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Die Dornen der Rose (German Edition)

Die Dornen der Rose (German Edition)

Titel: Die Dornen der Rose (German Edition)
Autoren: Joanna Bourne
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kannst dann sauber machen, wenn sie sich übergibt.«
    Die dunkle Miene des Jungen zeigte keine Regung. »Dann füttern Sie sie. Sie ist Ihr Haustier.« Er warf das Brot in LeBretons grobe Richtung und stapfte davon.
    Sie sollten ihr das Brot nicht erst zeigen und dann wegnehmen. Für dieses Brot hätte sie alles in Stücke gerissen.
    »Ich behalte ihn, weil er so an den Eseln hängt.« LeBreton hob das Brot auf und wischte es ab, um es in Stücke zu reißen und auf seinem Oberschenkel auszulegen. Bevor er ihr ein Stück reichte, blies er darauf. »Außerdem ist er sehr ehrlich. Man muss schon verdammt lange suchen, um einen Jungen zu finden, der so aufrichtig ist. Und auch noch so liebenswürdig.«
    Sie riss ihm das Brot nicht wie ein Tier aus der Hand, um es sich in den Mund zu stopfen. Sie aß ordentlich. Gezügelt. Man hatte eine wahre Dame aus ihr gemacht.
    Als sie fertig war, nahm er ein weiteres Stück, aß es zur Hälfte und gab ihr den Rest. »Er hat nicht daran gedacht, dass Sie noch nicht so schnell essen dürfen. Jetzt ärgert er sich über sich selbst.«
    »In diesem Alter ist man offen und ehrlich, und leicht eingeschnappt.« Vielleicht hatte sie sich den Mund verbrannt, sie fühlte jedoch nichts.
    Das nächste Bröckchen, das geteilt wurde. Ein Stück für sie, ein Stück für ihn. Sie hätten Freunde sein können, wie sie da zusammen am Feuer saßen, Brot rösteten und es sich gegenseitig stückchenweise reichten. LeBreton redete ohne Unterlass, doch sie hörte ihm nicht zu. »… solange Ihre Gedanken kreisen wie ein Eichhörnchen im Käfig. Und wenn ich vorhätte, Ihnen etwas Schreckliches anzutun – was ich trotz zahlreicher Gelegenheiten wohlgemerkt unterlassen habe –, dann könnten Sie nicht viel dagegen tun, da ich doppelt so groß wie Sie und stark wie ein Ochse bin. So, und das reicht jetzt erst einmal.« Er stand auf und legte das übrige Brot auf den umgedrehten Pflanztopf, der ihnen als Tisch diente.
    Er hatte recht. Sie war zwar immer noch hungrig, sollte aber lieber nicht mehr essen.
    »Konzentrieren Sie sich schon Adrian zuliebe darauf, das im Magen zu behalten, was Sie gerade zu sich genommen haben.«
    Er gab ihr zu essen und spielte den Harmlosen. Auf unauffällige Weise war er hochintelligent. Er war eine einzige Täuschung vom Scheitel seiner langen, ungepflegten Haare, die er sich ins Gesicht schüttelte, um es zu verbergen, bis zu den abgelaufenen Sohlen seiner Stiefel. Ein solcher Mann verirrte sich nicht zufällig auf das Château.
    Bist du einer von uns? Gehörst du zu La Flèche?
    Sie versuchte es mit der meistbenutzten Parole von La Flèche: »Wenn der Wind günstig steht, kann man die Rosen im Garten riechen.«
    »Rosen? Im Vorbeigehen habe ich ein paar gesehen. Sehr hübsch.«
    Das war nicht die richtige Antwort. Sie hätte nicht gedacht, dass sie so enttäuscht sein würde.
    »Wenn Sie fertig sind, lege ich eine Decke ans Feuer. Sie brauchen etwas Schlaf«, sagte er.
    Wie recht er damit hatte. Wenn sie fliehen wollte, musste sie zuerst ein wenig schlafen. In der Nacht, wenn seine Aufmerksamkeit nachließ, würden ihre Chancen ganz gut stehen.
    Er nahm ihr die leere Tasse ab. »Sie können aber auch einfach nur wach liegen und sich lauter Dinge einfallen lassen, die ich Ihnen antun könnte, jetzt gerade aber nicht tue.«
    Das trübe Zwielicht eines langen Juliabends wich allmählich der Dunkelheit, als Doyle seine Runde über das Gelände beendete und zur Orangerie zurückkehrte. Eine Zeit lang hatte es mal leicht genieselt, mal nicht – meist das Erstere. Er war bis auf die Haut durchnässt.
    Während er den Garten umrundete, hatte er immer wieder einen Blick zum Licht der Orangerie geworfen. Zwar konnte er die auf dem Strohlager schlafende Frau nicht sehen, doch Hawker war da, den Rücken an die Wand gelehnt, eine Kerze neben sich und ein Buch im Schoß, während er aufmerksam Wache hielt. Alle paar Zeilen blickte er kurz hoch, alle zehn bis fünfzehn Minuten machte er einen Rundgang durch die Orangerie. Es sprach wirklich einiges dafür, seine Spießgesellen in der Londoner Unterwelt zu rekrutieren. Lazarus, der König der Diebe, bildete seine Leute gründlich aus.
    Als Doyle sich vor den Fenstern blicken ließ, legte Hawker das Buch beiseite und ging zu ihm. Sie zogen sich unter eine Eiche zurück, die weit genug entfernt war, dass ihre Französin sie nicht belauschen konnte, jedoch auch nah genug, um sie gut im Auge behalten zu können. Außerdem wurden sie dort
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