und sucht euch Helme«, setzte sie hinzu. In ihrer Nähe lag ein toter Legionssoldat, und sie nahm ihm den Helm ab, ehe sie ihn über die Brüstung rollte. Der Helm war aus Bronze und hatte einen schwarzen Federbusch. Er paßt gut, dachte sie, als sie den Kinnriemen festschnürte.
    »Du siehst hinreißend aus, Rayvan«, sagte Thorn.
    »Du stehst wohl auf Behelmte, was, du alter Hirsch?«
    »Ich habe immer auf dich gestanden, Weib! Seit dem Tag auf der Nordweide.«
    »Ach, du erinnerst dich? Das ist ein Kompliment.«
    Thorn lachte. »Ich glaube nicht, daß dich je ein Mann vergessen könnte.«
    »Nur du kannst mitten in einer Schlacht an so etwas denken. Du bist ein brünftiger Hirsch, alter Mann! Ananais hatte wenigstens den Anstand, mich zu fragen, ob ich ihn heiraten will.«
    »Hat er es endlich geschafft? Tja, er kann seine Augen nicht bei sich behalten, und in deinem Fall kann ich’s ihm nicht verdenken.«
    »In einem Tag werden seine Augen nicht weit wandern können«, sagte sie.
    Die Legion griff erneut an.
    Eine Stunde lang kämpfte sie, um einen Fußbreit auf der Brüstung zu gewinnen, doch die Verteidiger hatten frische Kraft und neuen Mut gesammelt. Lake hatte säckeweise kleine Steine sammeln lassen, die er in die Schalen seiner riesigen Bögen schüttete. Dreimal pfiffen die Geschütze und trafen die Legion, ehe eins der Geräte unter der Last zusammenbrach.
    Die Eindringlinge wichen zurück.
    Als die Sonne am dritten Tag aufging, hielt die Mauer noch immer.
     
    Ananais
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