Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere
Autoren: Alexander Dumas
Vom Netzwerk:
Feldlager, und zwar von sechs Uhr morgens im Sommer und von acht Uhr im Winter. Fünfzig bis sechzig Musketiere, die sich hier abzulösen schienen, gingen ohne Unterlaß, kriegsgerüstet und zu allem bereit, auf und nieder. Auf einer der großen Treppen, auf deren Raum unsere moderne Zivilisation ein ganzes Haus erbauen würde, wandelten die Bittsteller von Paris auf und nieder, die nach irgend einer Begünstigung strebten; ferner die Edelleute der Provinz, die sich anwerben lassen wollten und die mit allen Farben verbrämten Lakaien, die an Herrn von Tréville die Botschaften ihrer Gebieter überbrachten. Im Vorgemach saßen auf langen, kreisförmigen Bänken die Auserwählten. Das Getöse währte vom Morgen bis zum Abend, während Herr von Tréville in seinem Kabinett, das an dieses Vorzimmer stieß, Besuche empfing, Klagen anhörte, Aufträge gab, und sich, wie der König auf seinem Balkon im Louvre, nur an sein Fenster zu stellen brauchte, um Menschen und Waffen an sich vorüberziehen zu sehen. An dem Tage, als d'Artagnan hier eintrat, war die Versammlung zahlreich und glänzend, zumal für einen Ankömmling ans der Provinz; dieser Provinzbewohner war zwar ein Gascogner, und zu jener Zeit standen die Landsleute des d'Artagnan nicht im Rufe, als ob sie sich so leicht einschüchtern ließen. Gelangte man einmal durch die mächtige Tür, die mit langen Nägeln mit viereckigen Köpfen beschlagen war, so geriet man wirklich unter eine Schar von Kriegern, die im Hof ab und zu gingen, sich anriefen, unter sich zankten und scherzten. Um sich einen Weg durch diese kreisenden Wirbel zu bahnen, wäre es vonnöten gewesen, ein Offizier, ein großer Herr oder eine hübsche Dame zu sein. Unser junger Mann schritt also mitten durch dieses Gewühl und Gewirre mit klopfendem Herzen, während er den langen Stoßdegen an die schmächtigen Beine drückte, und eine Hand mit dem verlegenen, landmäßigen Halblächeln, das einen guten Anstand verraten soll, an den Rand seines Filzes legte. So oft er sich durch eine Gruppe gedrängt hatte, atmete er leichter; doch merkte er recht gut, daß man sich umdrehte, um ihm nachzublicken, und zum erstenmal in seinem Leben kam sich d'Artagnan lächerlich vor, nachdem er bis zu diesem Tag eine recht gute Meinung von sich gehabt hatte. Als er zu der Treppe kam, ging es noch schlimmer; hier waren auf den ersten Stufen vier Musketiere, die sich mit der folgenden Leibesübung ergötzten, indes zehn oder zwölf ihrer Kameraden auf dem Treppenabsatz warteten, bis die Reihe an sie kam.
    Da d'Artagnan der Menge von Höflingen des Herrn von Tréville ganz fremd war und an diesem Orte zum erstenmal bemerkt wurde, so fragte man ihn, was er wünsche. Auf diese Frage nannte d'Artagnan ganz demütig seinen Namen, stützte sich auf den Titel eines Landsmannes und ersuchte den Kammerdiener, der jene Frage an ihn gestellt hatte, ihm bei Herrn von Tréville eine kurze Audienz zu verschaffen, und diese Bitte versprach man im Ton eines Beschützers zur rechten Zeit und am rechten Orte vorzubringen. D'Artagnan, der sich von seinem ersten Erstaunen ein bißchen erholt hatte, gewann jetzt Muße, ein wenig die Kleidertracht und die Physiognomien zu studieren. Der Mittelpunkt der lebhaftesten Gruppe war ein Musketier von hohem Wuchse mit stolzem Antlitz und einer Bizarrerie im Anzug, welche die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zog. Er trug in diesem Moment nicht den Uniformrock, sondern einen himmelblauen, schon etwas abgenutzten Leibrock, und auf seinem Anzug gewahrte man ein schönes Wehrgehänge mit goldenem Strickwerk, das wie ein Wasserspiegel im Sonnenlichte strahlte. Ein langer Mantel von karmoisinrotem Samt fiel anmutig über seine Schultern und zeigte vorn nur das funkelnde Wehrgehänge, woran ein riesenhafter Stoßdegen hing. Dieser Musketier kam in diesem Augenblick von der Wache herab und beklagte sich über Schnupfen, wobei er von Zeit zu Zeit mit Affektion hustete. Auch hatte er eben deshalb seinen Mantel genommen, wie er zu seiner Umgebung sagte, und während er mit hochaufgerichtetem Kopfe sprach und stolz seinen Schnurrbart strich, bewunderten alle, und vorzüglich d'Artagnan, das gestickte Wehrgehänge.
    »Was wollt Ihr,« sagte der Musketier, »so ist es Mode; es ist eine Narrheit; ich weiß das wohl, allein es ist Mode! Übrigens muß man doch auch sein ehrlich erworbenes Geld zu etwas verwenden.«
    »Ha, Porthos!« rief einer der Anwesenden, »mach uns ja nicht glauben, daß du dieses Wehrgehäng
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher