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Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Titel: Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben
Autoren: Monika Peetz
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kein
Sternehotel. Es geht nicht darum, etwas auf dem Silberteller fix und fertig
präsentiert zu bekommen«, erklärte Estelle. »Es geht darum, dass man selber
anpackt.«
    »Das genügt keineswegs
den Standards moderner Familienhotels«, sagte Sabine. Und dann nichts mehr. Das
lag nicht daran, dass sie nichts mehr zu bemängeln hatte, sondern an Oskar, der
sie neugierig beschnüffelte. Es tat seiner angeschlagenen Hundeseele
offensichtlich gut, jemanden zu finden, der noch ängstlicher war als er selber.
Sabine wich Schritt um Schritt zurück, bis sie mit dem Rücken zur Wand stand.
    »Ich habe genug
gesehen«, stammelte sie.
    Estelle hatte sich in
den letzten Minuten zusammengerissen. Jetzt platzte ihr der Kragen. »Weißt du
was. Die Welt ist deswegen so schlecht, weil sich der liebe Gott vor allem um
deine Karriere gekümmert hat. Da draußen sind Kinder, die noch nie richtig Urlaub
gemacht haben. Denen ist es vollkommen egal, ob sie einen Flachbildschirm haben
oder eine Sterneküche. Die wollen was erleben. Hast du mal eine Kuh umarmt?
Oder ein Feuer gemacht? Ein Dreibein gebaut? Ente am Strick gegrillt? Oder den
Garten umgegraben?«
    Sabine schluckte
schwer. Sie wollte nur noch weg. Aber da stand Oskar, der sich alle Mühe gab,
gefährlich auszusehen.
    Estelle hatte sich in
Rage geredet: »Etwas kann falsch und richtig gleichzeitig sein. Ist dir das
schon mal in den Sinn gekommen?«
    »Hier gibt es nicht
einmal einen Spielplatz«, wiederholte Sabine trotzig. »Was sollen die Kinder
hier machen? Den ganzen Tag mit ihren Telefonen herumfummeln?«
    »Internet funktioniert
nicht. Jedenfalls nicht immer«, mischte sich Kiki aus dem Hintergrund ein und
bekam dafür einen Rüffel von Caroline. Die beiden verfolgten jedes Wort der
Auseinandersetzung.
    »Sie sollen mithelfen«,
erklärte Estelle. »Die Tiere versorgen. Gemüse ernten, den Garten bestellen.
Die Kinder sollen neue Erfahrungen machen. Selber. Mit den eigenen Händen.
Handarbeit. Falls du begreifst, was das ist.«
    Sabine war nicht
ironiefähig: »Du willst mich beleidigen, oder?«
    »Wenn das die Bedingung
ist, dass du dir mehr als zehn Minuten Zeit nimmst, den Laden anzuschauen, ja.«
    »Ich bin doch nicht
etwa zu spät«, tönte eine begeisterte Stimme im Hintergrund. Im Garten tauchte
ein junger Bursche mit einer Kameratasche auf.
    »Kommt ganz drauf an,
was Sie wollen«, meinte Estelle. »Solange man noch aufrecht gehen kann, ist es
selten zu spät.«
    »Oh, oh, oh«, sagte der
Mann und streckte Estelle freundlich die Hand entgegen. Er klang dabei wie
Bruno Schwarzer, meinte aber etwas anderes: »Ole Olsen. Ostseezeitung .
Ich komme für die Scheckübergabe.«
    Er glühte vor Stolz
über seine Aufgabe. Vermutlich war er Praktikant und sonst nur im Einsatz, wenn
der berüchtigte Kanickelzüchterverein tagte.
    »Welcher Scheck?«
Estelle war irritiert. »Hast du den bestellt?«, wandte sie sich an Sabine.
    In Estelles Kopf
ratterte es. Hatte sie etwas überhört? Hatte sie Sabine falsch eingeschätzt?
Wollte die junge Frau Heinemann den Besuch schnell abwickeln, weil die positive
Entscheidung über das Projekt längst gefallen war? Estelle schämte sich.
    »Das ist Sabine
Heinemann vom Stiftungsrat«, stellte Estelle ihre Schwiegertochter vor.
    Sabine hob schüchtern
die Hand zum Gruß. Mehr traute sie sich nicht. Wer weiß, vielleicht würde Oskar
jede Bewegung als Angriff missverstehen.
    Jetzt war es Ole Olsen,
der verwirrt war: »Das ist nicht die Dame, mit der ich telefoniert habe.«
    »Das kann das Sekretariat
gewesen sein«, erklärte Estelle. »Gisela Peters. Die kümmert sich um
Presseangelegenheiten.«
    Sabine hatte inzwischen
hektische rote Flecken auf dem Hals. Sie tat Estelle fast leid. Vielleicht
hatte sie wirklich eine Hundeallergie? Sie nahm sich vor, in Zukunft
freundlicher zu ihrer Schwiegertochter zu sein.
    »Es tut mir leid. Ich
dachte wirklich, du kommst nur hierher, um alles runterzumachen. Ich verstehe,
dass du nicht mit Gummistiefeln und Overall auf das Pressefoto willst.«
    »Haben Sie den Scheck
dabei? So einen großen?«, fragte Ole. »Oder wie sollen wir es machen?«
    Sabine zeigte
Heldenmut, überwand die Oskar-Front und nahm Estelle zur Seite. »Was soll das
Theater?«
    Weiter kam sie nicht im
Text. Am Gartentor stand Peggy. In der Hand trug sie den überdimensionierten
Scheck, den die Dienstagsfrauen gestern in der Bowlinghalle sehnsuchtsvoll
angeschmachtet hatten.

64
    Kiki wusste nicht, wie ihr
geschah. Peggy war nicht
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