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Die drei Musketiere

Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere
Autoren: Alexandre Dumas
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Gedächtnis riefen: eine doppelte Erinnerung, die jedem Menschen, gleichviel in welchem Alter, das Herz wieder jung macht. Aber fast zur gleichen Zeit machte er einen Schritt zum Vorzimmer hin und winkte d'Artagnan mit der Hand, als wenn er ihn bitten wollte, ihn erst die andern abfertigen zu lassen, bevor er sich ihm widme. Dann rief er dreimal hintereinander, jedesmal die Stimme verstärkend, daß sie alle Phasen vom Befehlston bis zum Ton des Ärgers und Zorns durchlief: »Athos! Porthos! Aramis!«
    Die beiden Musketiere, die auf die beiden letzten Namen hörten, verließen auf der Stelle die Gruppen, bei denen sie standen, und traten auf das Kabinett zu, dessen Tür sich hinter ihnen schloß, sobald sie die Schwelle überschritten hatten. Ihre Haltung, obwohl sie weit entfernt von Ruhe war, weckte durch ihre zugleich Würde und Untertänigkeit bekundende
    Ungezwungenheit d'Artagnans Bewunderung, der in diesen beiden Menschen Halbgötter, in ihrem Vorgesetzten aber einen mit all seinen Blitzen bewaffneten Jupiter erblickte.
    Als die Tür sich hinter den beiden Musketieren geschlossen, als das Summen, das im Vorzimmer herrschte und dem der dreimalige Namensaufruf augenscheinlich neue Nahrung
    gegeben, wieder angehoben, als endlich Herr von Tréville drei-, viermal, schweigsam und mit finsteren Brauen, das Kabinett in seiner vollen Länge durchschritten hatte, jedesmal an Porthos und Aramis vorbeigehend, die stumm und starr dastanden wie bei der Parade, machte er plötzlich ihnen gegenüber halt und rief, sie vom Kopf bis zu den Füßen mit zornigem Blick
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    messend: »Wissen Sie, meine Herren, was mir der König gesagt hat, und zwar gestern abend – wissen Sie das, meine Herren?« –
    »Nein«, antworteten sie nach kurzer Pause, »nein, Herr, wir wissen es nicht.« – »Sie erweisen uns aber hoffentlich die Ehre, es uns mitzuteilen«, setzte Aramis hinzu, im höflichsten Ton der Welt und einer höchst anmutigen Verbeugung. – »Daß er von jetzt ab seine Musketiere aus der Leibgarde des Herrn Kardinal nehmen werde!« – »Aus der Garde des Herrn Kardinal, und warum?« fragte Porthos lebhaft. – »Weil er wohl eingesehen hat, daß sein saurer Wein durch Mischung mit einem guten Tropfen aufgefrischt werden muß.«
    Die beiden Musketiere wurden rot bis hinter die Ohren.
    D'Artagnan wußte nicht, wie er daran war, und wäre am liebsten hundert Fuß unter die Erde gesunken.
    »Jawohl«, fuhr Herr von Tréville fort, sich in Feuer redend,
    »und Seine Majestät hatte recht, denn, auf Ehre: die Musketiere spielen bei Hofe eine traurige Rolle. Der Herr Kardinal hat erst gestern mit einer Beileidsmiene, die mich sehr verdrossen hat, beim Spiel Seiner Majestät erzählt, daß diese vermaledeiten Musketiere vorgestern – diese Teufelsbrut, und eine hämische Ironie legte er in diese Worte, die mich schier außer mir brachte
    – diese Bratspießhelden, sagte er noch und schielte mich dabei mit seinen Tigerkatzenaugen an – sich in der Rue Pérou in einer Schenke herumgetrieben hätten, und daß eine Runde seiner Leibgarde – ich habe wirklich gemeint, er wolle mir ins Gesicht lachen – sich genötigt gesehen, diese Skandalmacher zu arretieren... Mord und Brand! Davon müssen Sie doch etwas wissen? Musketiere verhaften. Leugnen Sie nicht! Sie sind mit dabei gewesen, Sie sind erkannt worden, der Kardinal hat Sie namhaft gemacht!... Mich trifft die Schuld, niemand als mich, weil ich meine Mannschaft rekrutiert habe! Sagen Sie mal, Aramis, wozu, Sackerment! haben Sie mich gebeten, Sie in die Kasacke zu stecken, da Sie sich doch vorzüglich für die Soutane eigneten? Und Sie, Porthos, haben Sie ein so schönes goldenes
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    Wehrgehänge bloß, um einen Strohdegen daran zu baumeln?
    Und Athos? Ich sehe ja Athos nicht! Wo steckt er?«
    »Er ist krank, Herr«, erwiderte Aramis traurig, »sehr krank.«
    – »Krank, sagen Sie? Sehr krank? Und was fehlt ihm denn?«. –
    »Er soll die Blattern haben, wird befürchtet, Herr«, antwortete Porthos, der auch ein Wort mitreden wollte, »und das wäre recht verdrießlich, weil ihm doch das hübsche Gesicht verunstaltet würde.« – »Blattern? Seh einer an! Da melden Sie mir ja eine schöne Sache, Porthos! Blattern? In seinem Alter?... Reden Sie nicht! Verwundet wird er sein, vielleicht gar tot?... Ha, wenn ich das wüßte! Sackerment, meine Herren Musketiere, ich kann nicht verstehen, aus welchem Grunde man sich so umhertreibt in verrufenen Kneipen, Skandal auf der Straße
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