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Die Doppelgaengerin

Die Doppelgaengerin

Titel: Die Doppelgaengerin
Autoren: Linda Howard
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gut macht? Ich sagte ihm, er könne mich mal lecken. Nicht, dass er mich nie zuvor geleckt hätte, aber diesmal meinte ich woanders, klar?
    In der Scheidungsvereinbarung habe ich ihn richtig abgezockt. Vielleicht sollte ich deswegen ein schlechtes Gewissen haben; ich meine, aus feministischer Sicht ist das nicht gerade der Königsweg. Auf eigenen Füßen stehen, es aus eigener Kraft schaffen und so weiter und so fort. Dabei glaube ich tatsächlich an all das, aber ich wollte Jason leiden lassen. Ich wollte ihn bestrafen. Wofür? Dass ich ihn dabei erwischt hatte, wie er an Silvester mit meiner jüngsten Schwester Jennifer rumknutschte, während die restliche Familie im Wohnzimmer war und fieberhaft dem Football-Spiel folgte. Jenni war damals siebzehn.
    Also, auch wenn ich wütend bin, weiß ich ganz genau, was ich tue. Als ich sie im Esszimmer stehen sah, schlich ich auf Zehenspitzen davon und holte eine der Einwegkameras, die wir damals benutzten, um die Feier für Jasons Wahlkampf zu dokumentieren – der Kandidat im Kreise der Familie, alle fröhlich um einen Tisch versammelt, auf dem sich sämtliche Arterien verstopfende Süßigkeiten häufen, während im Fernsehen das Football-Spiel läuft. Er bevorzugte die Fotos von unseren Familienfeiern, weil meine Familie viel besser aussieht als seine. Jason ließ nichts aus, was seinem Wahlkampf genutzt hätte.
    Jedenfalls schoss ich ein echt gutes Bild von Jason und Jenni, mit Blitz und allem, damit er wusste, dass ich ihn am Sack hatte. Was hätte er tun sollen? Mir hinterherjagen, sich vor den Augen meines Vaters auf mich hechten und mir die Kamera aus der Hand reißen? Wohl kaum. Zum einen hätte er dann einiges zu erklären gehabt, und natürlich konnte er nicht darauf zählen, dass ich seine Story stützen würde. Zum anderen hätte ihn mein Vater mit einem Tritt in den Fernseher befördert, wenn er es gewagt hätte, seiner Prinzessin und weiblichen Stammhalterin ein Haar zu krümmen. Habe ich schon erwähnt, dass ich Daddys Augenstern bin?
    Also reichte ich die Scheidung ein, und Jason gab mir alles, was ich verlangte, und das unter einer einzigen Bedingung: Dass ich ihm das Foto und das Negativ von ihm und Jenni gab. Na klar, warum auch nicht? Schließlich hatte ich sicherheitshalber mehrere Abzüge machen lassen.
    Vielleicht meinte Jason, ich sei zu blöd dafür. Es ist ein schwerer Fehler, die Skrupellosigkeit deiner Gegner zu unterschätzen. Auch aus diesem Grund wird es Jason in der Politik nie weit bringen, schätze ich.
    Außerdem erzählte ich Mom, dass sich Jenni von Jason hatte küssen lassen. Es glaubt doch wohl niemand, dass die kleine falsche Möchtegern-Lolita ungeschoren davongekommen wäre, oder? Nicht, dass ich Jenni nicht lieben würde, aber sie ist unser Nesthäkchen und glaubt, ihr steht alles und vor allem jeder zu, den sie sich in den Kopf gesetzt hat. Ab und zu muss man sie in die Schranken weisen. Außerdem ist mir aufgefallen, dass sich auch ihr Name reimt: Jenni Mallory. Eigentlich heißt sie Jennifer, aber niemand nennt sie so, deshalb zählt das nicht. Ich weiß nicht, was mich so an Namen stört, die sich reimen, aber ich sollte mich unbedingt von solchen Leuten fern halten. Trotzdem habe ich Jenni verziehen, weil sie meine Schwester ist. Jason würde ich nie im Leben verzeihen.
    Und so knöpfte sich Mom Jenni vor, die mich unter Tränen um Verzeihung bat und versprach, von nun an ein artiges Mädchen zu sein oder zumindest mehr Geschmack zu beweisen, während meine zweite Schwester Siana, die damals Jura studierte, die Verhandlungen mit Jason übernahm. Der Name »Siana« soll angeblich die walisische Form von »Jane« sein, aber ganz unter uns: In Wahrheit bedeutet der Name »männerfressende Hyäne mit niedlichen Grübchen«. Das ist Siana nämlich.
    Nachdem die Mallory-Frauen erst in Aktion getreten waren, ging die Scheidung in Rekordzeit über die Bühne, ohne dass Daddy je mitgekriegt hätte, warum wir eigentlich so sauer auf Jason waren. Nicht, dass es ihn besonders interessiert hätte; wenn wir sauer auf ihn waren, dann war er schon unseretwegen ebenfalls sauer auf ihn. Ist er nicht ein echter Schatz?
    In der Scheidungsvereinbarung bekam ich von Jason einen goldenen Abschiedskuss, tausend Dank. Und das rote Mercedes-Cabrio natürlich, aber das Geld war wichtiger, denn das legte ich an. Ich kaufte mir eine Muckibude. Ein Fitnesscenter. Schließlich soll man die eigenen Talente nutzen, und ich weiß, wie man sich in Form hält.
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