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Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Titel: Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben
Autoren: Monika Peetz
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ländliche
Stille gefunden hätte. Sie vermied jeden Blick zur leeren Fischerhütte und
jeden Gedanken daran, wie sehr er sie hatte auflaufen lassen. Vielleicht sollte
sie mit ihm sprechen? Wenn sie zurück war? Vielleicht konnte man noch einmal
von vorne beginnen.
    Der Eröffnungswalzer
gehörte Kiki und Max. Beseelt drehten sie sich unter dem Nachthimmel von
Birkow. Umstrahlt von glücklichen Gesichtern und bunten Lichtern. In ihrer
Mitte trugen sie Greta. Caroline lehnte sich zurück. Zum ersten Mal hatte sie
das Gefühl, dass Kiki, Max und Greta es schaffen könnten, echte Wurzeln in
Birkow zu schlagen. Ihre gemeinsame Zeit in dem beschaulichen Dorf neigte sich
jedoch dem Ende entgegen.
    Um drei Uhr trafen sich
die Freundinnen noch einmal in der Aula. Kiki strahlte von innen. Nachdem alle
Gäste gegangen waren, waren die Dienstagsfrauen unter sich. Sie saßen in ihren
Pyjamas da, ausgelaugt, aber glücklich, und löffelten eine einfache
Tomatensuppe, die Kiki noch schnell auf den Tisch gezaubert hatte.
Abschiedsstimmung hatte sie ergriffen. Am nächsten Morgen würden sie wieder
nach Köln aufbrechen.
    »Ich werde das
vermissen«, seufzte Caroline. »Essen, das so schmeckt wie früher…«
    »…Arbeit an der
frischen Luft…«, ergänzte Judith schwärmerisch.
    »Man muss nicht auf dem
Land leben, um ein bewussteres Leben zu führen«, versuchte Kiki die Freundinnen
zu ermutigen.
    »Man denkt immer, man
nimmt die Erfahrungen aus dem Urlaub mit in den Alltag und kann neue Ideen
umsetzen, und dann wird doch nichts draus«, befürchtete Eva.
    Caroline schüttelte den
Kopf. »Das muss nicht so sein. Nicht automatisch.«
    »Ihr kommt einfach
wieder«, sagte Kiki. »In den Ferien. Hier gibt es in den nächsten zehn Jahren
immer was zu tun.«
    Caroline wollte gerade
ein letztes Erinnerungsfoto aufnehmen, als sie bemerkte, dass eine Mail
eingegangen war. Von Frido jr. Mit Anhang. Die Kundenliste. Schon beim ersten
Überfliegen blieb ihr Auge an einem Namen hängen. Sie begriff sofort, dass sie
ihrem Verfolger längst persönlich begegnet war.

66
    Ein hektisches Frühstück,
Koffer packen und dann ins Auto. Oskar hatte als Erster Platz genommen. Er
freute sich sichtbar, so schnell wie möglich in seine großstädtische Heimat
zurückzukehren. Eva konnte seine Begeisterung nur bedingt teilen. Es ging ihr
alles zu schnell. Der Abschied von Kiki war emotional und tränenreich, die
Fahrt nicht so lange wie erhofft. Schneller, als sie sich das gewünscht hatte,
war Eva zurück. Ehe sie sich versah, hatte ihr altes Leben sie wieder. Zehn
Stunden zuvor war sie noch in Mecklenburg-Vorpommern gewesen, jetzt stand sie
ratlos vor dem Kleiderschrank in ihrem Schlafzimmer. Was sollte sie für ihr
Date anziehen? Aus der Küche erschallte lautstarkes Gebrüll. Die Kinder
versuchten, sich demokratisch auf die Speisefolge für das Abendessen zu
einigen. Eva ließ sie mit ihrem Streit alleine. Sie hatte andere Probleme.
    Was stand auf ihrer
geheimen Liste? Sie wollte noch einmal erleben, wie es sich anfühlte, verliebt
zu sein. Noch einmal Schmetterlinge im Bauch haben. Noch einmal so nervös sein
vor einem Treffen, dass man den ganzen Tag nichts essen und denken konnte. Noch
einmal vor einem großen gähnenden Loch stehen, das Zukunft heißt. Sich noch
einmal an einer Schwelle wiederfinden, an der das Leben in zwei Richtungen
gehen kann. Eva bekam, was sie sich gewünscht hatte. Nur bekam sie es auf eine
Art und Weise, die sie niemals vorhergesehen hatte. Der Mann, der sie so
aufgeregt flattern ließ, hieß Frido und war ihr eigener Ehemann.
     
    Am Abend würden sie zum
ersten Mal zusammentreffen. Sie hatten sich auf neutralem Boden zum Essen
verabredet. Eva war aufgeregt. Medizinisch gesehen kämpfte der Körper bei
Nervosität ums Überleben. Der Grund für das rasche Herzklopfen war pure Angst.
Hier ging es um das Überleben ihrer Ehe. Sie hatten sich in einem
Schnellrestaurant am Rand der City verabredet. Eva hatte den Tipp von einer Kollegin
bekommen, die ihr immer wieder vorgeschwärmt hatte, wie köstlich das Falafel
dort war. Sie hatte es noch nie dorthin geschafft, obwohl sie es schon
tausendmal versprochen hatte. Es schien ihr ein guter Moment, mit dem
Nichtsmehraufschieben zu beginnen. Frido war direkt aus der Versicherung
gekommen und der einzige Anzugträger in einem Umkreis von 400 Metern.
Normalerweise begrüßten sie sich mit einer Umarmung. Heute hielten sie auf
Armlänge Abstand. Frido hatte graue Strähnen im Haar.
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