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Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere
Autoren: Alexander Dumas
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etwas gefallen, als von dem Herrn Kardinal und dem König. Nur durch Mut, verstehe mich wohl, durch Mut allein macht heutzutage ein Edelmann seine Bahn. Wer eine Sekunde lang zittert, läßt vielleicht den Köder entschlüpfen, den ihm das Glück gerade in dieser Sekunde darbot. Du bist noch jung, und so hast du zwei Ursachen, um tapfer zu sein; fürs erste, weil du ein Gascogner, und fürs zweite, weil du mein Sohn bist. Ich habe nur noch ein Wort hinzuzufügen: es ist ein Beispiel, das ich dir vorstelle, aber nicht das meinige; denn ich war noch nie bei Hof und habe nur als Freiwilliger die Religionskriege mitgemacht; ich will von Herrn von Tréville sprechen, der einstmein Nachbar war und die Ehre genoß, noch als Kind mit unserm König Ludwig XIII. zu spielen, den uns Gott bewahre. Bisweilen arteten ihre Spiele in Schlachten aus, wobei der König nicht immer der Stärkere war. Die Schläge, die er da erhielt, flößten ihm für Herrn von Tréville viel Achtung und Freundschaft ein. Jetzt ist er, ungeachtet der Edikte, Befehle und Urteilssprüche, Kapitän der Musketiere; Oberhaupt einer Legion der Cäsaren, auf die der König große Stücke hält und die der Kardinal fürchtet, der sich selbst vor niemandem scheut, wie jeder weiß. Ferner bezieht Herr von Tréville jährlich zehntausend Taler, und so ist er ein wahrhaft großer Herr. Er hat so angefangen wie du; gehe zu ihm mit diesem Brief und richte dich nach ihm, damit du werdest, was er ist.«
    Hierauf umgürtete Herr d'Artagnan, der Vater, seinem Sohne den eigenen Degen, küßte ihn auf beide Wangen und erteilte ihm den Segen.
    Der junge Mann begab sich noch an demselben Tag auf die Reise, ausgestattet mit den drei väterlichen Geschenken, die, wie schon gesagt, aus fünfzehn Talern, aus dem Pferd und dem Brief an Herrn von Tréville bestanden; die Ratschläge waren bloß die Daraufgabe, wie es sich erachten läßt.
    Als er vor der Tür des »Freimüllers« im Städtchen Meung vom Pferde stieg, ohne daß ein Wirt, ein Kellner oder Stallknecht kam, um ihm den Steigbügel zu halten, so erblickte er durch ein halbgeöffnetes Fenster im Erdgeschoß einen Edelmann von schönem Wuchs und edler Miene, obwohl mit etwas gerunzelter Stirn, während dieser mit zwei Personen sprach, die ihn aufmerksam anzuhören schienen. D'Artagnan war, wie gewöhnlich, ganz natürlich der Meinung, er sei der Gegenstand des Gesprächs und horchte. Diesmal hatte sich d'Artagnan nur halb getäuscht; es war nicht von ihm, sondern von seinem Pferde die Rede. Der Edelmann schien seinen Zuhörern alle Eigenschaften dieses Kleppers aufzuzählen; und da diese Zuhörer, wie gesagt, eine große Ehrfurcht vor ihrem Erzähler zu haben schienen, so erhoben sie ein lautes Gelächter. Wie nun schon ein halbes Lächeln hinreichte, um die Zornmütigkeit des jungen Mannes zu entflammen, so erklärt es sich, welche Wirkung solch eine lärmende Fröhlichkeit auf ihn hervorbrachte. Zuvörderst wollte sich aber d'Artagnan über die Physiognomie des Verwegenen, der ihn verhöhnte, Rechenschaft geben. Er richtete seinen Blick stolz auf den Fremden, und erkannte in ihm einen Mann von vierzig bis fünfundvierzig Jahren, mit schwarzen, durchdringenden Augen, blasser Gesichtsfarbe, stark hervorragender Nase und einem schwarzen, gutgeschnittenen Schnurrbart; er trug ein Wams und violettblaue Beinkleider mit Schnürnesteln von derselben Farbe, ohne eine andere Verzierung als die gewöhnlichen Schleifen, durch die das Hemd ging. Obgleich dieses Wams und die Beinkleider neu waren, so schienen sie dochstark zerkrümmt, als wären sie lange auf der Reise verpackt gewesen. D'Artagnan machte alle seine Bemerkungen mit der Raschheit des genauesten Beobachters, zweifelsohne von einem instinktartigen Gefühl angetrieben, das ihm sagte, daß dieser Unbekannte auf sein künftiges Leben einen großen Einfluß haben sollte.
    Wie nun in dem Augenblick, als d'Artagnan sein Auge auf den Edelmann mit der violettblauen Hose richtete, dieser in bezug auf den bearnischen Klepper eine seiner gelehrtesten und gründlichsten Demonstrationen machte, so erhoben seine zwei Zuhörer ein lautschallendes Gelächter, und er selbst ließ, sichtlich wider seine Gewohnheit, ein blasses Lächeln, wenn man so sagen darf, über sein Gesicht hingleiten. Diesmal lag es außer allem Zweifel, d'Artagnan wurde wirklich verhöhnt. Er drückte somit, voll von dieser Überzeugung, sein Barett tief in die Augen, und indem er einige Hofmienen nachzuahmen
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