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Die drei Musketiere

Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere
Autoren: Alexandre Dumas
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Kameraden machen!«
    D'Artagnan berichtete ihm, wie er Porthos mit einem
    verstauchten Knie im Bett und Aramis zwischen zwei Pfaffen,
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    im Begriff, der Welt zu entsagen, gefunden habe. Als er fertig war, kam auch der Wirt wieder mit dem halben Dutzend
    Flaschen und einem Schinken, den er zu seinem Glück nicht im Keller aufgehoben hatte. – »Schön!« rief Athos, zwei Gläser füllend; »ein Glas für Porthos und eins für Aramis! Aber, Freund, von Ihnen selbst habe ich ja nichts gehört; sagen Sie, wie ist es denn Ihnen ergangen? Sie schneiden ja ein recht trübseliges Gesicht!« – »Ach!« rief d'Artagnan, »ich bin der Unglücklichste von uns allen.« – »Du, d'Artagnan? Und wieso?«
    erwiderte Athos; »sage es mir doch!« – »Später, Athos, später!«
    – »Warum später?« fragte Athos; »Weil du mich für betrunken hältst? Dann laß dir eins sagen: Bei keinem gilt das Wort, daß im Wein Wahrheit liegt, so viel wie bei mir. Sprich, sprich! Ich bin ganz Ohr!«
    Nun erzählte d'Artagnan, wie es ihm mit Frau Bonacieux ergangen war. Athos lauschte seinen Worten, ohne ihn ein einziges Mal zu unterbrechen; als er aber zu Ende war, rief er:
    »Weiter nichts als erbärmliche Geschichten! Eine immer schlimmer als die andere!« – »Solche Worte, lieber Athos, aus Ihrem Mund?« versetzte d'Artagnan. »Das hört sich seltsam an!
    Sie haben wohl niemals geliebt?«
    Da blitzte es plötzlich wild auf in den Augen des Musketiers, aber in der nächsten Sekunde senkte sich wieder der trübe Schleier über sie, der sie gewöhnlich umflorte.
    »Ja, ja, Sie haben recht!« erwiderte er ruhig, »ich habe nie geliebt!« – »Da sehen Sie, wie unrecht Sie hatten, Sie steinernes Herz, gegen uns andere zarten Herzen hart zu sein!« – »Zarte Herzen, zerrissene Herzen!« höhnte Athos. – »Was sagen Sie da?« – »Daß Liebe eine Lotterie ist, wo der Gewinner mit dem Tode herauskommt! Glauben Sie mir, d'Artagnan, Sie sind ein glücklicher Mensch, da Sie verloren haben. Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, so bleiben Sie immer Verlierer!«
    »Sie schien mich doch so sehr zu lieben!« – »Schien!«
    wiederholte Athos. – »Oh, sie hat mich geliebt!« – »Kind, es
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    gibt keinen Mann, der nicht wie Sie geglaubt hätte, seine Liebste liebe ihn, und keinen, der nicht von seiner Liebsten betrogen worden wäre!« – »Sie, Athos, ausgenommen, denn Sie haben nie eine Liebste gehabt!« – »Ja, ja, Sie haben recht«, versetzte der Musketier nach einer kurzen Pause, »ich habe nie eine Herzliebste besessen! Also... trinken wir! trinken wir!« – »Mir tut Wissen not und Trost!« erwiderte d'Artagnan, »und ein Philosoph, wie Sie, Athos, kann mir beides geben. Lassen Sie mich nicht umsonst bitten!« – »Trost brauchen Sie?« fragte Athos. »Trost? Wofür?« – »Für mein Unglück.« – »Ihr Unglück wirkt auf meine Lachmuskeln«, versetzte Athos achselzuckend.
    »Da möchte ich wissen, was Sie sagen würden, wenn ich Ihnen mal eine Liebesgeschichte erzählte.« – »Die Ihnen passiert ist?«
    – »Oder einem Freund von mir, was kommt's darauf an?« –
    »Athos, erzählen Sie, erzählen Sie!« – »Trinken wir, dann wird's besser gehen.« – Er leerte sein Glas und füllte es wieder und suchte sich zu sammeln; aber je länger er saß und sann, desto bleicher wurde sein Antlitz; er befand sich in jenem Stadium der Trunkenheit, in dem der Durchschnittstrinker umsinkt und einschläft. Er aber träumte laut, ohne zu schlafen. »Sie bestehen wirklich darauf?« fragte er. – »Ich bitte Sie darum!« erwiderte d'Artagnan, – »Nun, so geschehe nach Ihrem Wunsch!« rief er.
    Noch einmal leerte er sein Glas und füllte es noch einmal; dann begann er mit finsterem Lächeln:
    »Eines Freundes Geschichte, verstehen Sie wohl? Nicht
    meine eigene. Es war ein Graf im Berry, edel wie ein Dandalo oder ein Montmorency; der verliebte sich mit fünfundzwanzig in ein Mädchen von sechzehn, die schön war wie eine
    Liebesgöttin. Durch die Unschuld ihres Alters sprühte ein sengender Geist, kein Frauen-, sondern ein Dichtergeist; sie weckte nicht Verlangen, sondern berauschte; sie lebte in einem Dorf bei ihrem Bruder, der Geistlicher war. Sie waren beide ins Land gekommen, doch niemand wußte, woher. Wer sie aber sah in ihrer Schönheit und ihren Bruder in seiner Frömmigkeit, der
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    dachte nicht daran, sie zu fragen, von wannen sie kämen. Zudem ging die Rede, sie seien guten Herkommens. Mein Freund, der Grundherr
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