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Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Titel: Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben
Autoren: Monika Peetz
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Ohr.
    Das Signal zum Finale
ertönte.

60
    Es ging um alles. Die
letzte Kugel. Die letzten Punkte. Kiki gegen Bruno. Bruno gegen Fräulein Kiki.
Pin für Pin war sie dem Lokalmatador näher gekommen, bis sie irgendwann nur
noch zu zweit im Wettbewerb waren. Der letzte Wurf würde entscheiden. Das Licht
wurde gelöscht. Trommelwirbel. Dann Stille. Keine Discomusik. Keine Gespräche.
Im Schwarzlicht leuchteten nur noch die Pins. Die Freundinnen nahmen Max in
ihre Mitte. In der Halle war es mucksmäuschenstill. Alle warteten darauf, dass
jemand den allmächtigen Bruno auf den zweiten Platz verwies und seine
Alleinherrschaft beendete.
    Kiki überlegte: Wohin
sollte sie zielen? In die rechte oder die linke Gasse? Bruno legte vor. Und
zeigte Nerven. Nur neun Pins. Das war ihre Chance.
    »Leg sie flach«,
flüsterte Estelle Kiki aufmunternd zu. Die Freundinnen drückten die Daumen.
    Kiki konzentrierte
sich. Sie visualisierte die fallenden Pins, so wie Judith es ihr geraten hatte.
Zehn fallende Pins, und sie konnte den Dachschaden vergessen. Zehn Pins, und
die Zimmer konnten fertig eingerichtet werden. Zehn Pins trennten sie vom Start
ihres Bed & Breakfasts. Zehn Pins dafür, dass Max nicht immer und
dauernd irgendwo anders arbeiten musste. Zehn Pins und ein halber Nervenzusammenbruch.
Sie stolperte, hielt im Anlauf inne. Max zuckte zusammen. Kollektives Entsetzen
ergriff das Publikum.
    »Der härteste Gegner«,
warnte Judith, »bist du selber. Versuch, den Kopf frei zu machen. Du darfst
dich von nichts ablenken lassen.«
    Caroline hatte ihr die
richtige Haltung gezeigt. Rechter Fuß gerade nach vorne. Schultern nicht
verdrehen. Das Zusammenspiel zwischen Fuß, Hand und Kopf musste perfekt
funktionieren. Max begann rhythmisch zu klatschen. Die Dienstagsfrauen fielen
ein, dann die ganze Halle. Brunos Siegerlächeln gefror zur Fratze. Er war sich
seiner Sache nicht mehr so sicher.
    Kiki nahm erneut
Anlauf. Ein Schritt, zwei Schritte, ausholen, jetzt kam es drauf an. In diesem
Moment ging die Saaltür auf. Das plötzlich einfallende Licht irritierte sie.
Stoppen konnte sie nicht mehr. Im letzten Moment verzog sie. Nur ein winziges
bisschen. Es reichte aus, die Niederlage perfekt zu machen. Nur acht Pins. Verloren.
Aus. Der neue Sieger war der alte. Der schöne Gewinn verblieb auch in diesem
Jahr im Pott.
    In die entsetzte Stille
tönte eine bekannte Stimme: »Bin ich zu spät?«, rief Rico. Eine Sekunde später
war ihm klar, dass er seinem Ruf als Loser des Dorfes alle Ehre gemacht hatte.
    »Tut mir leid«,
entschuldigte er sich tausendmal. »Ich habe mich mit Peggy getroffen. Das war
der einzige Moment, wo ich sicher sein konnte, dass Bruno uns nicht in die
Quere kommt. Wir haben uns verquatscht.«
    Max nahm Kiki in den
Arm. »Für mich bist du die Siegerin.«
    Kiki war sich da nicht
so sicher.

61
    So kurz vor dem Ziel. Und
doch gescheitert. Judith war am Boden zerstört. Sie war es gewesen, die mit
ihren Vorhersagen die Wiedervereinigung von Rico und Peggy angestoßen hatte.
Sie hatte sich selber ins Schicksal gepfuscht. Jetzt musste sie mit der
Niederlage leben. Während drinnen die Party losbrach, machten sich die
Dienstagsfrauen auf den Heimweg.
    »Wo wollen Sie hin?
Warten Sie!«, rief eine aufgeregte Stimme aus dem Hintergrund. John Wayne hatte
sich höchstpersönlich aufgemacht, um sie aufzuhalten. Zu einem gelungenen
Bowlingabend gehörte der passende Abschluss. »Jetzt kommt die Preisverleihung!
Und dann spielt die Band.«
    Kiki lächelte gequält:
»Richten Sie Bruno meine Glückwünsche aus.«
    »Sie wollen doch Ihren
Preis abholen?«, wandte der Oberschiedsrichter ein.
    »Ich habe etwas
gewonnen?«, fragte Kiki.
    »Sie nicht«,
begeisterte sich John Wayne. »Aber Judith. Den Trostpreis als erfolgloseste
Spielerin des Abends.«
    »Ich habe es euch doch gesagt«,
verkündete Judith mit matter Stimme. Ihre Prophezeiung stimmte. Nur fiel sie
nicht so aus, wie sie sich das vorgestellt hatten.
     
    Den nächsten Morgen
läuteten sie mit einem Frühstück am Ostseestrand ein. Es war Kikis Wunsch
gewesen. Sie hatte noch viel zu wenig von Mecklenburg mitbekommen. Schweigend
starrten sie in einen Sonnenaufgang, den man problemlos für eine Postertapete
hätte halten können. Die Ostsee schimmerte im frühen Licht des Morgens, die
ersten Strandkörbe waren von hartgesottenen Pfingsturlaubern besetzt. Die Tage
wurden spürbar wärmer. Die Dienstagsfrauen drängten sich auf die nagelneuen
Strandlaken, genossen den heißen
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