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Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Titel: Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft
Autoren: Markus Falk;Beckedahl Lüke
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nützlich ist. Das passiert selbst bei großen Unternehmen, die ansonsten für ihre nutzerfreundlich einfach gestalteten Produkte bekannt sind. Mit Wave wollte Google eine Software starten, die den Wirrwarr aus per Mail verschickten Dokumentenversionen, Kommentaren in Texten und E-Mails und Ähnlichem zum historischen Phänomen machen sollte. Unter Programmierern gibt es allerhand nützliche Helferlein,die dieses Chaos   – wie es Büroalltag ist   – zu beheben helfen: Versionierungssysteme, Dokumentenmanagementsysteme, Task-Manager.
    Allein: Die Software war ausschließlich Google-intern getestet worden. Und dort arbeitet nun einmal kaum ein Durchschnittsbürger. Kaum ein normaler Nutzer konnte mit Wave etwas anfangen. Der erfolgsverwöhnte Konzern stampfte das Angebot nach wenigen Monaten wieder ein. Fast zeitgleich wiederum, aber fast unmerklich, startete der Konzern eine kleine Änderung bei seiner Suchmaschine, die eine Schreibmaschinengewohnheit abschaffte: Wer bei Google heute etwas eingibt, bekommt die Ergebnisse der Suche schon angezeigt, bevor er die Eingabetaste (Enter oder auch Return genannt) drückt. Diese Taste war früher der Zeilenhebel, der das Blatt um eine Zeile hochrückte und an den Anfang der nächsten Zeile zurückkehrte. Was bei vielen Geräten mit einem freundlichen »Ping« quittiert wurde. Auf Computern ist das an vielen Stellen eigentlich vollkommen unnötig.
    Es sind also Programmierer, die uns ein Stück weit die Dinge vorschreiben: was Software kann, wie sie zu benutzen ist   – und damit letztendlich auch, was damit überhaupt möglich oder unmöglich ist. Und es sind die Administratoren, die dafür sorgen, dass wir diese Dinge so nutzen können, wie wir dies möchten   – oder eben sie. Der U S-Rechtsprofessor Lawrence Lessig benutzt gern die simple Formel »Code is Law«. Auf Deutsch heißt das in etwa: »Programmiercode ist Gesetz.« Denn so, wie in Gesellschaften und Staaten Regeln als Recht kodifiziert werden, bestimmen Programmierer mit ihrem Code weitgehend die Gesetze, nach denen wir uns in der digitalen Welt richten. Die Schwerkraft sorgt dafür, dass Isaac Newtons Apfel zwangsläufig nach unten fällt. Und in der Welt der Bits und Bytes sind wir genauso zwangsläufig an bestimmte Regeln gebunden, über die sich bislang vorwiegend Programmierer und Administratoren oder deren Brötchengeber verständigt oder die sie schlicht gesetzt haben. In dieser Welt funktionieren Dinge oft anders als im »Meatspace«, der fleischlichen, materiellen Umwelt. Und die Regeln, die aus der analog geprägten Welt auf die heutige digitale übertragen werden, sind oftmals nicht mehr angemessen für diese. Sie würden ein Update, eine zeitgemäße Überarbeitung,benötigen. Doch die meisten Programmierer, Administratoren und Hardware-Entwickler sind sich der Bedeutung ihres Tuns kaum bewusst. Sie sind schlicht apolitisch. Und wenn sie es nicht sind, haben sie oft Probleme damit, sich mit den komplexen, gewachsenen politischen Systemen so weit anzufreunden, dass sie mitspielen könnten. Außerdem: Konzepte für das Regelupdate, die könnte man ja eigentlich auch von der Politik und ihren Vertretern erwarten. Oder ist das zu viel verlangt?
    Politiker und Aktivisten
    Es war im Sommer 2011 während der alljährlichen »CDU MediaNight«. Eine Reporterin von der ND R-Satiresendung Extra3 hatte dem Staatsminister für Kultur und Medien Bernd Neumann (CDU) eine einfache Frage gestellt: »Angenommen, das Internet ist voll, wo sollen die Daten dann zwischengelagert werden?« Der Minister war offensichtlich etwas irritiert und antwortete: »Sie fragen mich jetzt aber auch ganz schwierige Fragen. Wie das jetzt im Einzelnen von Unternehmen zu regeln ist, weiß ich nicht. Ich bin sicher, dass Google zum Beispiel als eine der größten Firmen ein Konzept hat, wie mit den Daten umzugehen ist. Ich weiß auch nicht, wann das Internet voll ist.«
    Tja, das wissen wir auch nicht. Es war eine Nonsens-Frage. Der Kulturstaatsminister, berüchtigt für seine Äußerungen zum Internet und berühmt als regierungsinterner Lobbyist älterer Medienformen wie Fernsehen und Zeitungen, hatte sich nach bestem Wissen und Gewissen um eine Antwort bemüht, statt den Interviewern freundlich, aber bestimmt einen Vogel zu zeigen. Er wusste es offensichtlich nicht besser und konnte nur hoffen, dass ein Konzern wie Google für diese schwierige Frage eine bessere Antwort hatte. Dort hätte die Frage sicherlich große Heiterkeit
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