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Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers

Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers

Titel: Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers
Autoren: Nora Roberts
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sehnten – einen schnellen, wilden Ritt.
    Mit nachsichtigem – und hoheitsvollem – Blick sah Psyche regungslos zu, wie Reiter und Pferd zum Sprung ansetzten und über den Zaun flogen. Wie eine Mutter kleinen Jungen beim Toben zusah.
    Am Nachmittag fühlte Sebastian sich bereits besser. Die innere Leere, die er aus Chicago mitgebracht hatte, wurde langsam wieder aufgefüllt. Doch noch immer mied er den kleinen gelben Teddybären, der verlassen auf dem großen Sofa saß. Und das Foto hatte er sich auch noch nicht angesehen.
    In der Bibliothek mit der vertäfelten Decke und den Bücherregalen, die die Wände bedeckten, setzte er sich an den massiven Mahagonischreibtisch und sah ein paar Unterlagen durch. Sebastian war immer an mindestens fünf bis zehn Geschäften beteiligt, entweder als Eigner oder größter Teilhaber. Es waren eigentlich mehr Hobbys – Immobilien, Import-Export, Zeitschriften, eine Flusskrebs-Farm in Mississippi, die ihn amüsiert hatte. Sein neuestes Steckenpferd war eine Baseballmannschaft in Nebraska, die in der zweiten Liga spielte.
    Er war clever genug, um einen ordentlichen Profit aus seinen Projekten herauszuschlagen, vernünftig genug, um Experten mit den alltäglichen Aufgaben zu betrauen, und exzentrisch genug, um aus einem Impuls heraus zu kaufen oder verkaufen.
    Sebastian genoss die Dinge, die mit Geld zu erwerben waren, und oft verbrauchte er die Gewinne auf recht freizügige Weise. Aber er war in Reichtum aufgewachsen, und die Summen, die andere jubeln machen würden, bedeuteten ihm kaum mehr als Zahlen auf dem Papier. Es war simple Mathematik, Minus und Plus, ein kurzweiliges Spiel.
    Bis zum Sonnenuntergang vertrieb er sich die Zeit mit Arbeit, Lesen und dem Einstudieren eines neuen Zauberspruchs, den er unbedingt perfektionieren wollte. Magie war Cousine Morganas Spezialität. Nie würde er nur annähernd an ihre Fähigkeiten heranreichen, aber sein Sportsgeist ließ es ihn immer wieder versuchen.
    Sicher, er konnte Feuer entzünden – das war das Erste, was jede Hexe und jeder Zauberer lernte, und das Letzte, was verlernt wurde. Er konnte Dinge mit der Kraft seiner Gedanken bewegen, auch das war eine der grundlegenden Fähigkeiten. Aber außer dem und ein paar anderen Tricks – da schlich sich wieder Mel in seine Gedanken –, nein, er war kein Zauberer.
    Seine Gabe war die des Sehens.
    Ähnlich wie ein erstklassiger Schauspieler sich danach sehnte, tanzen und singen zu können, sehnte Sebastian sich danach, Zaubersprüche wirksam zu machen.
    Nach zwei erfolglosen Stunden gab er angewidert auf. Er bereitete sich ein exquisites Mahl zu, legte eine CD mit irischen Balladen auf und entkorkte eine Dreihundert-Dollar-Flasche Wein mit der gleichen Lässigkeit, mit der ein anderer Mann eine Dose Bier öffnen würde.
    Er legte sich in den Whirlpool und entspannte mit geschlossenen Augen.
    In seidenen Schlafshorts betrachtete er die Sonne, die blutrot am Horizont versank. Wartete darauf, dass die Nacht hereinbrechen würde.
    Es ließ sich nicht länger aufschieben.
    Zögernd ging Sebastian wieder nach unten. Statt das Licht einzuschalten, entzündete er Kerzen. Er brauchte diese typischen Stimmungsmacher nicht, aber es lag ein gewisser Trost, eine Geborgenheit in der Tradition.
    Der Duft von Sandelholz und Vanille breitete sich aus, erinnerte ihn an das Zimmer seiner Mutter, drüben in Schloss Donovan. Dieses Aroma beruhigte ihn jedes Mal. Das flackernde, dämmrige Licht hieß die Macht willkommen.
    Sebastian blieb einen Augenblick vor dem Sofa stehen. Mit einem Seufzer, wie ein Mann, der sich auf eine schwere Arbeit vorbereitete, nahm er das Foto von David Merrick auf.
    Es war ein glückliches, hübsches Gesicht, eines, das Sebastian automatisch zum Lächeln gebracht hätte, wäre er nicht auf andere Dinge konzentriert. Worte formten sich in seinem Kopf, uralte, geheimnisvolle Worte. Als er sich sicher sein konnte, legte er das Foto beiseite und hob den Teddybären hoch.
    „Na gut, David“, murmelte er, „lass mich sehen.“
    Es gab keinen Blitz, weder im Raum noch in seinen Gedanken. Obwohl das manchmal passieren konnte. Er glitt einfach hinein. Seine Augen veränderten sich, die Farbe wechselte zu rauch-, dann zu schiefergrau, schließlich wurden sie dunkel wie Gewitterwolken. Starr richteten sie sich auf einen Punkt jenseits des Raums, jenseits von Wänden, jenseits der Nacht.
    Bilder. Szenen, die sich in seinem Kopf formten und wieder auflösten.
    Das Kinderspielzeug in
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