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Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers

Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers

Titel: Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers
Autoren: Nora Roberts
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einen Moment trübe. Dann klärte sich ihr Blick, und sie nahm die zerwühlten Laken wahr.
    Was für eine Nacht, dachte sie und befreite ihre Beine. Aber das war ja kein Wunder, nicht bei dem, was ihr heute bevorstand. Sie atmete einmal tief durch, riss dann mit einem Ruck ihre Shorts vom Boden hoch und zog sie über. In dem T-Shirt, in dem sie auch geschlafen hatte, trat sie fünf Minuten später in die milde Morgenluft hinaus und machte sich daran, ihr Drei-Meilen-Tagespensum im Jogging zu absolvieren.
    Sie hauchte einen Kuss auf ihre Fingerspitzen und legte diese Finger auf die Haustür. Weil es ihr Heim war. Ihr eigenes. Selbst nach vier Jahren betrachtete sie es nicht als Selbstverständlichkeit.
    Nichts Pompöses, dachte sie, während sie Dehnübungen machte. Nur ein kleines Haus, flankiert von einem Waschsalon und einer kleinen Buchhaltungsfirma, die ums Uberleben kämpfte. Aber sie brauchte auch nichts Pompöses.
    Mel ignorierte den anerkennenden Pfiff aus einem vorbeifahrenden Wagen. Der Fahrer betrachtete ausgiebig ihre langen, muskulösen Beine.
    Sie joggte nicht, um besser auszusehen, sondern weil regelmäßiges Training Körper und Geist stählte. Ein Privatdetektiv, der entweder das eine oder das andere vernachlässigte, hielt sich nicht lange im Geschäft. Mel hatte vor, noch sehr, sehr lange zu bestehen.
    Sie ließ es langsam angehen, verfiel in einen lockeren Trab, lauschte auf das rhythmische Tappen ihrer Sportschuhe auf dem Bürgersteig und genoss das erste Morgenlicht. Es war August, ein wunderbarer Sommertag kündigte sich an. Sie dachte daran, wie unerträglich heiß es in Los Angeles werden würde, aber hier in Monterey war es angenehm warm, wie im Frühling. Ganz gleich, welche Jahreszeit der Kalender anzeigte, die Luft war immer frisch wie eine Rosenknospe.
    Noch war es früh, es herrschte kaum Verkehr. Außerdem war es sowieso höchst unwahrscheinlich, hier in der Stadtmitte einem anderen Jogger zu begegnen. Am Strand wäre das sicher anders, aber Mel lief lieber allein.
    Langsam wurden ihre Muskeln warm. Der erste dünne Schweißfilm bildete sich auf der Haut. Sie beschleunigte das Tempo, fiel in ihren gewohnten Rhythmus, der schon so selbstverständlich war wie Atmen.
    Für die erste Meile verbannte sie bewusst alles Denken, konzentrierte sich nur auf das Wahrnehmen. Ein Wagen mit einem defekten Auspuff donnerte an ihr vorbei, zögerte nur andeutungsweise an dem Stopp-Zeichen.
    Ein 82er Plymouth Sedan, dunkelblau. Fahrertür eingedellt, Nummernschild: Kalifornien, ACR 2289.
    Es ging darum, den Geist geschärft zu halten.
    Im Park lag jemand im Gras. Gerade als Mel vorbeilief, setzte er sich auf, streckte sich und schaltete das Kofferradio neben sich ein.
    Ein Student, der per Anhalter durchs Land trampt, entschied sie, während ihr Blick noch über den Rucksack glitt. Blau, die amerikanische Flagge auf der Seite aufgenäht… Haarfarbe braun … und dieser Song … wie hieß er noch?
    Bruce Springsteen. „Cover Me.“
    Sah süß aus, der Junge. Mit einem leisen Lächeln lief Mel um die Straßenecke.
    Der Geruch von frisch gebackenem Brot, der aus der kleinen Bäckerei strömte, stieg ihr in die Nase. Dieses wunderbare Guten-Morgen-Aroma.
    Und der Duft von Rosen aus den Vorgärten.
    Sie sog den Blumenduft tief ein. Aber bevor sie zugeben würde, dass sie eine Schwäche für Rosen hatte, würde sie sich eher die Zunge abbeißen.
    Die Blätter der Bäume raschelten leicht in der sanften Brise, und wenn sie sich konzentrierte, konnte sie sogar das Meer riechen.
    Es war gut. So gut, sich stark und bewusst und allein zu fühlen. Es war gut, diese Straßen zu kennen und zu wissen, dass sie hierhergehörte. Dass sie hier bleiben konnte. Dass es keinen mitternächtlichen Aufbruch in dem zerbeulten Kombi mehr geben würde, nur weil ihre Mutter mal wieder von einer ihrer Launen gepackt worden war.
    Zeit, weiterzufahren, Mary Ellen. Zeit, dass wir hier wegkommen. Ich habe das Gefühl, dass wir es mal im Norden versuchen sollten.
    Und so würden sie sich also aufmachen, sie und die Mutter, die sie anbetete. Die Mutter, die immer mehr Kind geblieben war als das kleine Mädchen, das sich auf dem Beifahrersitz zusammenrollte. Die Scheinwerfer würden sich durch die Nacht fressen, bis zu einem neuen Ort, einer neuen Schule, neuen Menschen.
    Doch es dauerte nie lange. Nie lange genug, um dazuzugehören. Nur die Straße, die war wie ein Zuhause. Schon bald würde ihre Mutter wieder das verspüren, was sie
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