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Die Doppelgaengerin

Die Doppelgaengerin

Titel: Die Doppelgaengerin
Autoren: Linda Howard
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rückwärts zur Tür. Das mag dämlich aussehen, ist aber ein Wahnsinnstraining für Schenkel und Po.
    Niemand hechtete sich auf mich. Ich hörte überhaupt kein Geräusch außer hin und wieder ein vorbeifahrendes Auto auf der Parker Street, und das war irgendwie noch gespenstischer, als wenn sie mich kreischend über das Autodach hinweg angesprungen hätte. Nicht, dass ich geglaubt hätte, Nicole könnte so weit springen. Dazu hätten ihre Turnkünste alles, was sie uns im Studio gezeigt hatte, weit, weit übersteigen müssen, und das taten sie bestimmt nicht, weil sie uns andernfalls ständig damit auf die Nerven gegangen wäre. Sie schaffte nicht mal einen Spagat, und wenn sie jemals einen Rückwärts-Flickflack versucht hätte, wären ihr dabei garantiert die fetten Euter ins Gesicht geklatscht.
    O Gott, ich wünschte, sie hätte wenigstens ein einziges Mal einen Rückwärts-Flickflack probiert.
    Meine Hände zitterten nur leicht – na gut, sie zitterten wie Espenlaub –, aber ich bekam die Tür gleich beim ersten Versuch auf. Ich flog praktisch durch den Türspalt, und ganz ehrlich, ich bereute bitter, dass ich mir nicht etwas mehr Raum gegeben hatte, weil ich nämlich mit dem Oberarm gegen den Türrahmen knallte und mir einen dicken blauen Fleck holte. Aber immerhin war ich drinnen. Ich knallte die Tür zu, legte den Riegel vor und krabbelte auf allen vieren los, weil ich Angst hatte, dass sie durch die Tür schießen könnte.
    Nachts lasse ich immer zwei Notlichter brennen, aber die sind beide vorne. Der Schalter für das Licht im hinteren Flur befindet sich natürlich genau neben der Tür, und dorthin wollte ich auf gar keinen Fall zurück. Weil ich nichts sehen konnte, krabbelte ich den Flur entlang und tastete mich an der Damentoilette vorbei – die Herrentoilette war auf der anderen Seite des Flurs – weiter zum Pausenraum und schließlich bis zur dritten Tür vor, die in mein Büro führt.
    Ich fühlte mich wie ein Baseballspieler nach einem Homerun. Ich war in Sicherheit!
    Nachdem mehrere Mauern und eine verriegelte Tür zwischen mir und dieser Psycho-Schlampe waren, konnte ich endlich aufstehen, das Licht einschalten, nach meinem Telefon greifen und wutentbrannt die 911 eintippen. Wenn sie glaubte, ich würde ihr dafür nicht die Polizei auf den Hals hetzen, dann hatte sie schwer unterschätzt, wie stinksauer ich auf sie war.

2
    Genau vier Minuten und siebenundzwanzig Sekunden später hielt auf dem vorderen Parkplatz ein Streifenwagen mit blitzendem Blaulicht. Ich weiß das so genau, weil ich die Zeit gestoppt habe. Wenn ich der Notrufzentrale melde, dass auf mich geschossen wird, dann erwarte ich eine prompte Reaktion der Polizeidienststelle, die ich mit meinen Steuern finanziere. Alles unter fünf Minuten, hatte ich mir zurechtgelegt, war noch okay. In mir haust eine kleine Diva, der ich ab und zu eine knallen muss, wenn sie allzu aufmüpfig wird, denn es ist einfach so, dass die Leute viel schneller kooperieren, wenn man ihnen nicht gleich den Kopf abbeißt (wer hätte das gedacht?), weshalb ich mir alle Mühe gebe, stets so nett zu sein, wie ich nur kann – was meinen Ex allerdings nicht einschließt –, aber wenn ich Angst um mein Leben habe, kann ich für nichts garantieren.
    Nicht, dass ich hysterisch gewesen wäre oder so. Ich stürmte nicht aus der Tür und warf mich in die Arme des erstbesten Bullen – auch wenn ich das nur zu gern getan hätte –, aber die beiden Polizisten hatten schon die Hand an der Waffe, als sie aus ihrem Auto stiegen, und ich hatte den bösen Verdacht, dass sie auf mich schießen würden, wenn ich auf sie zugerannt käme. Vom Schießen hatte ich für eine Nacht genug, darum schaltete ich das Licht an und machte die Tür auf, blieb aber im Eingang stehen, wo sie mich sehen konnten und ich gleichzeitig vor allen herumschleichenden Psycho-Schlampen geschützt war. Außerdem hatte sich das Nieseln zu einem richtigen Regen gemausert, und ich wollte nicht nass werden.
    Ich war ganz ruhig. Ich hüpfte nicht quiekend von einem Fuß auf den anderen. Na gut, das Adrenalin und der Stress machten sich bemerkbar, und ich zitterte am ganzen Leib und hätte gern meine Mom angerufen, aber ich überspielte das und weinte nicht mal.
    »Wir haben eine Meldung bekommen, dass hier geschossen wurde, Madam«, sagte der eine Bulle, als ich zur Seite trat und die beiden reinließ. Sein wacher Blick tastete peinlich genau den leeren Empfangsraum ab, ob nicht irgendwo ein paar bewaffnete
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