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Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Titel: Die drei Stigmata des Palmer Eldritch
Autoren: Philip K. Dick
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geschlagen. Nicht erst in hundert Jahren, sondern jetzt. Die Caltech-Prognosen hätten sich als falsch erwiesen ... aber das war selbstverständlich Unsinn; eine Stromleitung des New Yorker E-Werks war defekt gewesen. Robot-Mechaniker hatten den Fehler schnell ausfindig gemacht und behoben.
    Richards Frau saß, in einem blauen Kittel, im Wohnzimmer und bestrich ein ungebranntes Keramikstück sorgfältig mit Glasur; die Zungenspitze klemmte zwischen ihren Lippen, und ihre Augen leuchteten. Sie bewegte den Pinsel geschickt auf und ab, und er konnte jetzt schon erkennen, daß es ein schönes Stück werden würde. Emilys Anblick erinnerte ihn an die Aufgabe, die ihm heute bevorstand: eine Aufgabe, die ihm gar nicht behagte.
    »Vielleicht sollten wir noch ein Weilchen warten, bevor wir uns an ihn wenden«, sagte er mürrisch.
    »Das ist die beste Kollektion, die wir je hatten. Wir müssen sie ihm vorführen«, erwiderte Emily, ohne aufzublicken.
    »Und wenn er nein sagt?«
    »Wir geben nicht nach. Oder dachtest du etwa, ich werfe die Flinte ins Korn, nur weil mein Verflossener nicht voraussehen kann – oder will –, daß unsere neuen Stücke ein Renner werden?«
    »Du kennst ihn; ich nicht«, sagte Richard. »Er ist dir doch nicht böse, oder? Er trägt dir doch hoffentlich nichts nach?« Was sollte Emilys Exmann ihr auch nachtragen? Niemand hatte ihm etwas getan; nach allem, was Emily ihm erzählt hatte, war es genau umgekehrt gewesen.
    Es war merkwürdig. Er hatte so viel von Barney Mayerson gehört und war ihm trotzdem nie begegnet, hatte ihn nie persönlich kennengelernt. Doch nun war es soweit. Um neun Uhr hatte er einen Termin in Mayersons Büro bei P. P. Layouts. Natürlich hielt Mayerson die Zügel in der Hand; vermutlich würde er nach einem kurzen Blick auf ihre Keramikkollektion rundweg ablehnen. Nein, würde er sagen, P. P. Layouts ist an einer Min-Ausgabe nicht interessiert. Vertrauen Sie auf meine Präkog-Fähigkeiten, meine Erfahrung und mein Pre-Fash-Marketing-Talent. Und: Abgang Richard Hnatt, mit seinen Töpferwaren unter dem Arm – ein Mann, dessen letzte Hoffnung sich zerschlagen hatte.
    Er sah aus dem Fenster und stellte mißmutig fest, daß die Hitze die Grenze des Erträglichen schon überschritten hatte; die Laufrinnen waren menschenleer, die Leute hatten vor der Sonne Schutz gesucht. Es war halb neun, er mußte los; er stand auf, ging in den Flur und holte den Tropenhelm und das obligatorische Kühlaggregat aus dem Garderobenschrank; nach dem Gesetz mußte bis Einbruch der Dunkelheit jeder Pendler eines auf dem Rücken tragen.
    »Bis dann«, sagte er zu seiner Frau und drehte sich an der Wohnungstür noch einmal um.
    »Bis dann, und viel Glück.« Sie war völlig in den komplizierten Glasurvorgang vertieft, und plötzlich wurde ihm bewußt, welche Spannung auf ihr lastete; sie konnte es sich nicht erlauben, auch nur einen Augenblick zu unterbrechen. Als er die Tür aufmachte und in den Korridor hinaustrat, spürte er den kühlen Luftzug des mobilen Aggregats, das auf seinem Rücken vor sich hin tuckerte. »Ach«, sagte Emily, als er die Tür zuziehen wollte; sie hob den Kopf und strich sich das lange braune Haar aus dem Gesicht. »Ruf mich an, wenn du bei Barney warst, sobald du Bescheid weißt.«
    »Ist gut«, sagte er und machte die Tür hinter sich zu.
    Am Ende der Rampe, in der hauseigenen Bank, öffnete er ihr gemeinsames Schließfach und brachte die Stahlkassette in einen stillen Nebenraum; dort entnahm er ihr den Schaukasten mit dem Keramiksortiment, das er Mayerson vorführen wollte.
    Kurz darauf saß er im thermoversiegelten Kurzstrecken-Pendel-Express auf dem Weg zu. P. P. Layouts im Zentrum von New York City, dem großen, farblosen Gebäude aus synthetischem Beton, aus dem Perky Pat und alles Zubehör ihrer Miniaturwelt stammten. Die Puppe, überlegte er, die den Menschen zur selben Zeit erobert hatte wie der Mensch die Planeten des Sol-Systems. Perky Pat, die Kultfigur der Kolonisten. Wie bezeichnend für das Leben in den Kolonien ... was brauchte man mehr zu wissen über jene Unglücksraben, die, im Rahmen der UN-Wehrpflichtgesetze, von der Erde verstoßen worden waren, mit dem Befehl, auf dem Mars, der Venus oder Ganymed – oder wohin auch immer die Bürokraten der UN sie zu verbannen pflegten – ein neues, außerirdisches Leben anzufangen ... und irgendwie zu überleben.
    Und wir denken, es ginge uns schlecht, dachte er.
    Sein Sitznachbar, ein Mann mittleren Alters mit grauem
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