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Die Diebe von Troja - ein Abenteuer um Heinrich Schliemann

Die Diebe von Troja - ein Abenteuer um Heinrich Schliemann

Titel: Die Diebe von Troja - ein Abenteuer um Heinrich Schliemann
Autoren: Silke Vry
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rief sie, so laut es ihr zartes Stimmchen erlaubte.
    Die Jungen zuckten erschrocken zusammen und blickten zu dem Mädchen, dessen Gesicht noch immer tränenüberströmt war. Dann sagte Nikos spöttisch zu ihr: »Wen haben wir denn da? Ist das nicht die kleine Zoe?«
    »Ihr dürft Spyros nichts tun. Er hat nichts Böses gemacht!«, wiederholte sie. »Ganz bestimmt nicht, ich kenne ihn, er wohnt neben uns und ist wie ein Bruder für mich. Er war doch nur so wütend, als er das sagte, dass er jemanden umbringen würde. Das würde er aber niemals tun! Er ist auch kein Dieb«, wiederholte Zoe noch einmal. Und mit dem größten Mut, den sie aufbringen konnte, fuhr sie fort: »Aber ihr habt was Böses gemacht. Ihr wart nachts auf der Grabung. Ihr haltet mich für dumm, nur weil ich klein bin, aber das bin ich nicht. Wenn ich euchhelfen darf bei der Suche nach dem wirklichen Dieb, dann verrate ich niemandem etwas von dem, was ihr gemacht habt. «
    »Hörst du das? Da will uns dieser kleine Wurm also erpressen.« Nikos lachte wütend auf. Mit einem Satz sprang er auf das Mädchen zu und versuchte es zu packen. Doch obwohl Zoe fast vor Schreck erstarrte, gelang es ihr, sich blitzschnell umzudrehen und dorthin zu verschwinden, von wo sie so plötzlich aufgetaucht war. »Ja, hau bloß ab!«, rief Nikos ihr hinterher. »Da hast du dir aber einen tollen Freund ausgesucht. Lass dich hier bloß nicht wieder blicken, hast du gehört? Und komm nie wieder in unsere Nähe!« Nachdem nichts mehr von ihr zu sehen und zu hören war, sah Nikos übermütig lachend Jannis an. »Der haben wir’s aber gezeigt, was? Die sind wir los, wetten?«
    Jannis, der sich den kleinen Zwischenfall schweigend angesehen hatte, machte auch jetzt seinen Mund nicht auf. Ihm kam das traurige Gesicht des kleinen Mädchens in den Sinn, das voller Tränen gestanden hatte. Was hatte das zu bedeuten?

Verschüttet!

    J annis blieb keine Zeit, länger über Zoe nachzudenken, denn im selben Moment ertönte aus dem großen Terrassengraben ein lautes und aufgeregtes Geschrei.
    » Voissia – Hilfe! Hilfe!«
    »Kommt alle zu Hilfe! Holt Schliemann!«
    »Gott steh uns bei ...«, hörten sie die Stimmen mehrerer Männer laut und verzweifelt durcheinanderrufen. Die anderen Arbeiter ließen augenblicklich ihre Arbeitsgeräte fallen, kletterten umständlich aus ihren Gräben oder rannten einfach los, dorthin, wo die Stimmen und wehklagenden Hilfeschreie immer lauter wurden. Schlagartig bildete sich eine Menschentraube etwa an der Stelle, an der zuvor Spyros mit seiner Schubkarre gestanden hatte.
    »Los, komm«, rief Nikos seinem Bruder zu, »da scheint etwas passiert zu sein!«
    Die beiden Jungen hasteten los. Beim Graben angekommen,blieben sie wie erstarrt neben den anderen stehen und konnten kaum fassen, was sie dort sahen. Vor ihnen lag der Ausgrabungsschacht, doch er hatte seine exakt gerade Form verloren, die seitlichen Schnitte waren ausgefranst und die Erdwände waren in sich zusammengebrochen. Die Stelle am oberen Grabenrand, an der Spyros noch kurz zuvor gestanden und böse Worte über seine Hochzeit, seine widerwärtige Braut und über Tote und Verletzte verloren hatte, war nicht mehr da, weggebrochen und mitsamt der umgebenden Erdmassen mehrere Meter weit nach unten gerutscht.
    In dem Durcheinander hörte man die Männer immer wieder Namen rufen, laut und eindringlich, unter anderem den ihres Vaters, Jorgos. Die Jungen sahen sich fragend an und ließen ihre Blicke über das Gelände schweifen. Wo mochte ihr Vater sein? Sie konnten ihn nicht entdecken. Was war bloß geschehen? Und was war mit den anderen Männern, deren Namen sie immer wieder hörten, mit Simeon, Andreas und noch einigen weiteren? Langsam dämmerte es ihnen und von den Umherstehenden erfuhren sie durch kurze, aufgeregte Zurufe Genaueres: Ohne jede Vorwarnung war eine Wand des Grabens in sich zusammengebrochen, hatte unbeschreibliche Massen von Sand, Erdboden und Steinen nach unten gedrückt und insgesamt sechs Männer unter sich begraben. Die Beine der Verunglückten waren von den schweren Erdmassen wie Spielzeuge einfach zur Seite gerissen worden. Sie hatten augenblicklich das Gleichgewicht verloren und wareneinfach umgefallen. Dann waren weitere Erdmassen auf sie heruntergerutscht und der Erdboden hatte sie verschluckt. Mehrere Arbeiter hatten sich vorsichtig der Unglücksstelle genähert, um zu helfen, und begannen behutsam und mit bloßen Händen, den Boden zu durchwühlen.
    »Hier ist einer!«
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